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Trotz wirtschaftlicher Rückschläge bleibt Aufschwung 2021 möglich

12.02.2021Artikel
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Erholung im vergangenen Jahr abrupt beendet

Die besonders schwungvolle Erholung der deutschen Wirtschaft im Sommer und Spätsommer letzten Jahres war leider nicht von langer Dauer. Im Zuge der zweiten Pandemiewelle sowie der neuerlichen sozialen und wirtschaftlichen Beschränkungen ist das Wirtschaftswachstum in Deutschland bereits im vierten Quartal 2020 zum Erliegen gekommen (saisonbereinigt +0,1 % gegenüber dem Vorquartal). Noch schlimmer hat es den Euroraum insgesamt getroffen: Hier ist die Wirtschaftsleistung von Oktober bis Dezember 2020 gegenüber dem Vorquartal um 0,7 % gesunken. 

Noch vor kurzem wurde auch für Deutschland im Jahresschlussquartal 2020 ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) prognostiziert. Die etwas bessere als zuvor erwartete Entwicklung lässt sich auf verschiedene Effekte zurückführen:

  • Anders als während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 wurde die deutsche Industrie zuletzt nur geringfügig von den Einschränkungen betroffen. Auch die globalen Lieferketten wurden diesmal nicht so gravierend gestört wie im vergangenen Frühjahr. Die Europäische Zentralbank kommt in einer Unternehmensumfrage zu dem Ergebnis, dass die Wirtschaft im Euroraum derzeit generell mit der Pandemie und den Lockdowns besser zurechtkommt als zu Beginn der Corona-Krise.
  • Die deutsche Industrie hat in den letzten Monaten besonders deutlich von der wiedererstarkenden Wirtschaft in China profitiert. Vor allem in der deutschen Automobilindustrie haben sich die Exportzahlen wieder kräftig erholt. 
  • Das Ende der sechsmonatigen Mehrwertsteuersenkung zum Jahreswechsel hat im November und Dezember 2020 noch einmal zu vorgezogenen Käufen geführt. So sind beispielsweise die Kfz-Neuzulassungen für Deutschland im Dezember deutlich gestiegen, und auch die Unternehmen haben verstärkt Vor- und Zwischenprodukte geordert. 
  • Die Unternehmen in Großbritannien haben sich Ende vergangenen Jahres mit einem kräftigen Lageraufbau auf den Brexit vorbereitet. Dies hat die deutsche Exportnachfrage im letzten Quartal 2020 zusätzlich angeschoben.

Deutliche Delle im ersten Quartal

Die wegen der Mehrwertsteuer und dem Brexit im vierten Quartal 2020 vorgezogene Nachfrage wird in diesem Jahr zunächst einmal fehlen und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung belasten. Darüber hinaus wurde der Lockdown in Deutschland und in vielen europäischen Nachbarstaaten wiederholt verlängert. Verschiedene Virusmutationen haben das Infektionsrisiko erhöht. Zusammen mit dem holprigen Impfstart, der die Konsum- und Investitionsneigung von Verbrauchern und Unternehmen inzwischen zusätzlich drückt, ist fest davon auszugehen, dass das BIP in den ersten drei Monaten 2021 auch in Deutschland sinken wird. Mit einem Minus zwischen 0,5 und 1 ½ % im Vergleich zur Vorperiode wird der Rückgang jedoch deutlich schwächer ausfallen als im Frühjahr 2020. Damals brach die Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal mit beinahe 10 % besonders dramatisch ein.

Kurzfristiger Ausblick ganz im Zeichen der Pandemieentwicklung 

Die Hoffnung auf eine konjunkturelle Wiederbelebung ab dem zweiten Quartal dieses Jahres ist allerdings nach wie vor gegeben. Sie steht und fällt jedoch mit der weiteren Infektionsentwicklung in Deutschland. Sollten die Infektionszahlen auf ein kontrollierbares Niveau sinken und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Restriktionen im Frühjahr allmählich wieder gelockert werden, dürfte die Wirtschaft relativ schnell wieder auf einen Wachstumskurs zurückkehren.

Ein besonders kräftiges Durchstarten der Konjunktur, das auch von besonderen Nachholeffekten beim Konsum und den Investitionen profitiert, ist aber wohl erst dann zu erwarten, wenn der Impfschutz in der Bevölkerung hinreichend groß ist. Aus heutiger Sicht dürfte dies erst im Laufe des zweiten Halbjahres der Fall sein. Insofern lässt sich die Stärke der Wirtschaftsentwicklung im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres derzeit nur sehr schwer prognostizieren. 

Unter der Annahme, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Vierteljahr wieder auf einen Wachstumskurs zurückfindet und es in der zweiten Jahreshälfte zu deutlichen Nachholeffekten kommt, dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr noch kräftig expandieren. In Abhängigkeit der Infektionsentwicklung und der Impffortschritte wäre aus heutiger Sicht ein Wirtschaftswachstum zwischen 2 ½ und 5 % möglich. Die im Ausschuss für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bankenverbandes vertretenen Chefvolkswirte werden am 3. März eine neue und detaillierte Konjunkturprognose für Deutschland und den Euroraum veröffentlichen.

Chancen für kräftige Nachholeffekte

Für eine weiterhin recht zuversichtliche Konjunkturperspektive hierzulande sprechen nicht zuletzt die sich weiter aufhellenden Aussichten für die Weltwirtschaft. Auch der Internationale Währungsfonds glaubt inzwischen, dass sich die Weltwirtschaft schneller erholt, als noch im Oktober 2020 prognostiziert wurde. 

Gestützt werden die positiven Aussichten für die Weltwirtschaft nicht zuletzt von der weltweit sehr expansiven Geld- und Fiskalpolitik. So haben bereits die Planungen für ein neues Konjunkturprogramm in den USA dazu geführt, dass viele Analysten ihre diesjährige Wachstumsprognose für die US-Wirtschaft anheben. 

Aber auch von der Binnennachfrage in Deutschland könnten im Verlaufe dieses Jahres zusätzliche Konjunkturimpulse kommen. Im vergangenen Jahr ist die Sparquote der privaten Haushalte in Deutschland um fast 5 ½ Prozentpunkte auf 16,3 % gestiegen. Teils aus Vorsicht, teils aus mangelnden Ausgabemöglichkeiten – insbesondere bei Dienstleistungen, wie zum Beispiel Reisen – haben die privaten Haushalte im Jahr 2020 rund 110 Mrd. € mehr gespart als im vorangegangenen Jahr.

Sobald das Infektionsgeschehen als verlässlich kontrollierbar gilt, dürfte ein großer Teil dieser zusätzlichen Ersparnis in den „Nachholkonsum“ fließen und einen zusätzlichen Nachfrageschub auslösen. Bei Dienstleistungen könnte dies eventuell auch in Form von etwas teureren Restaurantbesuchen oder einer etwas kostspieligeren Urlaubsreise geschehen.

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Dr. Hendrik Hartenstein

Themengruppenleiter, Director

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Dietmar Schwarz

Associate Director

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