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Unternehmensfinanzierung AKTUELL

03.06.2021Artikel
Dr. Hendrik Hartenstein
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  • Mittelstand und Industrie haben in weiten Teilen die Krise hinter sich gelassen und blicken – ausgestattet mit ausreichend Liquidität – optimistisch nach vorne. Die Situation in den von der Pandemie unmittelbar betroffenen Branchen bleibt weiter prekär, doch verstärkt sich auch hier bei vielen der Hoffnungsschimmer.
  • Die Kreditvergabe stagniert weiter – mit einer Normalisierung ist frühestens Ende des Jahres zu rechnen. Unternehmen mit Fremdfinanzierungsbedarf müssen gleichwohl nicht um den Zugang zu Krediten bangen – dieser bleibt aus Banken- und Unternehmenssicht gerade auch im europäischen Vergleich weiter stabil. 
  • Damit Banken ihrer zugedachten Rolle als Finanzierer der anziehenden Wirtschaft gerecht werden können, müssen Hindernisse unter anderem bei der Ausgestaltung der finalen Baseler Regeln aus dem Weg geräumt werden. 
  • Mit Wiederaufnahme der regulären Insolvenzantragspflicht ist ein weiteres wichtiges Signal der Normalisierung gesetzt. Diese neuerliche Klarheit ist für Banken und andere Geschäftspartner – auch Unternehmen – essenziell. Eine bedrohliche Insolvenz-Welle erscheint gegenwärtig vorerst unrealistisch.
  • Um die transformationsbedingten Investitionen in den nächsten zehn Jahren stemmen zu können, bedarf es einer Kombination aus starken Banken, effizienten Kapitalmärkten und präzisen Förderinstrumenten. Hier sollte auf umfangreiche Erfahrungen aus der jüngsten Krise zurückgegriffen werden.

Inhalt

1. Ausblick auf die Lage der Wirtschaft und der Banken
1.1 Ökonomische Lage im ersten Halbjahr 2021
1.2 Rahmenbedingungen der Banken
1.3 Impulse aus dem Außenhandel
2. Lage der Unternehmensfinanzierung
2.1 Unternehmen blicken optimistischer in das zweite Halbjahr 2021
2.2 Kreditvergabe und Kreditzugang stabil – Nachfrage bleibt schwach
2.3 Normalisierung der Regeln für Insolvenzanträge wichtiges Signal
2.4 Von der Krisenbewältigung zur Transformation
2.5 Exkurs: Unternehmensfinanzierung in der Eurozone
3. Positionen des Bankenverbands zur Bundestagswahl


Kurzfassung

1. Ausblick auf die Lage der Wirtschaft und der Banken

1.1 Ökonomische Lage im ersten Halbjahr 2021

Die Aussichten für die Weltwirtschaft haben sich im Frühjahr 2021 weiter verbessert. Neben massiven geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen haben dazu auch die vergleichsweise raschen Impffortschritte in den USA beigetragen. In Europa ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig und die Massenimpfungen kommen deutlich schneller voran. 

1.2 Rahmenbedingungen der Banken

Bei der Finanzierung der benötigten Investitionen werden die Banken eine entscheidende Rolle spielen. Bereits während der COVID-Pandemie haben sie die Kreditversorgung aufrechterhalten. Dazu haben neben der Geldpolitik die staatlichen Hilfen für Unternehmen und Selbständige sowie die Aufsicht mit einer situationsgerechten Anpassung der Regulatorik beigetragen. Bei den regulatorischen Anpassungen ging es häufig darum, prozyklische Effekte zu vermeiden. 

1.3 Impulse aus dem Außenhandel 

Deutsche Exporte sind – mit einer Exportquote von rund 44 % (2020) – ein wichtiger Faktor für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit letztlich auch für das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung in Deutschland. 

2. Lage der Unternehmensfinanzierung

2.1 Unternehmen blicken optimistischer in das zweite Halbjahr 2021

Im zweiten Corona-Jahr scheint sich die Zweiteilung der deutschen Wirtschaft zu festigen. Parallel zu den optimistischen volkswirtschaftlichen Signalen für das zweite Halbjahr 2021 sowie den aktuellen Impffortschritten und damit verbundenen Lockerungen scheint für ein Gros der Unternehmen der Krisenmodus allmählich überstanden. 

2.2 Kreditvergabe und Kreditzugang stabil – Nachfrage bleibt schwach

Schwache Kreditnachfrage hält noch an…

Im ersten Quartal 2021 hat sich das ausstehende Kreditvolumen von Unternehmen und Selbstständigen mit einem Zuwachs von knapp 2 % gegenüber Vorquartal durchaus beachtlich entwickelt, doch ist eine Trendwende gegenwärtig noch nicht erkennbar. Zu differenziert sind dafür die Entwicklungen sowohl in den verschiedenen Banksektoren als auch bezüglich der Laufzeiten: Während die mittel- und langfristigen Kredite moderat ansteigen (+2,3 % bzw. 0,4 %), ziehen die kurzfristigen Kredite zuletzt wieder deutlich an (+8,1 %). 

2.3 Normalisierung der Regeln für Insolvenzanträge wichtiges Signal

Ein bedeutendes Zeichen in Richtung Normalisierung stellt das Auslaufen der pandemie-bedingten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum 30. April 2021 dar. Die Aussetzung entsprach zwar einer richtigen und wichtigen Stütze für Unternehmen während der COVID-Pandemie, galt zuletzt aber ohnehin nur noch für jene Unternehmen, die auf die Auszahlung von Überbrückungshilfe warteten. 

2.4 Von der Krisenbewältigung zur Transformation 

Stützungsprogramme haben sich – auch dank der Hausbanken – bewährt

Mit vereinten Kräften haben Bundes- und Landesregierungen, Förder- und Bürgschaftsbanken sowie die Hausbanken im vergangenen Jahr in kürzester Zeit ein Netz an breiten Liquiditätshilfen und gezielten Zuschüssen aufgespannt und damit den von der COVID-Pandemie betroffenen Unternehmen maßgeblich unter die Arme gegriffen. Die konjunkturellen Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld nicht eingerechnet, umfassen die größtenteils bis Ende dieses Jahres verlängerten und partiell überarbeiteten Unterstützungsmaßnahmen bis dato ein Volumen von etwas über 100 Mrd. 

2.5 Exkurs: Unternehmensfinanzierung in der Eurozone 

Kein einheitlicher Aufwärtstrend bei der Kreditvergabe und Zugang erkennbar

Beim Blick auf die Lage der Unternehmensfinanzierung in der EU mit Fokus auf die fünf größten Volkswirtschaften der Eurozone treten unterschiedliche Entwicklungen zutage: Das Kreditgeschäft in der Eurozone weist zwar im Durchschnitt gegenwärtig nach oben, doch verharrten drei der fünf größten Volkswirtschaften viele Jahre im negativen Wachstumsbereich – die Ausnahmen sind Deutschland und Frankreich.  

3. Positionen des Bankenverbands zur Bundestagswahl

Die COVID-Pandemie bedeutet eine Zäsur in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Auswirkungen sind noch nicht vollständig absehbar. Dabei trifft sie auf einen scharfen Strukturwandel: Der Klimawandel fordert eine andere Art des Wirtschaftens mit einem erheblichen Umbaube darf in für Deutschland wichtigen Branchen. Die Digitalisierung der Wirtschaft schreitet weiter voran. Die Großmachtrivalität zwischen den USA bzw. dem Westen und China verschärft sich – mit weitreichenden Folgen für die Globalisierung, für die internationale Zusammenarbeit und für regionale Konflikte.