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Wie geht es weiter mit der Förderpolitik nach Corona?

16.02.2021Artikel
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Die Förderpolitik hat nicht nur der KfW ein Rekordjahr beschert, sondern hat sich im vergangenen Jahr – mit Unterstützung der Banken – als verlässlicher Stabilisator für Unternehmen jeder Größenklasse verdient gemacht. Darüber hinaus spielten sowohl die Bundeszuschüsse als auch das schnelle Agieren der Förderbanken der Länder eine bedeutsame Rolle. Mit der Bewältigung der Coronakrise und den gemachten Erfahrungen muss in den kommenden Monaten der Fokus auf eine Neuausrichtung gelegt werden. 

Unterstützung in der Krise: Kredite und Zuschüsse

Mit enormer Geschwindigkeit hat die Bundesregierung im ersten Lockdown im vergangenen März ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie geschnürt. Neben den unterschiedlichen, im Laufe des zweiten Lockdowns nochmals angepassten Zuschüssen von Bund und Ländern, haben sich die mittels Hausbanken ausgezahlten KfW-Corona-Hilfen als wichtige und stabile Säule der Krisenarchitektur herauskristallisiert. Neben dem mit 100% Haftungsfreistellung versehenen KfW-Schnellkredit konnten insbesondere die unter dem KfW-Sonderprogramm 2020 firmierenden Förder- und Konsortialprogramme gezielt Unterstützungen mittels Darlehen für Unternehmen, kleine und mittelständischen Betriebe sowie Start-Ups bereitstellen. Auch auf europäischer Ebene wurden – mit etwas Zeitverzögerung – mit dem Corona-Aufbaufonds sowie dem milliardenschweren Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank (EIB) ergänzende Instrumente geschaffen. Aufgrund der komplexen Abstimmungsverfahren und notwendigen Garantiezusagen der teilnehmenden Mitgliedstaaten, ist die tatsächliche Kreditvergabe über die EIB – gerade im Vergleich zu den deutschen Programmen – zwar erst angelaufen, wird aber sowohl für europäische als auch deutsche Unternehmen erwartbar eine wichtige Rolle spielen.

Rückblickend ist die Inanspruchnahme der KfW-Corona-Hilfen entsprechend des Pandemieverlaufs mit zwei Infektionswellen im vergangenen Jahr in den ersten Monaten dynamisch verlaufen, zuletzt aber spürbar abgeflacht. Insgesamt wurden (Stand 11.02.2021) mehr als 110.000 Anträge mit einem Volumen von über 47 Mrd. Euro bewilligt. Anteilig entfällt dabei über ein Drittel des Volumens auf das KMU-Programm (das gleichwohl zwei Drittel der Anträge ausmacht), ein Viertel auf den Unternehmerkredit (bei zwei Prozent der Anträge) sowie knapp ein Fünftel auf das Konsortialprogramm (bei knapp 50 Anträgen). Der Schnellkredit erreicht mit einem Volumen von über 6 Mrd. Euro etwa 13 Prozent. Bisher wurden allerdings nur zwei Drittel der Zusagen abgerufen, zudem sind bereits Rückführungen bzw. Verzichte im Umfang von über einem Fünftel erfolgt, darunter insbesondere bei der Konsortialfinanzierung. 

Private Banken haben bei der Durchleitung dieser Corona-Kredite eine bedeutende Rolle gespielt: mehr als 37% des Kreditvolumens aus dem Sonderprogramm wurden von privaten Banken ausgegeben, bei etwa einem Fünftel der Anträge. Auch bei jedem vierten Schnellkredit waren private Banken involviert. Dies unterstreicht, dass private Banken in der Breite der Unternehmen eine wichtige Stütze waren und sind.

Auch wenn der wöchentliche Zuwachs der KfW-Corona-Hilfen gegenwärtig bei durchschnittlich 1.500 bis 2.000 Anträgen liegt, rückt das Instrument des Förderkredits zunehmend in den Hintergrund. Grund hierfür sind zum einen die Unterstützungen des Bundes in Form der November-/Dezember- und Überbrückungshilfen, die insbesondere den von den Einschränkungen des 2. Lockdowns betroffenen Unternehmen nicht-rückzahlbare Zuschüsse zum Ausgleich des Umsatzes bzw. der Fixkosten zur Verfügung stellen. Die Antragsstellung erfolgt weiterhin richtigerweise über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die als Bindeglied zwischen den einzelnen Unternehmen und dem Bund fungieren. Zum anderen sind viele Unternehmen mit einer soliden Liquidität in die Krise gestartet und haben nur zur Absicherung verstärkt KfW-Kredite nachgefragt, die sie mitunter aber gar nicht abgerufen haben. Zur Verdeutlichung: Seit 1. Dezember 2020 wurden über 17.000 Anträge mit einem Volumen von 2,1 Mrd. Euro an KfW-Hilfen bewilligt. Im gleichen Zeitraum wurden über 750.000 Anträge auf die Bundeszuschüsse mit einem bereits ausgezahlten Volumen von über 7 Mrd. Euro gestellt.

Beihilferechtliche Aspekte

Zuletzt sind auch die beihilferechtlichen Rahmenbedingungen bei den Coronahilfen des Bundes und der KfW in den Fokus gerückt, da betroffene Unternehmen verstärkt an die zulässigen Obergrenzen gestoßen sind bzw. befürchten, dass Rückzahlungen getätigt werden müssen. Die EU-Kommission hat nach Konsultation mit den EU-Mitgliedstaaten Ende Januar 2021 zudem den Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen während der Corona-Pandemie („Temporary Framework“) einerseits um sechs Monate bis Ende des Jahres 2021 verlängert, andererseits deren Volumen deutlich erweitert. 

Sowohl die außerordentliche Wirtschaftshilfe als auch die KfW-Corona-Hilfen basieren gegenwärtig auf drei Rahmenregelungen: 

  • „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ (Unterstützung gegenwärtig bis 800 000 Euro, künftig bis 1,8 Mio. Euro, die mit einer De-minimis Unterstützung von 200.000 Euro kumuliert werden kann), 
  • Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 mit einer Obergrenze von aktuell 3 Mio. Euro, künftig 10 Mio. Euro, die wiederum mit Kleinbeihilfe und De-Minimis kombinierbar ist („November-Dezemberhilfe plus“), sowie 
  • EU-Bestimmung zum unmittelbar auf staatliche Lockdown-Maßnahmen zurückzuführenden Schadensausgleich („November-Dezemberhilfe Extra“), die Zuschüsse von über 4 Mio. Euro vorsehen. 

Diese jüngsten beihilferechtlichen Änderungen können jedoch nicht unmittelbar auf die laufenden Programme angewandt, sondern müssen zunächst in nationales Recht überführt werden. Entsprechende Gespräche hierzu laufen derzeit auf Bundesebene. Unmittelbare Auswirkungen haben diese Änderungen gleichwohl für Unternehmen mit größerem Finanzierungsbedarf, die bei der November- und Dezemberhilfe nun wählen können, auf welcher beihilferechtlichen Grundlage sie diese Hilfen beantragen. Auch bei der Überbrückungshilfe II können rückwirkend bei der Schlussabrechnung nunmehr von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht werden, auf welchen beihilferechtlichen Rahmen die Anträge gestützt werden sollen. 

Förderprogramme nach der Krise: wie geht es jetzt weiter?

Mit dem absehbaren Ende des Lockdowns, den rückläufigen Infektionszahlen und der Perspektive auf flächendeckende Impfangebote bis zur Jahresmitte gebietet sich ein Blick nach vorne. Dies erscheint umso dringlicher, da die Hilfen aus den verschiedenen Corona-Programmen primär darauf verwendet wurden, ausgefallene Umsätze zu kompensieren bzw. Liquidität aufzubauen, aber nicht investiert wurden. 

Aus den umfangreichen Anwendungserfahrungen der letzten Monate lässt sich festhalten, dass sowohl die enge Zusammenarbeit von Politik, Förder- und Hausbanken als auch die Bündelung und Vereinfachung der Programme sehr gut funktioniert hat und entsprechende Mechanismen auch in der Post-Corona-Zeit beibehalten werden sollten. Der deutlich flexibilisierte beihilferechtliche Rahmen ermöglicht gerade auch im großvolumigen Umfeld verstärkt Aktivitäten, die nicht mehr nur der Krisenbewältigung dienen, sondern konkrete Zukunftsperspektiven enthalten. Schließlich rücken mit beginnender Überwindung der Krise wieder mehr die strukturellen Herausforderungen in den Fokus, die zur Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dringend bewältigt werden müssen: Die Finanzierung der Transformation der Wirtschaft hin zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die gleichermaßen bei großen Unternehmen, dem Mittelstand, KMUs und Start-Ups für massiven Finanzierungsbedarf sorgen. Dieses Momentum gilt es zu nutzen!

Wie sollte entsprechend die Förderpolitik für die kommenden Jahre ausgestaltet sein und welche Stellschrauben können bereits heute gestellt werden?

Erstens lässt sich auch aus den Erfahrungen der letzten Monate konstatieren, dass die benötigten Investitionsmittel aus allen drei Quellen schöpfen müssen: Bankkredite, Kapitalmarkt, aber eben auch Fördermittel. Hier ist der Ansatzpunkt für eine zielgenau Förderpolitik, die einerseits marktwirtschaftliche Engagements nicht erdrückt, andererseits aber durch ein gutes Mittelmaß an Risikoteilung im Sinne einer partiellen Haftungsfreistellung risikobehaftete, transformatorische Projekte ermöglicht bzw. beschleunigt.

Zweitens sollten bestehende Anreizstrukturen wie Zinsvergünstigungen, staatliche Zuschüsse oder Haftungs- und Risikoteilung gestärkt und in den künftigen Förderprogrammen fest verankert sein. Durch die richtige Kombination aus Anreizen könnte in Branchen oder Projekten mit größerer Risikoexposition, wie z.B. Zukunftstechnologien oder Innovationstreiber aus KMU/Start-up-Segmenten, das benötigte Fremd- und Mezzaninekapital schnell und gezielt zur Verfügung gestellt werden. 

Drittens eröffnet sich mit den vielseitigen Aspekten der Nachhaltigkeit bzw. Klimaneutralität ein enormes Potenzial für deutsche Unternehmen. Dabei geht es nicht nur um die Stärkung der europäischen und globalen Wettbewerbsfähigkeit, sondern vielmehr um das Erfüllen der berechtigten Erwartungen von Kunden, Lieferanten und Investoren. Indem künftig beispielsweise der Umfang der zur Verfügung stehenden Fördermittel bzw. Zuschüsse an die Einhaltung der ESG-Kriterien (ESG= Environment, Social und Governance) geknüpft werden, können wichtige Impulse für die Zukunftsausrichtung der Unternehmen und letztlich des Wirtschaftsstandorts Deutschlands gegeben werden.

Viertens sollte gerade dem Mittelstand, der besonders von den Herausforderungen der Corona-Krise betroffen war und ist, mehr Handlungsspielraum bei notwendigen Investitionen zugestanden werden. Zu denken ist hier etwa an Mechanismen zur Stärkung der Eigenkaptalbasis, indem analog zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bzw. den mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG) vergleichbare skalierbare Eigenkapital-Lösungen für mittlere Unternehmen und auch größere Mittelständler im zwei- bis dreistelligen Millionenumfang geschaffen werden. Diese sollten nicht nur bundesweit einheitlich ausgestaltet und angeboten werden, sondern zudem auf Auflagen wie Dividenden- und Ausschüttungsverboten verzichten. Das Ziel wäre ja gerade, dass die Unternehmen mit dieser Unterstützung nachhaltiges Wachstum und Ertrag erzielen. 

Fünftens sollten die bestehenden Förderprogramme gebündelt und neu ausgerichtet („Transformation Deutschland“) werden, sodass entlang diverser Größen- und Risikoklassen Finanzierungsangebote existieren und gleichsam ein starker Fokus auf Zukunftsbranchen gelegt werden kann. Dieser Schritt weg von dem „Gießkannenprinzip“ bedeutet gleichwohl auch, dass Bemühungen notwendig sind, den „Nicht-Zukunftsbranchen“ wie z.B. der Schwerindustrie entsprechende Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten zur Transition zu unterbreiten.

Mit vereinten Kräften und staatlicher Flankierung mittels solch einer gezielten Förderpolitik kann (und muss) es gelingen, den Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland für die kommenden zehn Jahre zu rüsten. Aufgrund ihrer Kundennähe und Marktkenntnis haben private Banken bei diesen Transformationsprozessen eine wichtige Rolle inne. 

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Volker Hofmann

Themengruppenleiter, Director

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