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Emissionshandel und CO₂-Preis im Vergleich

31.01.2022Artikel
Dr. Henrik Meyer
Julia Topar
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Im abgelaufenen Jahr hat der Bund nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) 5,3 Milliarden Euro aus den Versteigerungen des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) eingenommen, doppelt so viel wie 2020. Zusätzlich griff 2021 zum ersten Mal in Deutschland die nationale CO₂-Bepreisung für Emissionsquellen außerhalb des ETS, etwa für den Verbrauch von Gas, Erdöl, Benzin oder Diesel. Daraus nahm der Bund weitere 7,2 Milliarden Euro ein.

Europäischer Emissionshandel und nationale CO₂-Abgabe – wie verhalten sie sich zueinander? Seit 2005 ist der Europäische Emissionshandel das zentrale Klimaschutzinstrument der Europäischen Union. Mit ihm sollen die Treibhausgas-Emissionen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie (seit 2012 auch des innereuropäischen Luftverkehrs) reduziert werden. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten haben sich Norwegen, Island und Liechtenstein dem EU-Emissionshandel angeschlossen (EU 30); seit 2020 ist das System außerdem mit dem Schweizer Emissionshandelssystem verbunden. In Großbritannien hingegen ist seit Jahresbeginn 2021 ein nationales Emissionshandelssystem in Kraft.

Der europäische Emissionshandel

Im EU-ETS werden die Emissionen von europaweit rund 11.000 Anlagen der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie erfasst. Zusammen verursachen diese Anlagen rund 40 Prozent der ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen in Europa. Wie funktioniert nun der Emissionshandel? Zunächst wird eine Obergrenze festgelegt, die bestimmt, wie viele Treibhausgas-Emissionen von den emissionshandelspflichtigen Anlagen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen an die Anlagen bzw. die Unternehmen aus – teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen (eine Berechtigung erlaubt den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent). Diese Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden. Folge: Es bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen. Dieser Preis setzt Anreize bei den beteiligten Unternehmen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren – dann nämlich, wenn es für sie günstiger ist, auf klimaschonende Technologien umzusteigen als weitere Zertifikate zu ersteigern.

Je höher also der Preis für (und je geringer die Menge an) Zertifikate(n), desto größer der Druck und der Anreiz, CO₂-Emissionen einzusparen. Problem: Infolge wenig ambitionierter Obergrenzen, krisenbedingter Produktions- und Emissionsrückgänge und der umfangreichen Nutzung von internationalen Projektgutschriften hat sich seit 2008 eine große Menge überschüssiger Emissionsberechtigungen im EU-ETS angesammelt. Diese Überschüsse haben wesentlich zu dem zwischen 2011 und 2017 beobachtbaren Preisverfall für Emissionsberechtigungen beigetragen. Erst seit Mitte 2017 sind die Preise in Folge der letzten Reform des EU-ETS wieder deutlich gestiegen.

Zwischen 2020 und 2021 nun hat sich der durchschnittliche europäische Zertifikatepreis von 24,61 auf 52,50 Euro je Tonne Kohlendioxid mehr als verdoppelt. Mitte Dezember wurde ein Höchststand bei einer deutschen Auktion von 82,25 Euro erreicht. Der steigende Tarif liegt zum einen an der wachsenden Nachfrage nach dem schwachen ersten „Corona-Jahr“ 2020. Zum anderen werden die an der Leipziger Strombörse EEX gehandelten Emissionsberechtigungen bewusst verknappt. Für Deutschland betrug dieser „Cap“ 2021 rund 101 Millionen Tonnen, 6 Millionen weniger als 2020.

Nationaler CO₂-Preis

Und die nationale CO₂-Abgabe? Für die Emissionen außerhalb jener Sektoren, die vom EU-ETS erfasst sind, fehlte in Deutschland bislang ein finanzieller Anreiz zur Emissionsminderung. Deshalb wurde im Jahr 2021 ergänzend ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS) eingeführt, das die Bereiche Wärmeerzeugung und Verkehr umfasst. Das nationale Emissionshandelssystem verpflichtet alle Unternehmen, die Brennstoffe in den Verkehr bringen, zum Erwerb von Verschmutzungsrechten in Form von Zertifikaten. Sie zahlen damit für die Emissionen, die durch das spätere Verbrennen der Brennstoffe entstehen, wobei sie den Preis an die Endkunden weitergeben; die Autofahrerin zahlt also letztlich die CO₂-Abgabe über den gestiegenen Benzinpreis. 

Im Unterschied zum ETS-Kurs, der sich am Markt bildet, müssen die betroffenen Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, seit dem 1. Januar 2021 einen festen CO₂-Preis bezahlen – deswegen ist die Rede von einer CO₂-Abgabe. 2021 betrug diese 25 Euro je Tonne, in diesem Jahr sind es 30 Euro. Je Liter Benzin steigt die Belastung von 8 auf 10 Cent. 2023 werden alle Brennstoffe einbezogen, auch Kohleprodukte. Bis 2025 steigt der gesetzliche Fixpreis auf 55 Euro, für das Jahr 2026 soll ein Preiskorridor von mindestens 55 und höchstens 65 Euro gelten. Nach dieser Einführungsphase sollen dann die Verschmutzungsrechte per Auktion ersteigert werden. Die Gesamtmenge der Zertifikate für den CO₂-Ausstoß wird entsprechend den Klimazielen begrenzt. Der Preis bildet sich dann am Markt durch Angebot und Nachfrage.

Was passiert mit den Einnahmen?

Um zu hohe finanzielle Belastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu verhindern, setzt die Bundesregierung auf einen moderaten Einstieg bei den Preisen. Die aus der CO₂-Abgabe resultierenden Einnahmen will sie in weitere Klimaschutzmaßnahmen investieren, etwa in einen klimaschonenden Verkehr und in energieeffiziente Gebäude, ein Teil soll allerdings als Entlastung für höhere Kosten an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden. 2021 sind die Erlöse aus beiden Systemen (EU-ETS und nEHS) in Höhe von 12,5 Milliarden Euro in den Energie- und Klimafonds geflossen, einem Sondervermögen zur Förderung der Energiewende, der künftig Klima- und Transformationsfonds heißen soll. 4,7 Milliarden Euro seien, so das Umweltbundesamt, bereits zur Senkung der Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG-Umlage) genutzt worden, die von allen Stromverbrauchern gezahlt werden muss: Die Belastung, die alle Privat- und viele Gewerbekunden zahlen müssen, ging von fast 6,8 auf 6,5 Cent je Kilowattstunde zurück. Im laufenden Jahr fällt die Umlage weiter auf 3,7 Cent, 2023 soll sie nach dem Willen der neuen Regierung ganz entfallen. Dennoch werden die Stromkosten weiter ansteigen.