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Frauen wollen es bei der Geldanlage wissen

26.09.2019Artikel
Christian Jung
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Frauen sind die besseren Anleger! Das meinte die Mehrheit der – überwiegend weiblichen – Teilnehmer beim jüngsten Berliner Packed Lunch des Bankenverbands zum Thema „Frauen und Geld“ mit der finanzpolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Lisa Paus, der Frauen-Finanzberaterin Barbara Rojahn und der Professorin für Betriebswirtschaftslehre, Alexandra Niessen-Ruenzi. In einer eingangs durchgeführten Spontanumfrage votierten 46 versus 36 Prozent der Anwesenden – bei 18 Prozent Enthaltungen – für Frauen als die besseren Anleger/innen. Und sie erhielten prompt Bestätigung von wissenschaftlicher Seite.

Frauen präferieren langfristige Anlagestrategie

Professorin Niessen-Ruenzi, an der Universität Mannheim selbst auf das Fachgebiet „Geschlechterspezifische Unterschiede an Kapitalmärkten“ spezialisiert, berichtete von Studien über Normalanleger, die bei Frauen eine durchschnittlich höhere Rendite als bei Männern bestätigten. Offenkundig machen Frauen einiges, auf das es bei der Geldanlage ankommt, intuitiv richtig. Während Männer mit kurzfristigeren Anlageentscheidungen häufig ihr Portfolio umschichteten und damit vor allem die Transaktionskosten in die Höhe trieben, tendierten Frauen zu einer langfristig orientierten Anlage und schnitten damit besser ab. „Hin und her macht Taschen leer“ – eine alte Börsenweisheit, die auch die Männer beherzigen sollten! Es sieht aber so aus, als würde ihr gelegentlicher Hang zur Selbstüberschätzung sie zu oft davon abhalten.

Ist umgekehrt beim Thema „Frauen und Geld(anlage)“ damit alles im grünen Bereich? Wohl kaum, eher im Gegenteil: Die Liste der Missstände und Forderungen, die die drei Referentinnen in der vom Leiter des Hauptstadtbüros der WirtschaftsWoche, Sven Böll, moderierten Diskussion vorbrachten, ist lang und mit Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen im Falle ihrer Umsetzung nicht ohne.

Einkommens- und Steuerunterschiede beseitigen

So wies Bundestagsabgeordnete Lisa Paus auf die Unterschiede im Primäreinkommen zwischen Frauen und Männern hin, die zwangsläufig zu Unterschieden im Anlageverhalten führten: „Wer weniger Geld übrig hat, hat auch weniger Anlageoptionen und kann mit dem Ersparten nicht so einfach ins Risiko gehen“, sagte sie. Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern, aber auch steuerliche Gleichbehandlung, transparente Marktstrukturen und ein einfaches staatliches Anlageprodukt wie der Bürgerfonds seien wichtige Voraussetzungen, damit Frauen in Finanzangelegenheiten mit den Männern gleichziehen könnten. Sie sprach sich gegen finanzielle Anreize aus, die wie die Familienversicherung bei den Gesetzlichen Krankenkassen oder das Familiensplitting Frauen davon abhielten, selbst Arbeit aufzunehmen.

Barbara Rojahn, seit 26 Jahren unabhängige Finanzberaterin für Frauen, unterstützte Paus darin, dass es mehr Anreize für Frauen geben müsse, finanziell unabhängiger zu werden. „Die Anfangshürde, Geld in Aktien zu investieren, ist bei Frauen noch höher als bei Männern, aber wenn sie diesen Schritt erst einmal getan haben, dann sind sie richtig gut darin“, unterstrich Rojahn. Dabei seien Frauen weniger an Zahlen als an Inhalten orientiert: „Frauen wollen genau wissen, was ein Investmentfonds ist, wie er funktioniert und was darin steckt.“ Gerade auch an nachhaltigen Geldanlagen zeigten sie ein besonderes Interesse, weil es für sie wichtig sei, zu wissen, was mit ihrem Geld geschieht.

Mehr Aufklärung durch Banken und Schulen

Rojahn forderte aber auch von den Banken, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten: „Viele Menschen – nicht nur Frauen – sind sich gar nicht bewusst, was Inflation und Niedrigzinsen auf lange Sicht für ihr angespartes Kapital bedeuten“, sagte sie. Die Banken müssten Frauen in der Beratung besser abholen, sie als Gesprächspartner viel ernster nehmen und ihnen Finanzprodukte besser erklären.

Dass Frauen ihr Geld noch selten in Wertpapieren anlegten, führte Niessen-Ruenzi zudem auf noch verbreitete traditionelle Familienverhältnisse zurück, in denen sich nur zu oft vor allem der Mann um die Finanzen kümmere. Es sei daher besonders wichtig, dass die Finanzbildung in der Schule einen hohen Stellenwert bekomme, gegebenenfalls in einem eigenen Fach unterrichtet werde. „Wo, wenn nicht in der Schule“, fragte Niessen-Ruenzi, „sollen Mädchen und junge Frauen sonst früh mit dem Thema in Berührung kommen?“

Fazit: Gesetzliche Regulierung, Banken, Berater, Schule – viele können etwas dazu beitragen, dass das Thema „Frauen und Geld“ vielleicht künftig keiner Diskussion mehr bedarf. „Bis dahin“, kündigte Bankenverbandschef Andreas Krautscheid schon in seiner Begrüßung an, „werden wir die Gesprächsreihe zu dem Thema mit weiteren Packed Lunches fortsetzen.“