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Banken und FinTechs: Outsourcing zur Win-Win-Win Situation machen

19.06.2018Artikel
Frank Mehlhorn
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Angesichts der Herausforderungen der digitalen Transformation kooperieren Banken zunehmend mit Finanztechnologieanbietern (FinTechs). Die Zusammenarbeit wird beiderseits aktiv gesucht. Banken wollen einerseits die Innovationskraft von FinTechs nutzen, um Produkte und Services für ihre Kunden attraktiver zu gestalten oder die Operational Excellence zu erhöhen. Andererseits tauchen in den Angeboten der FinTechs regelmäßig Elemente auf, für die dezidiertes Banking-Know-how notwendig ist. Die Operationalisierung der Zusammenarbeit vollzieht sich zu einem hohen Anteil in Form von Auslagerungen (Outsourcing), welche gemäß der aufsichtlichen Maßgaben an Banken besonderen Anforderungen unterliegen. Gelingt es hier, intelligente, schlaue Ansätze umzusetzen, profitieren die Kunden, die Banken und die FinTechs unmittelbar.

Um den Anforderungen gerecht zu werden, ohne gleichzeitig die Innovationskraft der FinTechs allzu sehr zu dämpfen, sind noch einige Hürden zu überwinden. Viele FinTechs verfügen im Vergleich zu etablierten Outsourcing-Dienstleistern über bislang wenig Erfahrung mit bankspezifischen Auslagerungen. Umgekehrt sind Kooperationen dieser Art auch für Banken herausfordernd, weil bisher bewährte Methoden des Auslagerungsmanagement nicht den spezifischen Eigenschaften von FinTechs entsprechen. Nicht zuletzt wird das Outsourcing durch aktuelle aufsichtsrechtliche Anforderungen und die gängige Praxis im Risikomanagement erschwert, da sie den  technischen Innovationen der letzten Jahrzehnte nicht mehr gerecht werden.

So haben Banken bei der Zusammenarbeit mit Drittunternehmen generell deutlich mehr und komplexere aufsichtsrechtliche Anforderungen zu erfüllen als andere Unternehmen. Unter den regulatorischen Anforderungen (z.B. EBA Leitlinie zu Auslagerungen an Cloud Service Provider, MaRisk, BAIT) müssen sie zudem die Ausgestaltung und Umsetzung der Steuerungs- und Kontrollinstrumentarien primär selbst so definieren, dass sie angemessen und sachgerecht sind. Dieser auf der einen Seite positive Ansatz führt auf der anderen Seite zu zahlreichen Einzelfallkonstellationen und nur wenigen Fällen, die sich 1:1 replizieren lassen. Wenn FinTechs mit den individuellen Auslegungen der regulatorischen Anforderungen konfrontiert werden, die sich im Laufe der Zeit unter Umständen gar noch einmal ändern, führt dies oftmals zu einer Verlangsamung der Innovationszyklen und einer verzögerten Markteinführung. Somit entsteht ein Spannungsfeld zwischen bankseitig etablierter Dienstleistersteuerung einerseits und agilen Ansätzen der FinTechs bei der Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen andererseits.    

Die agile Entwicklung von Produkten vollzieht sich meist als schrittweiser Prozess von der abstrakten Idee über mehrere Zwischenstufen zum fertigen Produkt. Risiken für das Auslagerungsunternehmen entstehen dabei aber erst mit der Ausgestaltung der Produktdetails und der sukzessiven Einführung mit Hilfe unterschiedlicher Testphasen – oft unter Einbeziehung der Nutzer selbst. Aufsichtsrechtliche Vorgaben, die zeitlich früher greifen, können somit dazu führen, dass FinTechs Anforderungen erfüllen und umsetzen müssen, die im Verhältnis zum tatsächlichen Risiko überproportional hoch sind.

Sinnvoll erscheint es daher, näher festzulegen, welche Anforderungen zu welchem Zeitpunkt des Entwicklungszyklus eines Produktes und für welche Risikoklassifizierung zu erfüllen sind. Banken und FinTechs haben vereinbart, dazu in Kürze Leitlinien zu erarbeiten, die eine Vereinheitlichung bei der Erfüllung von nicht produktspezifischen, bankaufsichtlichen Anforderungen zum Ziel haben (z.B. Vorhalten einer internen Revision bei den FinTechs). Im Rahmen dieser Leitlinien könnte auch eine Standardisierung der nicht produktspezifischen Anforderungen über alle auslagernden Unternehmen hinweg erfolgen, was den FinTechs erlauben würde, eigene Strukturen kundenunabhängig passend auszurichten.

Und schließlich: Die Zusammenarbeit von Banken und FinTechs erfolgt oft grenzüberschreitend. Zumindest europaweit erfordert dies aufsichtlich vergleichbare Standards. Hierzu sollte ein institutionalisierter Austausch zwischen Gesetzgeber und Regulierungsbehörden auf der einen sowie Banken und FinTechs auf der anderen Seite stattfinden. Gesetzgeber, Regulatoren und Bankenaufsicht sind aufgerufen, sich nach Kräften für einheitliche Regeln im EU-Binnenmarkt einzusetzen und dabei das Prinzip der Proportionalität stringent zu leben.

Die Zusammenarbeit der privaten Banken mit zahlreichen FinTechs wurde von Seiten des Bankenverbands mit der Einrichtung eines Projektausschusses Digital Banking institutionalisiert. Dieser treibt das Querschnittsthema Digitalisierung auf Ebene der Chief Digital Officer der Banken und führender Köpfe der deutschen FinTech-Szene weiter voran. Aus der intensiven Zusammenarbeit in diesem Gremium ist das aktuelle Positionspapier „Banken beziehen Stellung – Stichwort Outsourcing“ hervorgegangen. Das vollständige Papier finden Sie hier.