Mehr Praxisgerechtigkeit und längere Umsetzungsfristen erforderlich
Die Deutsche Kreditwirtschaft begrüßt die heutige Veröffentlichung der neuen Sustainable-Finance-Strategie der Europäischen Kommission als weiteren Meilenstein für die Erreichung der Klimaziele der Europäischen Union.
„Die heute vorgelegte Strategie enthält eine Vielzahl wichtiger Vorhaben, um Sustainable Finance in der EU weiter voranzutreiben. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Kommission erkannt hat, dass für den Übergang zu nachhaltigerem Wirtschaften ein schrittweises Vorgehen und eine stärkere Differenzierung zwischen den jeweiligen Ausgangspunkten der Unternehmen im Übergangsprozess notwendig sind,“ so Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Federführer der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) in diesem Jahr. „Wir müssen alle Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit mitnehmen. Die beabsichtigte Ausweitung der Taxonomie zur Anerkennung von Übergangsaktivitäten ist daher richtig“.
Die DK plädiert weiterhin für eine Taxonomie mit technischen Screening-Kriterien, die klar, schlank und einfach in der Praxis anwendbar sein sollten. Wie komplex das Thema ist, zeigt die Verschiebung der ausstehenden Regelungen für die technischen Kriterien für die Umweltziele Wasser, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Biodiversität, die nun voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2022 statt wie in der Taxonomie-Verordnung angelegt Ende 2021 finalisiert werden sollen. „Es ist richtig, wenn die Vorgaben zur Taxonomie sorgfältig ausgearbeitet werden. Die Zeit, die sich der Gesetzgeber gibt, sollte aber nicht zu Lasten der Unternehmen und Institute gehen. Aufgrund der Komplexität der neuen Regelungen im Bereich Sustainable Finance sind deshalb längere Umsetzungsfristen für den Finanzsektor und die Realwirtschaft zwingend notwendig“, so Schleweis.
Für weitere regulatorische Schritte zur Verbesserung der erforderlichen Sachkunde der Berater in Bezug auf Nachhaltigkeit besteht kein Bedarf. Es ist bereits heute geregelt, dass Anlageberater über die erforderliche Sachkunde verfügen müssen (siehe MiFID II). Dies schließt auch Fortbildungen zur Nachhaltigkeit ein. Mögliche Bestrebungen, die Aus- und Fortbildung von Beratern EU-weit zu standardisieren, lehnt die DK aufgrund der unterschiedlichen Aus- und Fortbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedsstaaten als nicht sachgerecht und unverhältnismäßig ab.
Die heute vorgestellte Delegierte Verordnung gem. Art. 8 Taxonomie-Verordnung konkretisiert die Berichtspflichten von Nichtfinanz- und Finanzunternehmen zu Art und Umfang der mit ökologisch nachhaltigem Wirtschaften verbundenen Aktivitäten. Aus Sicht der DK erscheinen die Anforderungen sehr komplex. Der Detaillierungsgrad der geforderten Informationen stellt alle Institute vor große Herausforderungen in Bezug auf Personal, Methodik und Datentechnik. Die DK erachtet daher eine Harmonisierung mit anderen Gesetzesvorschlägen für wesentlich. Um nachvollziehbare und geprüfte Daten ihrer Kunden im Reporting berücksichtigen zu können, begrüßt die DK die von der EU-Kommission vorgesehene zeitversetzte Offenlegung der Key Performance Indikatoren (KPI) durch Finanzmarktteilnehmer um ein Jahr.
Die DK teilt die Einschätzung der EU-Kommission, dass die Taxonomie-Konformität wirtschaftlicher Aktivitäten der Unternehmen angesichts der sehr komplexen technischen Screening-Kriterien durch unabhängige Dritte geprüft werden sollte. Die hierfür notwendige Datenarchitektur zur Übertragung der extern geprüften Nachhaltigkeitsinformationen an die Finanzwirtschaft im von der EU-Kommission vorgegebenen Datenformat müsste jedoch noch geschaffen werden.
Die Europäische Kommission veröffentlichte heute ebenfalls ihren Vorschlag für einen EU Green Bond-Standard (EU-GBS). Die DK begrüßt, dass der EU-GBS als zusätzlicher freiwilliger Standard eingeführt wird. Die Festlegung von Standards auf EU-Ebene ist richtig und muss daher marktkonform durchgeführt werden. Positiv ist daher, dass aufgrund der Freiwilligkeit der EU-GBS daneben etablierte Marktstandards weiter zulässig sind und somit eine Störung funktionierender Märkte vermieden werden kann. Um Rechtssicherheit, Marktvertrauen und letztlich die Handelbarkeit von EU-GBS zu gewährleisten, ist weiterhin - wie in Art. 7 des Verordnungsentwurfs vorgesehen - ein Grandfathering für Produkte wichtig, die nach dem zum Emissionszeitpunkt anerkannten Stand der EU-Taxonomie emittiert wurden, da die EU-Taxonomie selbst einer fortlaufenden Anpassung unterliegt.