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Learning by doing – Schüler werden Wirtschaftsreporter

12.09.2019Artikel
Christian Jung
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„Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin!“ So hieß es dieser Tage ausnahmsweise mal nicht für eine Fußballmannschaft oder deren Fans, und das Ziel war auch nicht das Berliner Olympiastadion. Vielmehr wurden die Preisträger des bundesweiten Schülerwettbewerbs „Jugend und Wirtschaft“ ins Bundesfinanzministerium geladen, um für ihre Leistungen als „Wirtschaftsreporter“ geehrt zu werden. 

Denn das ist der Kern des gemeinsamen Projekts von Bankenverband und Frankfurter Allgemeiner Zeitung: Schülerinnen und Schüler arbeiten ein ganzes Schuljahr im Unterricht intensiv mit dem Wirtschaftsteil der F.A.Z., recherchieren selbst ökonomische Themen und schreiben Artikel darüber, die regelmäßig in der Zeitung veröffentlicht werden. Dabei lernen sie neben den journalistischen Fertigkeiten natürlich auch ganz viel über Unternehmen und Wirtschaft. In diesem Jahr haben deutschlandweit wieder rund 1.100 Schüler aus gut 50 Schulen mitgemacht. Seit dem Jahr 2000 haben damit rund 23.000 Schülerinnen und Schüler an dem Wettbewerb teilgenommen.

Die inzwischen 19. Preisverleihung fand am 11. September erstmals im Bundesfinanzministerium statt. Staatssekretär Wolfgang Schmidt, F.A.Z.-Herausgeber Gerald Braunberger, Karl Dietrich Seikel, Vorsitzender des Kuratoriums der FAZIT-Stiftung, und Bankenpräsident Hans-Walter Peters zeichneten die Preisträger aus. 

Qualitätsjournalismus für Wirtschaft und Gesellschaft zentral

In seiner Festrede würdigte Staatssekretär Schmidt die Leistungen der Preisträger/-innen und lobte den gemeinsamen Wettbewerb von Bankenverband und F.A.Z. als gelungenen Beitrag zur ökonomischen Bildung. „Das Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge ist für Jugendliche ebenso wichtig wie für Erwachsene“, sagte er und betonte, wie notwendig guter Journalismus für das Funktionieren demokratischer Gesellschaften sei. Soziale Medien, in denen alle ihre Meinungen ungefiltert kundtun könnten, seien zwar oft informativ, das sorgfältige Kuratieren, das Aufarbeiten von Informationen, von Argumenten des Für und Wider sowie das Überprüfen und Einordnen von Fakten seien jedoch wichtige Aufgaben des Qualitätsjournalismus in einer aufgeklärten Gesellschaft.

Speziell mit Blick auf die Wirtschaft hatte auch Hans-Walter Peters, Präsident des Bankenverbandes, zuvor schon auf die Bedeutung der Medien hingewiesen: „Gerade in Zeiten, in denen faktenbasiertes Argumentieren keine Selbstverständlichkeit mehr ist, müssen wir die Basis unseres Wirtschaftssystems, die Soziale Marktwirtschaft, immer wieder neu erklären, den Menschen verständlich machen und mit Leben füllen. Dazu benötigen wir Menschen, die mit Sachverstand über wirtschaftliche Zusammenhänge schreiben können und auch wissen, wie ein Unternehmen von innen aussieht“, meinte Peters. Darum fördere der Bankenverband auch seit nunmehr 30 Jahren ökonomische Bildung im Rahmen seines SCHULBANK-Programms und seit 20 Jahren das Zeitungsprojekt „Jugend und Wirtschaft“.

Die besten Schülerartikel gewürdigt

Als Autoren der besten Artikel wurden Elisabeth Habeck vom Lise-Meitner-Gymnasium in Grenzach-Wyhlen, Joshua Zettelmeier vom Bayernkolleg Schweinfurt und Max Ufer von der Katholischen Schule Liebfrauen in Berlin geehrt. Sie erhielten für ihre Leistungen nebst Urkunde ein iPad. Schulpreise, die mit jeweils 2.500 Euro dotiert sind, bekamen das Lise-Meitner-Gymnasium in Grenzach-Whylen, das Max-Planck-Gymnasium in Lahr und die Katholische Schule Liebfrauen in Berlin.

Von der Güte der Schülerartikel kann sich die Öffentlichkeit regelmäßig auf den F.A.Z.-Sonderseiten ‚Jugend und Wirtschaft‘ überzeugen. Bisher sind im Wirtschaftsteil der Zeitung 273 Seiten mit 1.080 bemerkenswerten Beiträgen erschienen. Dazu drückte Staatsekretär Schmidt den Schüler/-innen seine Anerkennung aus und ließ auch ein wenig Neid erkennen. Denn selbst in jungen Jahren als Redakteur einer Schülerzeitung aktiv gewesen, hätte er sich mit einer 600er-Auflage begnügen müssen und allenfalls davon träumen können, in einer überregionalen Tageszeitung wie der F.A.Z. zu veröffentlichen. 

Die Schülertexte handeln indes oft von ungewöhnlichen Produkten, Unternehmen und Branchen, über die sonst kaum berichtet wird. Nicht selten werden in den Beiträgen Nischenanbieter vorgestellt, die auch international erfolgreich sind. Ob es da um die Herstellung von Qualitätskleidung mit traditionellen Strick- und Wirkmaschinen, um den Fachhandel für Materialien und Werkzeuge für Maler und Restauratoren oder um Fisch- und Pflanzenzucht in nachhaltigen Aquakultur-Kreisläufen geht, alle Beiträge zeigen, dass sich die jungen Reporter bei ihrer Recherche intensiv damit auseinandergesetzt haben.

Geschichtsträchtiger Veranstaltungsort

Peters dankte Staatsekretär Schmidt dafür, dass die Auszeichnung im Bundesfinanzministerium stattfinden konnte. Das sei schließlich keine Selbstverständlichkeit. Und in der Tat bot das Gebäude der Veranstaltung einen besonderen, geschichtsträchtigen Rahmen. Wie die Schüler/-innen in einem Vortrag noch vor der Preisverleihung erfuhren, beherbergte der von den Nationalsozialisten kurz vor der Sommerolympiade 1936 fertiggestellte Prestigebau zunächst das Reichsluftfahrtministerium. Es war mit seinen mehr als 2.100 Innenräumen, 17 Treppenhäusern und fast sieben Kilometer langen Fluren damit das Machtzentrum Hermann Görings, des faktisch damals zweiten Mannes im Staat.

Im gleichen Saal, in dem die Preisverleihung nun stattfand, wurde aber auch nach dem Krieg Geschichte geschrieben. Hier wurde 1949 die Verfassung der DDR in Kraft gesetzt, somit die deutsche Teilung juristisch besiegelt. Und hier sprach SED-Chef Walter Ulbricht die berühmten Worte: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“. – Gelebter, anschaulicher Geschichtsunterricht also für die Preisträger des Schülerwettbewerbs. Es sind nicht die einzigen für sie wertvollen Eindrücke geblieben, die die jungen Leute von dieser Preisverleihung mit nach Hause nehmen konnten.