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Eine Frage – drei Antworten

26.11.2021Artikel
Dietmar Schwarz
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Corona-Pandemie: „Förderpolitische Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft – was sind die bisherigen Lessons Learned?“

Die Infektionszahlen steigen aktuell sprunghaft an und jüngst wurden die Corona-Hilfsmaßnahmen bis 31. März 2022 verlängert. Entsprechend erscheint es sinnvoll, schon heute einen (Rück-)Blick auf die bisherige Förderpolitik durch Bund und Länder während der Pandemie zu werfen. In unserem neuen Format Eine Frage – drei Antworten holen wir die Meinungen von drei Experten ein, die in unterschiedlicher Funktion daran mitgewirkt haben, dass die Finanzierung der Wirtschaft in Corona-Zeiten aufrechterhalten werden konnte. Die Experten antworten unabhängig voneinander auf dieselbe Frage und schaffen damit eine Grundlage für weiterführende Debatten.

Wesentlich für die Bereitstellung zusätzlicher Liquidität während der Corona-Pandemie war und ist die enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Förder- und Bürgschaftsbanken sowie den Hausbanken. Durch ein breites Angebot an Förderprogrammen, Krediten und Zuschüssen konnten viele Unternehmen trotz großer Umsatzeinbrüche stabilisiert werden. Infolge der fortschreitenden wirtschaftlichen Erholung liegt der Fokus inzwischen nicht mehr allein auf der akuten Krisenbewältigung, sondern auf der Finanzierung von aufgeschobenen Investitionen sowie der nachhaltigen und digitalen Transformation der Wirtschaft. Für diese Finanzierung sind neben Kapitalmarkt und Bankkrediten auch präzise und handhabbare Förderprogramme notwendig. In diesem Kontext stellt sich die Frage, welche Elemente, Erfahrungen und Erkenntnisse aus den förderpolitischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie auch in Zukunft Einfluss auf die Ausgestaltung der Förderpolitik haben sollten. 

Der Bankenverband fragt daher die drei Experten: Förderpolitische Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft – was sind die bisherigen Lessons Learned aus der Corona-Pandemie? Und hier die Antworten von:

Jens Sossong, Senior-Spezialist Financial Engineering, Koordinator Task Force Öffentliche Fördermittel, Commerzbank AG

Sossong

Wir blicken auf eine intensive und anspruchsvolle Zeit zurück. Nachdem die Politik schnell reagiert hat, haben die Förderinstitute die politischen Vorgaben in kürzester Zeit umgesetzt. Wir alle waren aufgefordert, schnell und konzentriert die technischen und regulatorischen Anforderungen umzusetzen. Dabei hat es manchmal geruckelt, doch im Ergebnis hat ein enger, intensiver Austausch zwischen allen Institutionen dazu beigetragen, dem deutschen Mittelstand und damit unseren Kunden die notwendige Unterstützung schnell zur Verfügung stellen zu können. Eine gute Verbindung zwischen Kunden und Bank, also das Hausbankenprinzip, hat sich als starkes Fundament erwiesen. Die Notwendigkeit der schnellen und flexiblen Reaktionen hat auch zu einem Schub bei unserer IT-Entwicklung geführt. So konnten wir unseren Kunden zum Beispiel innerhalb weniger Tage einen elektronischen Antragsweg für den KfW-Schnellkredit zur Verfügung stellen.

Detlev Kalischer, Bereichsleiter Mittelstandsbank und Private Kunden, KfW

Kalischer

Keine Krise hat die Wirtschaft so beeinflusst wie COVID-19. In kürzester Zeit hat der Bund massive Hilfen mobilisiert. KfW-Sonderprogramm, -Schnellkredit, -Direktbeteiligungen für Konsortialfinanzierungen sind Kernelemente dieses Hilfspaktes, aus dem bis Oktober 2021 mehr als 145.000 Kredite mit über 54 Milliarden Euro durch die KfW zugesagt wurden. Doch auch nach der Krise müssen wichtige Weichenstellungen für Wirtschaft und Gesellschaft angegangen werden. Deshalb gilt es jetzt mehr denn je, die Transformation zu einer innovationsstarken, digitalen und klimaneutralen Wirtschaft aktiv zu gestalten. Die Aufgaben sind gewaltig, doch die Voraussetzungen auf der Finanzierungsseite gut, denn Deutschland verfügt über ein partnerschaftliches Fördersystem aus Förderinstituten, Banken, Sparkassen und privaten Finanzierern. Wirtschaft und Gesellschaft können sich auf dieses bewährte Gerüst verlassen.

Guy Selbherr, Vorsitzender des Vorstandes des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. und Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg GmbH

Selbherr

Im Rahmen des Corona-Hilfspakets der Bundesregierung vom März 2020 wurde die Bürgschaftsobergrenze auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt und der Höchstbetrag für stille Beteiligungen bei den Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) auf 2,5 Millionen Euro angehoben. Damit haben die etablierten Förderinstrumente dieser Gesellschaften wesentlich dazu beigetragen, kleinen und mittleren Unternehmen in der Pandemie bei Mangel an Sicherheiten oder fehlendem Eigenkapital Zugang zu Finanzierung zu verschaffen. Somit wurden in einem schwierigen Umfeld wichtige Zukunftsinvestitionen angestoßen. Erstmals hat sich dabei auch das digitale Finanzierungsportal der Bürgschaftsbanken – ermoeglicher.de – bewährt. 

Position des Bankenverbands

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie durch das gute Zusammenwirken von Politik, Förder- und Hausbanken in kürzester Zeit ein umfangreicher Schutzschirm für die von der Pandemie besonders betroffenen Unternehmen aufgespannt werden konnte. Die in den letzten eineinhalb Jahren gemachten Erfahrungen sollten daher genutzt werden, um privaten Kapitaleinsatz, Kredit- und Kapitalmarktfinanzierung sowie öffentliche Investitionsanreize bzw. Förderprogramme so aufeinander abzustimmen, dass die anstehende nachhaltige und digitale Transformation finanziert werden kann. Die künftige Ausgestaltung der Förderpolitik gilt es dabei entsprechend engmaschig mit Förderbanken und Finanzierungspartnern zu konzipieren. Dadurch ergäbe sich die Möglichkeit, zielgenaue und flexible Förderangebote für jegliche Branchen und Unternehmensgrößen, gegebenenfalls unter Rückgriff auf Risikoteilungselemente wie Haftungsfreistellung oder Nachrangkapital, anbieten zu können. Auf diese Weise könnte ausreichend privates und öffentliches Kapital für die notwendigen Investitionen der Unternehmen mobilisiert werden.