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Kurzbriefings zu aktuellen Themen aus der Finanzwirtschaft

20.03.2024Artikel
Dr. Markus Kirchner
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Unter dem Titel Aktuelles Stichwort veröffentlichen wir regelmäßig kompakte Einordnungen zu unterschiedlichen Themen. Die neuesten zehn Beiträge der Reihe finden Sie hier gebündelt.

24. April 2024

Verbriefungen – Schlüssel zur Transformation

Ohne privates Kapital werden die Investitionen in unsere Infrastruktur, die Digitalisierung und insbesondere die nachhaltige Transformation der Wirtschaft nicht zu stemmen sein. Die dafür benötigten Summen können nicht vom Staat bzw. der EU aufgebracht werden und übersteigen auch die Finanzierungsmöglichkeiten aller europäischen Banken zusammen. Diese Volumina können nur mit einer intelligenten Kombination der verfügbaren Kapitalquellen finanziert werden: Eigenmittel der Unternehmen, Bankkredite, Kapital-markt und öffentliche Förderung. Das Brückeninstrument hierfür sind Verbriefungen. 

Bedeutung von Verbriefungen für die Transformation 

Die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Deutschland finanziert sich traditionell über Kredite, die sie von den Banken erhält. Daher werden auch die notwendigen Investitionen in die Transformation über diesen Weg finanziert. Banken können jedoch nicht unbegrenzt Kredite vergeben. Sie unterliegen einem strengen Regelwerk, welches ihnen vorschreibt, wie viel eigenes Kapital sie für jeden ausgegebenen Euro Kredit bereithalten müssen. Bei den im Zuge der Transformation notwendigen Volumina wird schnell klar, dass Banken dies nicht allein stemmen können. Um den Banken die Möglichkeit zu geben, mehr Kredite an die Wirtschaft auszureichen, gibt es das Instrument der Verbriefung. Mit diesem wird eine Verbindung zum Kapitalmarkt und damit finanzkräftigen internationalen Investoren hergestellt. Dabei werden viele einzelne Kredite zu einem Paket zusammengefasst und am Kapital-markt angeboten. Internationale Investoren schauen sich diese Pakete an und investieren dann in die für sie interessanten Bereiche. Da ein signifikanter Teil der Kreditrisiken durch die Investoren übernommen wird, sinken die Risiken in den Bankbilanzen. Das dadurch freigewordene Eigenkapital können die Banken wieder dafür nutzen, um neue Kredite zum Beispiel für Transformationsinvestitionen an ihre Kunden auszureichen. 

Maßnahmen zur Stärkung des Verbriefungsmarktes

Für die Zwecke der Transformationsfinanzierung dreht sich die Diskussion daher zunehmend um eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes. Denn europäische Verbriefungen sind infolge der Finanzkrise zu Unrecht in Verruf geraten. Dies belegen die sehr geringen Ausfallraten europäischer Verbriefungen vor, während und nach der Krise eindrucksvoll. Vor dem Hintergrund dieses Stigmas haben jedoch ursprünglich gut gedachte regulative und aufsichtliche Ziele zu teils praxisfernen Ergebnissen geführt. Um den Verbriefungsmarkt wiederzubeleben, muss daher jetzt an mehreren Stellschrauben gedreht werden: bei den regulatorischen Anforderungen, bei den aufsichtlichen Prozessen und auch der gelebten Marktpraxis. Das Ziel sollte sein, den Verbriefungsprozess in seiner Gesamtheit effizienter zu gestalten. Ein möglicher Effizienztreiber kann beispielsweise ein höheres Maß an Standardisierung sein. Die Verbriefung von Finanzierungen, die darauf abzielt, dass z. B. Unternehmen digitaler und nachhaltiger werden, oder von bestimmten Infrastrukturfinanzierungen, sollte Gegenstand für eine weitere Standardisierung des Verbriefungsprozesses sein. Mit Blick auf die aufsichtlichen Prozesse treiben Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten die Kosten für Banken derzeit zusätzlich in die Höhe. Auch in diesem Bereich gibt es Spielraum für ein effizienteres Vorgehen.

Position des Bankenverbandes  

Der traditionell kreditfinanzierte deutsche Mittelstand wäre ein maßgeblicher Profiteur eines wieder-belebten europäischen Verbriefungsmarktes. Damit können die im Rahmen der Transformation erforderlichen Investitionen auch zukünftig ohne Einschränkungen und zu angemessenen Konditionen klassisch über den Bankkredit finanziert werden. Das aktuelle Positionspapier des Bankenverbandes zum Thema Verbriefungen finden Sie hier.

20. März 2024

European Money Week – Spielerisch zu mehr Finanzbildung 

Finanzielle Bildung ist der Schlüssel, um am Wirtschaftsgeschehen und damit am alltäglichen Leben mitwirken zu können. Um insbesondere jungen Menschen mit Spaß Finanzwissen zu vermitteln, leistet der Bankenverband bereits seit vielen Jahren einen Beitrag. Finanzbildung ist jedoch kein rein nationales Thema. Die in dieser Woche zum 10. Mal stattfindende European Money Week nimmt daher den aktuellen Stand der Finanzkompetenz auf europäischer Ebene in den Fokus. 

Mit sportlichem Ehrgeiz die Finanzbildung an Schulen stärken

Von nationalen Bankenverbänden und der Europäischen Bankenvereinigung EBF werden im Rahmen der European Money Week Hunderte von Events zur finanziellen Bildung in der gesamten EU und darüber hinaus organisiert. Die Aktivitäten reichen von Unterrichtseinheiten im Klassenzimmer über Seminare bis hin zum European Money Quiz, das in Deutschland vom Bankenverband betreut und durchgeführt wird. Allein für den deutschen Vorentscheid am Dienstag gingen in diesem Jahr rund 500 Schülerinnen und Schüler an den Start, die ihr Wissen zu Finanz- und Geldfragen testen und sich für das Europa-Finale am 18. und 19. April in Brüssel qualifizieren wollten. Der Wettbewerb im Rahmen der European Money Week ist ebenfalls Teil der parallel stattfindenden Global Money Week der OECD. Beide Initiativen verfolgen das Ziel, Kinder und Jugendliche früh die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für mündige finanzielle Entscheidungen mit auf den Weg zu geben und für potenzielle Finanzrisiken zu sensibilisieren. Dabei ist das Mitwirken an European und Global Money Week nur eine von vielen Maßnahmen des Bankenverbandes, um jungen Menschen Finanzbildung spielerisch näherzubringen. Mit analogen und digitalen Materialien unterstützt der Verband beispielsweise Lehrkräfte dabei, finanzielle Themen einfach und sachgerecht im Unterricht zu behandeln. Zusätzlich können im jährlich stattfindenden Bankenplanspiel SCHULBANKER Jugendliche eine Bank führen und dabei die Hintergründe von unternehmerischen Finanzentscheidungen ebenso wie die grundlegenden Funktionen unserer Wirtschaft kennenlernen. 

Bedeutung von Finanzbildung wird erkannt 

Finanzielle Bildung ist entscheidend, um gerade junge Menschen zu befähigen, fundierte Finanzentscheidungen zu treffen und sich vor ökonomischen Risiken zu schützen. Eine höhere Finanzkompetenz wirkt sich positiv auf das Spar- und Investitionsverhalten und damit langfristig auf den Vermögensaufbau aus. Neben privaten Initiativen greift daher auch die Politik in Berlin und Brüssel die Vermittlung von Finanzwissen vermehrt auf. Die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU haben auf ihrer Februar-Tagung unter anderem mit der Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung unter dem Aspekt des Zugangs von Kleinanlegern zu Information, Vergleichsmöglichkeiten und attraktiven EU-weiten Sparprodukten beschäftigt. Fast zeitgleich organisierte die Europäische Kommission eine Konferenz über finanzielle Allgemeinbildung, der sich eine wissenschaftliche Fachtagung zur Finanzkompetenzforschung anschloss. Inzwischen liegen auch ein europäisches Rahmenwerk bezüglich der Finanzkompetenz für Erwachsene und ein entsprechender Rahmen für Kinder und Jugendliche vor. Das zeigt: Die Notwendigkeit, die Finanzbildung in der EU zu stärken, wurde zumindest erkannt.

Position des Bankenverbandes

Angebote wie die des Bankenverbandes können dazu beitragen, den Jugendlichen Finanzwissen näher zu bringen. Sie können die Vermittlung finanzieller Bildungsinhalte in den Schulen jedoch nicht ersetzen. Die auf europäischer Ebene angestoßenen Initiativen zur Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung, aber insbesondere auch die von BMF und BMBF angestoßene Initiative für finanzielle Bildung, sind daher notwendige Schritte. In Deutschland setzen sich zahlreiche Stakeholder mit dem Thema Finanzbildung auseinander. Wichtig ist nun, diese langfristig einzubinden. Als Beispiel kann hier Österreich dienen. Dort wurde nach der Veröffentlichung der nationalen Strategie ein regelmäßiger Austausch mit Stakeholdern etabliert, um in der Praxis bei der Vermittlung von Finanzwissen zu unterstützen.;

14. März 2024

Künstliche Intelligenz – Potenziale und spezielle Anforderungen im Finanzsektor

Datengetriebene Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz und Data Analytics verändern nahezu alle Bereiche der Wirtschaft. Auch im Finanzsektor wird die Bedeutung von KI deutlicher und bringt offene Fragen bezüglich der Anwendung und Risiken mit sich. 

Potenziale von Künstlicher Intelligenz

KI schafft innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche ein enormes Veränderungspotenzial. Neben einer hoch dynamischen Entwicklung in den Bankprozessen ermöglicht KI, das Kundenerlebnis auf eine neue Stufe zu heben. Privatkunden kommen bereits über KI-unterstützte Chatbots oder mobile Apps damit in Kontakt. Doch auch die Personalisierung von Produkten und die gezielte Nutzung von Daten zur Verbesserung von Dienstleistungen gewinnen für Verbraucher an Bedeutung. Mit Blick auf das Leistungsspektrum und den Kundennutzen hat KI jedoch weitaus größeres Potenzial. Nicht zuletzt erschafft KI eine neue Dimension von Mensch-Maschine-Interaktion. KI-generierte Bilder, Videos und die Ansprache menschlicher Sinne können beispielsweise Finanzdienstleistungen erlebbarer machen. Trotz der technologischen Chancen müssen jedoch auch die mit KI verbundenen Risiken beherrscht werden. Dazu zählen u.a. die Datensicherheit und die Qualität der Services, aber auch die Herausforderung, KI mit gesellschaftlichen Vorstellungen von Fairness, Transparenz und ethischem Verhalten in Einklang zu bringen. 

Spezielle KI-Anforderungen 

Der Einsatz von KI spielt in besonderem Maße für Banken eine Rolle, denn das Bankgeschäft ist im Kern ein Datengeschäft. Gemäß Branchenberichten nutzen bereits mehr als zwei Drittel der Banken und Versicherungen im deutschen Markt KI-Anwendungen. KI und Big Data haben mit Blick auf die Kundenschnittstelle, das operative Geschäft und das Risikomanagement zu zahlreichen Veränderungen geführt. Doch zukünftig wird sich auch die Wettbewerbslandschaft deutlich verändern, und zwar zwischen Banken, aber auch zwischen Banken und Nicht-Banken. Denn potenziell kann KI Nicht-Banken in die Lage versetzen, besser auf Kundenbedürfnisse einzugehen, als Banken – beispielsweise im Rahmen der Absatzfinanzierung in der Industrie. Zusätzlich sorgt der anhaltende Kostendruck für eine stärkere Automatisierung und Optimierung der internen und kundenbezogenen Geschäftsprozesse von Banken. Dies verstärkt wiederum den Trend zu Auslagerungen, beispielsweise durch die Nutzung von Cloud-basierten KI-Services. Das führt dazu, dass Risiken vermehrt auf Technologiedienstleister übertragen werden, die allenfalls unmittelbar der Finanzaufsicht unterliegen, und beträchtliche Abhängigkeiten entstehen können. Die Auseinandersetzung mit KI im Finanzsektor erfordert daher neben der technologischen und regulatorischen Seite auch eine starke Foresight-Komponente, um gerade die mittel- und langfristigen Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und auf die speziellen Anforderungen an den Finanzmarkt einzugehen. 

Position des Bankenverbandes  

Die Integration von KI im Bankensektor wird in den kommenden Jahren einen deutlichen Anstieg erleben. Ihre Implementierung ist jedoch kein trivialer Prozess, sondern erfordert eine gründliche Berücksichtigung von Regulierungs-, Sicherheits- und Technologieaspekten. Dafür braucht es einen verlässlichen Rechtsrahmen für KI-basierte Prozesse und Services. Dabei ist zu klären, ob eine faktische Abhängigkeit von nicht-europäischen Tech-Playern politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich tatsächlich vertretbar ist, oder nicht grundsätzlich verringert werden müsste. In diesem Kontext kommt dem Ziel, die europäische Souveränität auch und gerade für den Fall geopolitischer Verwerfungen zu bewahren, große Bedeutung zu. Neben der Vermeidung von Risiken ist es daher wichtig, dass die EU in der KI-Entwicklung nicht zurückbleibt, sondern eine Führungsposition einnimmt. In einer Veranstaltungsserie hat der Bankenverband mit verschiedenen Marktteilnehmern und politischen Akteuren die Chancen und offenen Fragen bezüglich der Anforderungen an den Finanzmarkt diskutiert. Einen kurzen Rückblick gibt es hier

22. Februar 2024

Die Bedeutung von Sustainable Finance 

Die Begrenzung des Klimawandels, der Schutz der Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung – all diese Aspekte haben in der gesellschaftlichen Diskussion zurecht eine hohe Bedeutung. Damit verbunden stellen sich Fragen der Finanzierung und die Auswirkung auf die Finanzbranche. Diese Dynamik wird durch zahlreiche Gesetzesinitiativen und Standards im Bereich Sustainable Finance verdeutlicht, die insbesondere kleine und mittelständische Kreditinstitute vor komplexe Herausforderungen stellen können.

Einordnung der Sustainable Finance Regulierung

Die EU hat sich verpflichtet, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Sie ist dabei bestrebt, Nachhaltigkeitsentwicklungen zu einem festen Bestandteil ihrer Finanzpolitik zu machen. Umfangreiche Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene wirken darauf hin, Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken und den European Green Deal umzusetzen. Hierzu gehören bspw. die Nachhaltigkeitsklassifizierung und -berichterstattung, das ESG-Risikomanagement oder das Geschäft mit nachhaltigen Finanzprodukten. Auf internationaler Ebene werden diese Bestrebungen durch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaschutzabkommen und das Biodiversitätsabkommen abgebildet. Auch auf nationaler Ebene betrachtet die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip und Sustainable Finance als entscheidenden Hebel für die Transformation der Wirtschaft.

Rolle der Banken beim Umbau hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft 

Banken nehmen in der Finanzierung der Transformation eine wichtige Schlüsselrolle ein. Ohne Bankkredite wird der zusätzliche Investitionsbedarf für das Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele nicht zu bewerkstelligen sein. Das Thema ESG betrifft dabei die Gesamtstrategie von Kreditinstituten. Banken haben ein inhärentes Interesse, dass ihre Kunden auch langfristig tragfähige, also zukunftsträchtige Geschäftsmodelle haben. Neben der Bewertung von Risiken nehmen Banken daher als Sparringspartner für Unternehmen eine bedeutsame Rolle ein, indem sie ihre Kunden beraten, beim Wandel in eine nachhaltige Zukunft begleiten und passende Finanzierungen bereitstellen. ESG-Aspekte können zudem einen grundlegenden Wandel von Geschäftsmodellen, Prozessen und Methoden der Unternehmen nach sich ziehen. Nachhaltigkeit spiegelt sich bei vielen Instituten mittlerweile in ihrer strategischen Ausrichtung wider. Mit eigenen ESG-Frameworks schaffen einige Institute zudem zusätzliche Transparenz, was die Klassifizierung und Bewertung von Finanzierungen gemäß Nachhaltigkeitsgesichtspunkten oder den Umgang mit kritischen Sektoren angeht. Sowohl intern als auch extern spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine entscheidende Rolle für Banken. Wichtig ist, dass die komplexen Regulierungsvorgaben auch für kleine und mittelständische Institute umsetzbar bleiben, damit sie eine treibende Kraft beim Umbau unserer Wirtschaft sein können. 

Position des Bankenverbandes  

Der enorme Finanzierungsbedarf, der für die erfolgreiche Transformation der Wirtschaft erforderlich ist, wird nicht ohne Banken zu bewerkstelligen sein. Dieser lässt sich nur mit dem Zusammenspiel verschiedener Finanzierungsinstrumente bewerkstelligen: Eigenmittel, Bankkredit, Kapitalmarkt und öffentliche Förderung. Um ihrer Rolle gerecht zu werden, brauchen Kreditinstitute einen handhabbaren regulatorischen Rahmen. Aufgrund der Veränderungen im Umwelt- und Sozialbereich und den damit einhergehenden konkreten Regulierungsmaßnahmen sehen sich Kreditinstitute jedoch mit teils komplexen Herausforderungen bei der Umsetzung konfrontiert. Für kleine und mittelständische Institute ist es besonders schwierig, angesichts der Fülle an Regulierungsvorgaben den Gesamtüberblick zu behalten und die relevanten Maßnahmen zielgerichtet umzusetzen. Die neue ESG-Broschüre des Bankenverbandes bietet hier eine Einordnung des aktuellen Stands an Maßnahmen und Anforderungen für Kreditinstitute (Link).

1. Februar 2024

Kapitalmarktunion: Nach Worten müssen nun auch Taten folgen

Die Bedeutung der europäischen Kapitalmarktunion ist mittlerweile auch im politischen Raum unbestritten. Europa braucht einen leistungsfähigen Banken- und Kapital-markt. Nur so kann sich Europa im weltweiten Wettbewerb aussichtsreich positionieren. Da-her ist es richtig und wichtig, dass dieser Aspekt in einigen Europawahlprogrammen aufgenommen wurde. Nun ist der nächste Schritt notwendig – die Umsetzung.

Kapitalmarktunion ermöglicht Wachstum und Investitionen 

Viele der Herausforderungen, vor denen Wirtschaft und Gesellschaft stehen, gehen mit einem wach-senden Kapitalbedarf einher. Die notwendigen Klima- und Transformationsaufgaben, die Sicherung des Wohlstands für zukünftige Generationen, der Erhalt der globalen Wettbewerbsfähigkeit und die Modernisierung unseres Standorts erfordern kapitalintensive Investitionen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt hat unterstrichen, dass öffentliche Gelder hierfür nur begrenzt zur Verfügung stehen. Vielmehr bedarf es eines Dreiklangs von öffentlichen Mitteln, Bankkrediten und dem Kapitalmarkt. Die Sicherung der globalen Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit der EU verlangt auch angemessene Finanzierungsbedingungen. Ein europäischer leistungsfähiger Kapital-markt ist daher unabdingbar. Dem Aufruf, die Hindernisse für Wachstum und Wohlstand in Europa gemeinsam zu beseitigen, sollte schnell und pragmatisch gefolgt werden. 

Notwendige Anpassungen am nationalen und europäischen Rahmenwerk

Anleger und Investoren benötigen einen EU-weit unkomplizierten Zugang zum Kapitalmarkt. Um den grenzüberschreitenden Markt zu stärken und attraktiver zu machen, sollte die Liquidität mehr in den Vordergrund rücken. Die bestehende Regulierung ist dahingehend anzupassen. Zusätzlich sollte zur Vertiefung des Marktes das Instrument der Verbriefung gefördert werden. Der EU-Verbriefungsmarkt macht bisher gerade einmal ein Zwölftel des amerikanischen Marktes aus. Hier liegt ein enormes Potenzial: Investoren können durch die Verbriefung von Krediten an der Finanzierung der notwendigen Klima- und Transformationsinvestitionen direkt beteiligt werden. So kann auch der (kreditfinanzierte) Mittelstand vom Kapitalmarkt profitieren. Mit mehr Verbriefungen wird zudem Spielraum in den Bankbilanzen geschaffen für zusätzliche Kredite an die Wirtschaft. In steuerlicher Hinsicht kann die Attraktivität der Kapitalmärkte steigen, wenn die bestehenden Regelungen für die Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen in der EU modernisiert werden und ein EU-weit einheitliches Quellensteuererstattungsverfahren eingeführt wird. Auch die Überarbeitung der EU-Richtlinien für Finanzsicherheiten und für Finalität wäre ein gezielter Ansatz. Der für die Bürger unmittelbarste Aspekt der Kapitalmarktunion ist die Nutzung des Kapitalmarktes zur Sicherung des Lebensstandards. Auf nationaler Ebene kann dies durch gezielte Anreize zur kapitalmarktgedeckten privaten Altersvorsorge geschehen.

Position des Bankenverbandes  
Ein leistungsfähiger europäischer Banken- und Kapitalmarkt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Europa souverän in die Zukunft gehen kann. Nicht nur die Resilienz ist hierbei von Bedeutung. Ohne attraktive Kapitalmärkte wird es keinen Green Deal geben – zumindest nicht so schnell, wie es angesichts der globalen Entwicklungen notwendig ist. Angesichts der weiter zunehmenden geopolitischen Risiken gehört der Finanzsektor zu den strategischen Schlüsselindustrien. Daher ist es wichtig, neben Stabilität und Marktintegrität vor allem auch die Liquidität zu befähigen. An einem liquiden Markt finden Investoren jederzeit einen fairen Preis für Kapitalmarktprodukte. Die hieraus resultierende Stärke des Marktes steigert auch die Stabilität des Finanzsektors und wird dadurch zu einer tragenden Säule für Unternehmen und Bürger. Daher ist es unabdingbar, nach vielen positiven Worten zur Kapitalmarktunion nun Taten folgen zu lassen.
16. Januar 2024

Der Digitale Euro und die finanzielle Inklusion

Die finanzielle Inklusion wird immer wieder als ein wesentlicher Grund für die Einführung eines digitalen Euro angeführt. Die Sicherstellung des Zugangs zu Finanzdienstleistungen ist unbestritten ein bedeutsames Ziel. Die europäische Gesetzgebung greift es daher im Rahmen des European Accessibility Acts auf, mit der Absicht, den Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern so barrierefrei wie möglich zu gestalten. 

Ein Rechtsrahmen für finanzielle Inklusion besteht bereit

Alle Verbraucherinnen und Verbraucher sollten am Wirtschaftsleben teilnehmen können. Erst im Juni letzten Jahres hat die EU-Kommission daher im Rahmen ihrer Vorschläge für die Zahlungsdiensteverordnung detaillierte Vorgaben für die einfache Anwendbarkeit von digitalen Zahlungsdiensteangeboten gemacht. Diese sollen die finanzielle Teilhabe für Zahlungsdienstenutzer verbessern, inklusive von Personen mit Beeinträchtigungen, älteren Personen und solchen mit wenigen oder keinen digitalen Kenntnissen. Zudem ermöglicht der bestehende Rechtsanspruch auf ein Basiskonto den Zugang zu einem Zahlungskonto für alle Verbraucherinnen und Verbrauchern mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union inklusive Personen ohne festen Wohnsitz oder ohne Aufenthaltstitel. Zu den Mindestdienstleistungen eines Basiskontos zählt unter anderem die Ausgabe einer Zahlungskarte, die die Teilnahme am unbaren Zahlungsverkehr ermöglicht. Branchen- und Verbraucherverbände sind sich daher weitgehend einig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen haben. 

Zweifelhafter Mehrwert steht nicht in Relation zur Umsetzungskomplexität

Bevor ein Digitaler Euro als Ergänzung bestehender Instrumente für die finanzielle Inklusion eingeführt wird, sollte geklärt werden, ob dieser bei der betroffenen Zielgruppe auf Akzeptanz stoßen würde. Bereits gemachte Erfahrungen mit der Geldkarte in Deutschland zeigen, dass eine an gewissen Stellen mit Bargeld aufladbare Digital-Euro-Karte es schwer haben wird, ausreichend Zuspruch zu finden und der Nutzen für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher begrenzt sein dürfte. Der vermutlich geringen Zahl an Anwendungsfällen stehen zudem hohe Hürden bei der Umsetzung entgegen. Beispielsweise müssten allein in Deutschland 55.000 Geldautomaten umgerüstet werden, obwohl der Service vermutlich nur von einer kleinen Kundengruppe genutzt würde, die ebenso Zugriff auf ein Basiskonto hat. Die Einführung einer Digital-Euro-Karte wird ein Bankkonto zudem nie vollständig ersetzen können, da dieses für eine Reihe von Transaktionen im täglichen Leben (z. B. Miete) weiterhin essenziell ist. 

Position des Bankenverbandes  
Die finanzielle Inklusion von Betroffenen wird bereits heute in Kooperation mit den Banken durch den europäischen Rechtsrahmen sichergestellt. Ein zusätzliches Instrument, wie z. B. der Digitale Euro, würde für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher keinen zusätzlichen Mehrwert im Be-reich der finanziellen Inklusion schaffen. Das Basiskonto bleibt zur Sicherstellung der Teilhabe am Wirtschaftsleben die beste und präferierte Lösung. Sollten dennoch Zweifel an der Wirksamkeit der bestehenden Regelungen bestehen, erscheint es sinnvoll, Verbesserungen beim Rechtsanspruch auf ein Basiskonto und in den Vorschlägen für die Überarbeitung der Zahlungsdiensterichtlinie vorzunehmen. Ein zusätzlich angebotenes Instrument mit geringem Mehrwert könnte die Situation für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher stattdessen eher verkomplizieren als vereinfachen.
14. Dezember 2023

Die nächste Bremse im Wohnungsbausektor 

Die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Schaffung von dringend notwendigem Wohnraum sind allgegenwärtig. Dennoch soll im Bereich der Immobilienfinanzierung eine weitere Bremse eingeführt werden, die den Traum von den eigenen vier Wänden für bestimmte Bevölkerungsgruppen platzen lassen wird. 

Worum geht es?

Die Koalitionsfraktionen haben die Bundesregierung aufgefordert, in der ersten Hälfte des kommenden Jahres einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Einführung neuer einkommensbasierter makroprudenzieller Instrumente durch die Finanzaufsicht ermöglicht. Dabei stellen sie richtigerweise fest, dass das aktuelle Umfeld im Immobilienmarkt keinen Anlass gibt, diese neuen Instrumente zum Einsatz zubringen. Trotz dieser richtigen Beurteilung der Lage wird die gesetzliche Einführung der neuen Instrumente beabsichtigt.   

Was sind makroprudenzielle Instrumente? 

Makroprudenzielle Instrumente/Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Finanzsystem als Ganzes oder insgesamt krisenfester zu machen. Makroprudenziell bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die individuelle Situation einer Bank bei der Anwendung der Maßnahmen nicht berücksichtigt wird. Für alle gelten die gleichen Maßnahmen. Dabei – so die Theorie – sollen die Maßnahmen so eingesetzt werden, dass eine gefährliche Blasenbildung in einzelnen Wirtschaftssegmenten verhindert oder abgeschwächt werden kann. In Deutschland stehen bereits sieben makroprudenzielle Instrumente zur Verfügung. Drei von diesen insgesamt sieben Maßnahmen adressieren dabei bereits explizit Risiken aus Wohnimmobilienfinanzierungen. Neben einem sektorspezifischen Kapitalpuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen existieren zwei weitere Instrumente: Ein Instrument beinhaltet die Möglichkeit, die Kredithöhe bis zu einem bestimmten Verhältnis zum Wert der Immobilie zu deckeln (loan-to-value ratio). Das andere Instrument versetzt die Aufsicht in die Lage, festzulegen, bis wann ein Kredit spätestens zurückgezahlt werden muss (Amortisationsanforderung). Die vorgesehenen neuen Instrumente setzen direkt an den Einkommen der Kreditnehmer an. Zukünftig soll eine Deckelung der Gesamtverschuldung im Verhältnis zum Einkommen (DTI) sowie eine Deckelung aller Zins- und Tilgungsleistungen im Verhältnis zum Einkommen (DSTI) möglich sein. 

Gefahr unbeabsichtigter Nebenwirkungen

Auch wenn die neuen Instrumente dem Vernehmen nach nicht unmittelbar aktiviert werden sollen, stellt sich jetzt die Frage nach unbeabsichtigten Nebenwirkungen. Eine wesentliche Nebenwirkung ist die Benachteiligung einzelner Kundengruppen. Insbesondere junge Familien, aber auch große und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, werden bei der Aktivierung dieser Instrumente strukturell benachteiligt werden. Hinzu kommt, dass der Immobilienmarkt wie auch die Einkommenssituation in Deutschland sehr heterogen sind. Diese strukturellen Unterschiede können durch die neuen Instrumente nicht berücksichtigt werden. 

Position des Bankenverbandes  
Angesichts ca. 700.000 fehlender Wohnungen in Deutschland wird mit der Einführung der im Raum stehenden neuen einkommensbezogenen makroprudenziellen Instrumente ein völlig falsches Signal gesendet. Es gibt keine Anzeichen für ein Überschießen am Immobilienmarkt. Folgende wesentliche Fakten werden in der Diskussion ausgeblendet: Der deutsche Immobilienmarkt gehört zu den stabilsten der Welt. Ein Überschießen wie in anderen Ländern mit einer daraus folgenden Krise hat nie stattgefunden. Zudem gibt es bereits hinreichend viele Instrumente, die es der Aufsicht ermöglichen einzugreifen. Wobei der wichtigste Punkt sicher derjenige ist, dass Banken in Deutschland sehr sorgfältig prüfen, ob ein Kreditnehmer in der Lage ist, die Zins- und Tilgungszahlungen zu stemmen.
1.12.2023

Wachstumsschwäche überwinden – Privates Kapital nutzen 

Als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt dürfen nun nicht die dringend erforderlichen Investitionen vor allem für die nachhaltige und digitale Transformation zurückgefahren werden. Um dies sicherzustellen, muss – viel mehr als heute – privates Kapital genutzt werden. 

Status quo

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist nicht zufriedenstellend. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stellt diesbezüglich in seinem aktuellen Gutachten fest, dass Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie das geringste Wachstum aller Volkswirtschaften des Euro-Raums aufweist. Hinzu kommt – und das ist der weitaus alarmierendere Befund des Sachverständigenrates –, dass die Mittel- und Langfristprojektion des deutschen Produktionspotenzials, unabhängig von der aktuellen konjunkturellen Schwäche, auf deutliche Wachstumshemmnisse für die kommenden Jahrzehnte hindeutet. Ein maßgeblicher Grund hierfür ist der seit Jahrzehnten rückläufige Modernitätsgrad der industriellen Basis in Deutschland. Dies ist eine denkbar schlechte Ausgangssituation, geht es doch nun vor allem darum, Wirtschaft und Gesellschaft durch die nachhaltige sowie digitale Transformation zu führen. Zudem unterstreicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt, dass öffentliche Gelder nur begrenzt zur Verfügung stehen. So hat das Urteil unmittelbare Auswirkungen auf die geplanten Ausgaben des Bundes für Klima- und Transformationsmaßnahmen. Dies führt zu Unsicherheit und ist ein Rückschritt auf dem Weg zur nachhaltigen Transformation.

Privates Kapital zur Sicherung des Wohlstands 

Unsere Herausforderungen werden vom Sachverständigenrat deutlich adressiert. Deutschland muss mehr denn je Investitionen voranbringen, um den Wohlstand für unsere zukünftigen Generationen zu sichern. Da durch das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen in Bezug auf den Einsatz öffentlicher Gelder aufgezeigt wurden, muss jetzt der Anteil des privaten Kapitals für die notwendigen Investitionen signifikant erhöht werden. Banken spielen hier eine zentrale Rolle. Allerdings reichen angesichts der Summen, die für die Transformation benötigt werden, die Bilanzen der Banken nicht aus. Deutschland braucht internationale Investoren, die sich im großen Stil in unserem Land engagieren. Nur so werden Deutschland und Europa die Transformation bewältigen und international Schritt halten können. Das sieht auch der Sachverständigenrat, der der Bundesregierung empfiehlt, auf deutscher und europäischer Ebene Reformen des Kapitalmarktes zu realisieren, die zu einem tieferen und besser integrierten Kapitalmarkt führen.

Position des Bankenverbandes  
Deutschland braucht Investitionen. Diese müssen vom Volumen her so groß sein, dass die industrielle Basis – wie in den vergangenen Jahren – nicht sinkt, sondern wieder wächst. Bei den notwendigen Größenordnungen geht es nicht ohne finanzstarke internationale Investoren. Diese benötigen einen europäischen Kapitalmarkt, der hinreichend leistungsfähig und damit attraktiv ist. Das entscheidende Stichwort ist hier die Kapitalmarktunion. Nach dem Urteil aus Karlsruhe muss es nun schnell gehen. Daher sind unterstützende Vorschriften für den Verbriefungsmarkt in Europa zwingender denn je. Aber auch die Schaffung eines privatwirtschaftlich organisierten Transformationsfonds ist in der aktuellen Lage ein passendes, wenn nicht sogar unumgängliches, Instrument. Er würde heimischen und internationalen Investoren die Möglichkeit bieten, sich beim nachhaltigen Umbau der Wirtschaft zu engagieren. Die ersten gut zwei Milliarden Euro stehen hierfür faktisch schon zur Verfügung. Mit den Mitteln, die einst in den deutschen Bankenrettungsfonds eingezahlt wurden und dort auch nach seiner Ablösung durch eine europäische Lösung noch liegen, könnten die deutschen Banken sofort die Anstoßfinanzierung übernehmen.
9.11.2023

EU-Anti-Geldwäsche-Behörde – Die Wahl sollte auf Frankfurt fallen

Am 10. November 2023 läuft die Frist für die EU-Mitgliedstaaten ab, sich mit einem Ort für den Sitz der neu einzurichtenden EU-Anti-Geldwäsche-Behörde zu bewerben. Frankfurt am Main erfüllt die von den EU-Gesetzgebungsorganen gestellten Anforderungen umfassend und überzeugend. Mindestens ebenso wichtig für ein gestärktes europäisches Instrumentarium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind allerdings neue und harmonisierte rechtliche Rahmenbedingungen. Hierfür werden derzeit in Brüssel ein Verordnungs- und ein Richtlinienentwurf beraten. Diese müssen zukunftsorientiert ausgerichtet und rasch verabschiedet werden.

Bündelung von Kompetenzen erforderlich

Die Schaffung einer EU-Behörde, die verschiedene Kompetenzen bei der Bekämpfung und Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bündelt, ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer effektiveren Bekämpfung von Schwerkriminalität. Unterschiedliche nationale Maßstäbe bei der Beaufsichtigung der Adressaten der Anti-Geldwäsche-Regeln haben zu Schlupflöchern für die Täter geführt. Die Bündelung von Kompetenzen ist ein wichtiger Beitrag zu ihrer Schließung. In diesem Sin-ne ist auch die von der Bundesregierung angestrebte Errichtung eines Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität grundsätzlich zu begrüßen. Denn neben spezifischen neuen Ermittlungskompetenzen soll diese Behörde verschiedene koordinierende Aufgaben erfüllen. Allerdings dürfen die Erwartungen an beide neuen Behörden nicht überhöht werden. Denn ein hauptsächlicher Faktor für das Ziel des Geldwäschegesetzes – mehr und erfolgreiche Strafverfahren gegen die Organisierte Kriminalität und die Finanzierung von Terrorismus – bleibt die enge Zusammenarbeit aller anderen zuständigen Behörden mit den Staatsanwaltschaften auf der Basis eines zielgenauen Informationsaustausches mit dem Privatsektor.

Schlüsselfaktor Informationsaustausch

Geldwäschebekämpfung ist mehr und mehr datengetrieben. Zugleich bietet die Digitalisierung – Stichwort Künstliche Intelligenz – die Chance einer viel effizienteren Zusammenführung von Informationen, um international agierenden Kriminellen das Handwerk zu legen. Hierfür bedarf es nicht nur einer Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den Behörden, sondern auch unter den durch das Geldwäschegesetz verpflichteten Unternehmen untereinander sowie mit den Ermittlungsbehörden – und zwar auf einer eindeutigen und datenschutzkompatiblen Grundlage. Diesbezüglich gibt es bereits Vorbilder im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden. Auf der anderen Seite müssen die formalen Pflichten der Anti-Geldwäsche-Regelungen – vornehmlich die Identifizierung von Kunden und wirtschaftlich Berechtigten – verschlankt, harmonisiert und stärker auf staatliche Register übertragen werden. Fokussierung auf Aktivitäten, die die Strafverfolgung wirksam unterstützen, ist das Gebot der Stunde.

Position des Bankenverbandes  
(1) Die Entscheidung über den Sitz der neuen EU-Anti-Geldwäsche-Behörde sollte rasch getroffen werden. Frankfurt ist eine hervorragende Wahl. (2) Das damit in Verbindung stehende EU-Regulierungspaket sollte ebenfalls rasch abgeschlossen werden. (3) Seine strategische Ausrichtung muss auf eine wirksame Unterstützung der Strafverfolgung fokussiert werden. Informationsaustausch unter den Stakeholdern und moderne Datennutzung sind hierfür Schlüsselfaktoren. (4) Zu viel Bürokratie bei den formalen Pflichten führt zu Reibungsverlusten. Auf diesem Feld können aus-gebaute staatliche Register einen wichtigen Beitrag leisten und Effizienzgewinne erzielen.
20.10.2023

Digitale staatliche Identität zukunftsfähig gestalten 

Nur mit vielfältig nutzbaren und breit akzeptierten digitalen Identitäten können Wirtschaft und Gesellschaft die Chancen der fortschreitenden Digitalisierung erfolgreich ergreifen. Deshalb sind die aktuellen Arbeiten der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der 2010 eingeführten Online-Ausweisfunktion mit dem Ziel einer stärkeren Nutzerzentrierung, breiten Marktakzeptanz und europäischen Kompatibilität wichtig. 

Praxisgerechte digitale Identitätsnachweise sind heute unverzichtbar 

Digitale Identitäten sind eine Voraussetzung für die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesell-schaft. Verbraucher und Unternehmen können damit ihre Identität in der digitalen Welt verlässlich bestätigen und Nachweise rechtssicher erbringen. Die ab 2010 in Deutschland eingeführte Online-Ausweisfunktion ist zwar inzwischen flächendeckend ausgerollt, aber noch nicht in der Lebensrealität der meisten Bürger angekommen. Aktuell arbeitet die Bundesregierung ressortübergreifend an der Weiterentwicklung des staatlichen digitalen Ausweises mit dem Ziel, absehbar eine breite Marktakzeptanz und Nutzung der staatlichen Online-Ausweisfunktion zu erreichen. Ferner soll sie für die künftige European Digital Identity Wallet fit gemacht werden, die voraussichtlich ab 2027 von den EU-Mitgliedstaaten allen Bürgern und Organisationen zu Verfügung zu stellen ist.

Von Erfolgsfaktoren aus dem Ausland lernen 

In einigen Nachbarländern ist die Vision einer universell nutzbaren digitalen Identität bereits heute schon umgesetzt. Es lohnt daher ein Blick auf die dortigen Erfolgsfaktoren: Vor allem zeigt sich, dass die Zusammenarbeit zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine wichtige Voraussetzung ist. Digitale Identitätslösungen sind dort besonders erfolgreich, wo sie sektorübergreifend, d. h. im öffentlichen Sektor wie auch unterschiedlichen Einsatzbereichen des privaten Sektors genutzt werden können. Teilweise können sich Nutzer auf Basis vorhandener, vertrauenswürdiger digitaler Nutzerkonten der Privatwirtschaft einfach und sicher registrieren bzw. authentifizieren, z. B. auf Basis geprüfter Kundenidentitäten von Banken. Diese digitalen Identitäten werden breit genutzt und rechtssicher anerkannt. Die Governance dieser ID-Systeme zeichnet sich häufig durch einen kooperativen Ansatz zwischen Wirtschaft und Staat aus.

Position des Bankenverbandes  
Um die digitale staatliche Identität in Deutschland erfolgreich zu gestalten, müssen folgende Faktoren erfüllt werden: (1) Sicherstellung einer breiten sektorübergreifenden Akzeptanz über ein gemeinsames Zielbild von Staat und Wirtschaft; (2) Herstellung einer ausgewogenen Balance zwischen staatlichem Sicherheitsanspruch und gewünschter Nutzerakzeptanz; (3) Überwindung der fehlenden Bekanntheit bei Nutzern und Schaffung breiter Anwendungsmöglichkeiten; (4) Förderung von Innovationen durch ein klares Rollenmodell von Staat und Wirtschaft und damit Schaffung von Investitionssicherheit; (5) Weitere Harmonisierung staatlicher Identitätsdaten und Herstellung eines einheitlichen Interoperabilitäts- und Wettbewerbsrahmens für europäische Wallet-Lösungen. Ausführlichere Informationen zu diesen Erfolgsfaktoren sowie konkrete Vorschläge, wie diese zu erreichen sind, hat der Bankenverband in einem aktuellen Positionspapier zusammengestellt.