Wasserzeichen
UnternehmensfinanzierungUnternehmenLiquidität

Kreditvergabe und Finanzierungsbedingungen im 2. Quartal 2020

03.09.2020Artikel
Dr. Hendrik Hartenstein
background
hero

Kreditvergabe der Banken im 2. Quartal 2020 

Die privaten Banken tragen wesentlich dazu bei, den vermehrten Liquiditätsbedarf der Unternehmen zu decken. Seit Anfang der Krise stellen sie den Unternehmen Kredite in erheblichem Umfang bereit, über das Volumen der durchgeleiteten KfW-Kredite hinaus. Auch im 2. Quartal 2020 spielten die privaten Banken bei der Finanzierung der deutschen Wirtschaft eine entscheidende Rolle: 40 % des zusätzlichen, von Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgereichten Kreditvolumens in  Höhe von 8 Mrd. Euro wurde von den privaten Banken bereitgestellt. Auf das erste Halbjahr 2020 bezogen entfallen rund 50 % (15,1 Mrd. Euro) des zusätzlich von Banken und Sparkassen bereitgestellten Volumens an Unternehmenskrediten auf die Privatbanken. Dabei stützen erneut die Auslandsbanken die Kreditfinanzierung und weiten im Quartalsvergleich ihre Kreditvolumina nochmals deutlich aus. Sie zeigen sich damit als verlässlicher Partner für die Finanzierung der deutschen Wirtschaft.

Insgesamt wuchs im 2. Quartal 2020 das gegenüber Unternehmen ausstehende Kreditvolumen mit nur netto 14,6 Mrd. Euro (7,7 Mrd. Euro ohne Förderbanken, Bausparkassen oder Pfandbriefbanken) schwächer als im 1. Quartal 2020. Darin spiegelt sich die starke Zurückhaltung der Unternehmen bezüglich der Investitionskredite wider. Überdies war der starke Anstieg der Kreditvolumina im 1. Quartal 2020 insbesondere auf den kurzfristigen Liquiditätsbedarf der Unternehmen zurück zu führen. Die kurzfristigen Ausleihungen waren in den ersten drei Monaten des Jahres um 9,4 % (gegenüber Vorquartal) sprunghaft angestiegen, wurden aber im 2. Quartal 2020 wieder deutlich abgebaut (-5,9 %). Im Gegenzug stiegen im zweiten Viertel dieses Jahres die mittel- und langfristigen Kredite merklich um 25,7 Mrd. Euro (3,2 %) an. In diesen Zahlen bilden sich unter anderem die von kleinen und mittelgroßen Unternehmen nachgefragten und gezogenen KfW-Hilfsmittel ab. Darüber hinaus nutzten Unternehmen die mittel- und langfristigen Ausleihungen vor allem, um Schulden zu refinanzieren oder umzustrukturieren. 

Ferner ist zu beobachten, dass Unternehmen ihre Finanzierungsportfolien anpassen, was allerdings in der Kreditvergabestatistik nicht wiedergegeben wird. So haben Unternehmen vermehrt eigene Liquiditätsreserven bei den Banken aktiviert, indem sie Termineinlagen systematisch in täglich fällige Mittel umwandelten. Ebenso haben die Unternehmen mit ihren Banken erweiterte Kreditlinien vereinbart, um ihre Liquidität abzusichern, jedoch ohne diese Linien vollständig zu beanspruchen. Zudem haben große Unternehmen in dieser Zeit den Anleihemarkt genutzt, um sich – zu nach wie vor günstigen Konditionen – mit Liquidität zu versorgen. Nicht zuletzt wurden KfW-Kredite aus dem Sonderprogramm zwar beantragt und von der KfW zugesagt – blieben aber seitens des Unternehmens in vielen Fällen bisher ungenutzt. Hierin kann man auch die allmählich einsetzende vorteilhafte Entwicklung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland ablesen. Daneben räumten Banken ihren Unter-nehmenskunden seit März 2020 vermehrt Stundungen von Tilgungszahlungen ein, was das Nettovolumen an Unternehmenskrediten wiederum erhöht.

Finanzierungsbedingungen im 2. Quartal 2020 

Die Unsicherheiten bezüglich der künftigen Wirtschaftslage bei den Unternehmen sowie der Entwicklung der deutschen Gesamtwirt-schaft bei bestehenden Abwärtsrisiken belasten die Erwartungen der Banken bzw. die Bewertung von Kreditwürdigkeit und Sicher-heiten der Unternehmen. Eine steigende Risikoaversion ist die Folge – und Ursache einer moderaten Verschärfung der internen Kriterien (Kreditrichtlinien) für die Gewährung von Unternehmenskrediten (Nettoanteil von +9 %). In dieses Bild passt die KfW-ifo-Kredithürde, die im 2. Quartal 2020 ein Maximum erreichte. Die Kredithürde gibt den Prozentanteil der Unternehmen an, die das Bankverhalten in Kreditverhandlungen als „restriktiv“ einordnen.

Als eine Ursache berichteten die deutschen Banken im Bank Lending Survey von einer im Vergleich zum Vorquartal insgesamt verschlechterten Refinanzierungssituation, was restriktiv auf die Kreditstandards wirkte. Hier ist die Deutsche Bundesbank aufgefordert, die Erleichterungen der Besicherungsstandards für Refinanzierungen (ACC-Framework) umzusetzen. Auf diesen Aspekt wird im nächsten Kapitel eingegangen.  

Auch für die nächsten Monate gehen die deutschen Banken sektorübergreifend von einer weiteren Verschärfung der Kreditstandards und Vergabebedingungen aus. Nichtsdestotrotz erwarten die Banken für das kommende Vierteljahr einen weiteren Anstieg der Nachfrage nach Unternehmenskrediten. 

Die Zinsen für Unternehmenskredite, ausweislich der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, blieben sowohl im klein- als auch im großvolumigen Bereich im Durchschnitt auf sehr günstigem Niveau.