Hintergrund und Aufbau der Studie
Mit Umsetzung der überarbeiteten europäischen Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) wuchs und wächst die Kritik von Anlegern und Verbraucherschützern. Verbunden ist hiermit immer die Frage, inwieweit die Neuregelungen den Interessen dieser Zielgruppen zuwiderlaufen und damit auch dem Ziel eines besser informierten und interessierten Verbrauchers. Die aktuelle Studie von Prof. Dr. Paul analysiert deshalb die wohlfahrtsökonomischen Auswirkungen von MiFID II/ MiFIR und der PRIIPs-VO vor dem Hintergrund des Anleger- und Verbraucherschutzes. Dabei wurden Daten von bundesweit 153 Kreditinstituten und 2.852 Kunden umfassend ausgewertet. Im Kern der Auswirkungsstudie steht die Kosten-Nutzen-Relation und damit die Frage, ob die aus den Neuregelungen erwachsenden Belastungen durch einen ausreichend hohen Nutzen(-zuwachs) kompensiert werden.
Die Kernergebnisse
Aus Sicht der Kunden lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: Angesichts eines steigenden Zeitaufwands sind Kunden unzufrieden mit den Neuregelungen. Besonders negativ werden die Neuerungen im Kontext des Telefongeschäfts wahrgenommen. So stören sich 65 % der befragten Kunden an den Sprachaufzeichnungen. Sie sehen darin eine Gefährdung der Vertraulichkeit zwischen ihnen und dem Bankberater. Dies führt dazu, dass etwa die Hälfte der Kunden in Zukunft gänzlich von einer telefonischen Ordererteilung absehen will. Dies zeigt sich bereits jetzt an den Zahlen. So ist ein deutlicher Rückgang an telefonisch erteilten Orders festzustellen. Aktuell wird nur noch jede zehnte Order telefonisch erteilt. Damit einher geht der Wunsch von etwa dreiviertel der Kunden, auf die Aufzeichnung verzichten zu können. Ähnlich negativ wird die Fülle an gesetzlich vorgegebenen Informationen wahrgenommen. Etwa sechs von zehn Kunden fühlen sich von der Menge an Informationen überfordert. Zwei Drittel der Kunden haben angesichts der Informationsflut sogar den Überblick verloren und fühlen sich nicht besser aufgeklärt. Folglich wünschen sich 71 % der Kunden, auf Aufklärungen/ Informationen verzichten zu können. Besonders bedenklich ist, dass sich vor diesem Hintergrund etwa drei von zehn Kunden weniger stark am Kapitalmarkt engagieren wollen, was langfristig zu deutlichen Einschnitten im Bereich der privaten Altersvorsorge führen kann. Damit werden wesentliche Ziele der MiFID II zu Lasten der Verbraucher verfehlt.
Position des Bankenverbandes
Anlegerschutz ist wichtig und sinnvoll. Er darf jedoch nicht dazu führen, dass Kunden entmündigt werden und sich von den Kapitalmärkten abwenden. Dabei steht die Bedeutung guter und verständlicher Anlegerinformationen außer Frage. Sie dürfen aber nicht zu einer Überforderung der Kunden führen. Auch darf Regulierung bestimmte Geschäftsmodelle nicht benachteiligen. Das gilt insbesondere für das Telefongeschäft. Zudem sind professionelle Kunden weniger schutzbedürftig als Kleinanleger. Dies muss sich auch bei den anlegerschützenden Anforderungen in MiFID II widerspiegeln.