Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits steigt
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Vereinigte Königreich (UK) ohne ein Austrittsabkommen aus der Europäischen Union (EU) ausscheidet, steigt von Tag zu Tag. Zwar haben die EU und UK ein Austrittsabkommen ausgehandelt, das auch eine Übergangsphase von zwei Jahren vorsieht, in der UK weiter so behandelt wird, als wäre es EU-Mitglied. Nun aber stockt es bei der Ratifizierung des Abkommens in UK. Lehnt das britische Unterhaus das Abkommen endgültig ab, tritt auch die Übergangsphase nicht in Kraft. Die Folge wäre der sogenannte harte Brexit. In diesem Fall würde UK über Nacht den Status eines Drittstaates annehmen, mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Nicht nur das der Personen- und Warenverkehr massiv eingeschränkt wäre, auch im Bereich der Dienstleistungen würden die Folgen spürbar sein.
Bedeutung für den Finanzdienstleistungssektor
Die engen Verbindungen zwischen UK und den verbleibenden 27 EU-Staaten (insbesondere Deutschland) führen zu erheblicher Unsicherheit und Risiken im Falle eines harten Brexits. Für den Finanzsektor sind die Herausforderungen besonders groß, so ist der Finanzplatz London nicht nur der mit Abstand größte in Europa, sondern gehört auch zu den bedeutendsten Finanzplätzen der Welt. Im Falle eines harten Brexits würden erhebliche Rechtsunsicherheiten über die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit der Fortsetzung bestehender Vertrags- und Geschäftsbeziehung bestehen. Die Vertragsparteien könnten gezwungen sein, die ordnungsgemäße Abwicklung
bestehender Geschäfte teilweise oder ganz einzustellen oder sogar Vertragsbeziehungen vorzeitig zu beenden und abzurechnen. Dies würde die Vertragsparteien erheblichen Risiken aussetzen und auch zu Verwerfungen an den Finanzmärkten führen. Potenziell betroffen sind eine Vielzahl von Bereichen und Geschäften: Wichtige Beispiele sind etwa bestehende Derivateverträge und Kreditfinanzierungen, das Clearing von Derivaten, die Pfandbriefe und Versicherungen.
Position des Bankenverbandes
Die Verabschiedung des Brexit-Steuerbegleitgesetzes und die darin vorgesehenen Regelungen zur Abwehr von Nachteilen für deutsche Vertragsparteien im Fall eines ungeordneten EU-Austritts sind ein wichtiges Signal an die Marktteilnehmer im In- und Ausland, dass Deutschland auf einen ungeordneten Austritt UKs vorbereitet ist und bereit ist, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um schwere Nachteile insbesondere für die in Deutschland ansässigen Marktteilnehmer zu vermeiden. Darüber hinaus wird die Gelegenheit genutzt, um mit den Änderungen beim Kündigungsschutz für Risikoträger bei Finanzinstituten den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Bei einer Reihe von Herausforderungen besteht aber weiter Unsicherheit: Zu nennen sind hier insbesondere die datenschutzrechtlichen Herausforderungen im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr aber auch die Reform des AGB-Rechts zur Stärkung des Rechtsstandortes Deutschland.