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Handwerksorganisation und Corona: Kommunikative Soforthilfe

03.12.2020Artikel
Stefan Koenen
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Im Verbandsalltag ist gute Kommunikation essenziell. In Krisenzeiten sogar existenziell. Corona stellt eine besondere Herausforderung für die Handwerksorganisation dar: angesichts des enormen Informationsbedarfs der Betriebe, der veränderten Spielregeln - und weil für Wirtschaft und Gesellschaft so viel auf dem Spiel steht.

Wer beruflich mit Kommunikation zu tun hat, weiß: Krisen sind immer auch kommunikative Ausnahmesituationen. Die Corona-Pandemie hebt das auf eine neue Stufe. Aus Sicht der Handwerksorganisation gilt das besonders für die Lage im vergangenen März und April, als die Pandemie mit voller Wucht über die deutsche Wirtschaft hereingebrochen ist. 

Informationsbedarf ohne Ende

Der Lockdown im Frühjahr hat auch viele Handwerksbetriebe schwer getroffen. Umsätze gingen teilweise gegen Null, Auftrags- und Finanzpolster waren binnen weniger Tage dahingeschmolzen. Viele Betriebe standen vor dem Aus, brauchten dringend Antworten auf wichtige Fragen: Wo gibt es finanzielle Unterstützung? Wo kann ich Liquiditätshilfen beantragen? Kann ich Steuern oder Sozialbeiträge stunden? Wie geht es weiter mit der Ausbildung? Wie sorge ich für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Kurzum: Wo bekomme ich schnell konkrete Hilfe, und zwar in fast allen Bereichen meines Betriebs?

Für viele war die Handwerksorganisation in dieser existentiellen Lage die zentrale Anlaufstelle, um notwendige Antworten und damit die dringend benötigte Hilfe zu bekommen. Das Vertrauen, das die Betriebe den Kammern und Verbänden in dieser Lage entgegengebracht haben, bedeutet für uns gleichzeitig eine große Verantwortung. Es galt, innerhalb kürzester Zeit einen enormen Informationsbedarf aufzufangen. Wie groß dieser Bedarf war, haben wir nicht nur an den ungezählten E-Mails und Anrufen gemerkt, sondern auch an der außergewöhnlich hohen Zahl an Direktzugriffen auf unsere Webangebote. 

Viele Hilfsprogramme sind zu kompliziert

Keine Frage: Die Bundesregierung hatte im Frühjahr sehr schnell viele Hilfsangebote auf die Beine gestellt. Doch wo diese zu finden waren, wie sie beantragt werden können und welche Konditionen dafür im Einzelnen gelten – das musste alles erklärt, die Betriebe mitgenommen werden. Denn viele Hilfsprogramme waren und sind leider auch für die meisten Handwerksbetriebe viel zu kompliziert angelegt. Man darf schließlich nicht vergessen: Gerade unter den eine Million Handwerksunternehmen in Deutschland sind überwiegend Klein- und Kleinstbetriebe ohne beratende Stabsstrukturen, Rechts- oder Steuerabteilungen. Sie sind auf Unterstützung angewiesen. Insofern war und ist Corona für uns auch eine kommunikative Chance, den Betrieben zu zeigen: Wir lassen euch nicht allein. Wir sind für euch da.

Ausbau von Serviceangeboten 

So haben wir als Handwerksorganisation im Laufe dieses Jahres den Servicecharakter unserer Informationsangebote noch einmal deutlich ausgebaut. Wir versuchen die vielen Fragen und die bestehenden Angebote zu Corona zu ordnen und für die betroffenen Betriebe einzuordnen. Möglichst praxisnah und aus Sicht des Empfängers. Informationen als Soforthilfe, wenn man so möchte. Das alles in einem sehr dynamischen Umfeld, in dem gerade zu Beginn der Pandemie alle nur auf Sicht fahren konnten, ständig neue Informationen dazukamen und sich Lage und Regeln nahezu täglich änderten.

Auf zdh.de konnten und können tagesaktuell die wichtigsten Fragen mit den dazugehörigen Antworten abgerufen werden, zeitweise über 100. Zudem zahlreiche Musteranträge, Rechtsverordnungen, Rundschreiben und vieles mehr zum Abruf. Mittlerweile haben praktisch alle Kammern und Verbände der Handwerksorganisation eigene fach- und regionalspezifische Corona-Angebote. 

Gerade im Bereich der onlinegestützten Kommunikation und im Social-Media-Bereich wurde Vieles kurzfristig auf die Beine gestellt. Längerfristig geplante Kommunikationsmaßnahmen wurden flexibel angepasst und erweitert, um der neuen Situation gerecht werden. So konnte den Betrieben etwa im Rahmen der Handwerkskampagne schnell Werbematerial zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie ihren Kunden signalisierten: „Wir lassen uns von Corona nicht ins Handwerk pfuschen“.

Besonders wichtig: Die Ressourcen für die Kommunikation wurden nicht reduziert, sondern ausgebaut – ein Ansatz, der über diese Krise hinaus Bestand haben wird. Dabei haben wir übrigens in der Handwerksorganisation von Anfang Wert darauf gelegt, dass wir nicht nur in eine Richtung kommunizieren. Über Betriebsumfragen mit mehreren tausend Teilnehmern – mittlerweile ist die 7. Umfragerunde abgeschlossen – haben wir den Betrieben selbst die Gelegenheit gegeben, ihre Lage und ihre Herausforderungen darzustellen. Dadurch hatten und haben wir in den verschiedenen Phasen der Krise einen guten Einblick, wie es um die Betriebe bestellt ist. So konnten wir datengestützt kommunizieren und die Beratungsangebote noch besser auf die tatsächlichen Erfordernisse der Betriebe ausrichten.

Neue Kommunikationswege

Corona hat aber nicht nur den Informationsbedarf erhöht, sondern auch viele Spielregeln für die Kommunikation insgesamt verändert. Weniger physische Präsenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, neue Arbeitsmodelle und Abstimmungsprozesse, ein gewaltiger Digitalisierungsschub – das alles verändert natürlich auch die Kommunikationsarbeit. 

Besonders bemerkbar macht sich, dass mit dem Wegfall vieler Veranstaltungen Plattformen für den persönlichen Austausch weggebrochen sind. Kommunikations- und Verbandsarbeit lebt aber genau von diesem Austausch. Manches lässt sich während der Pandemie per Videokonferenz organisieren, von Gremiensitzungen bis hin zu virtuellen Speeddatings, um junge Ausbildungs-Bewerber und die vielen Betriebe zusammenzubringen, die auch jetzt ausbilden wollen.

Aber nicht jede Kommunikation funktioniert über Bildschirm und Mikrofon, gerade, wenn es um mehr als um reine Informationsvermittlung geht. Zum Beispiel bei Messen oder Meisterfeiern. Gerade das Handwerk, ein Wirtschaftsbereich mit kleinen und mittelgroßen Betrieben, bei denen das Miteinander eine besondere Rolle spielt – im Betrieb und zu den Kunden - braucht Plattformen für die persönliche Kontaktpflege oder für die Wertschätzung der beruflichen Bildung. 

Vieles von dem, was wir in dieser Krise gelernt haben, wird die Pandemie überdauern. Die neuen Formen der digitalen Kommunikationsarbeit werden auch künftig ein wichtiger Faktor bleiben. Der Digitalisierungsschub lässt sich nicht mehr umkehren – und das ist gut so. Anderes hingegen vermissen wir schmerzlich, vor allem Veranstaltungen und den persönlichen Austausch. Hoffen wir also, dass die „neue Normalität“ schnell wieder auch um einige Elemente der „alten Normalität“ ergänzt werden kann.