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Langfristtender: Ausgleich für Lasten aus negativer Einlagefazilität?

31.03.2021Artikel
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  • Die besonderen TLTRO-III-Vergünstigungen sind an die Kreditvergabe gekoppelt. Derzeit ist unklar, welche Konditionen den Banken tatsächlich gewährt werden.
  • Die besonders günstigen Konditionen sind bis Juni 2022 begrenzt. Die Negativzinsbelastung gibt es hingegen schon seit Mitte 2014, und ein Ende der Negativzinspolitik ist nicht in Sicht.
  • Die Belastungen durch Negativzinsen und die möglichen Entlastungen durch TLTROs sind sehr ungleich verteilt. Gerade Banken mit einem soliden Einlagegeschäft werden belastet.

Die „schlichte“ Verrechnung …

Aktuell wird häufig argumentiert, dass die Negativzinsbelastungen der Banken im Euroraum durch die besonderen Zinskonditionen für die Langfristtender (TLTRO-III) kompensiert beziehungsweise sogar überkompensiert werden. Mit der deutlichen Verbesserung der TLTRO-III-Konditionen im April 2020 können die europäischen Banken im besten Fall Zentralbankliquidität zum Zins von -1 % erhalten.

Multipliziert man diese Zinsprämie mit dem TLTRO-III-Volumen, ergibt sich, Stand Ende März 2021, für die Banken im Euroraum eine auf ein Jahr hochgerechnete Vergünstigung von gut 20 Mrd. €. Die Belastungen aus dem negativen Einlagezins von derzeit rund 14 Mrd. € p. a. würden damit überkompensiert.

… kann aus mehreren Gründen nicht überzeugen

Bei einer sorgfältigen Betrachtung ist diese einfache „Verrechnung“ sachlich aber nicht gerechtfertigt und verdeckt wichtige Aspekte in der Diskussion über die Effekte der Negativzinspolitik.

(1) Tatsächliche Vergünstigung unsicher

Die Vergünstigungen bei den Langfristtendern sind an Konditionen gebunden. So müssen die Banken ihr Kreditvolumen über bestimmte Zeiträume hinweg mindestens konstant halten (siehe Übersicht „Verzinsungsvarianten in der Sonderzinsperiode“). Gerade in der gegenwärtig sehr schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage mit einer sehr schwachen Investitionstätigkeit der Unternehmen ist für die Banken im Euroraum noch nicht absehbar, ob sie die Zentralbankliquidität tatsächlich zu dem besonders günstigen Zins von -1 % erhalten.

Sonderzinsperiode

Die gesamte Sonderzinsprämie über zwei Jahre können die Banken nur erhalten, wenn sie die Vorgaben in zwei „Berichtsperioden“ erfüllen.


Andernfalls wird die volle Zinsprämie nur in einem der zwei Jahre gewährt oder sie beträgt über den kompletten Zeitraum weniger als 100 Basispunkte. Außerdem gilt die Sonderzinsperiode nur von Juni 2020 bis Juni 2022. Für die TLTRO‑III-Tranchen 8 bis 10, die im Laufe dieses Jahres noch zugeteilt werden, ist die besondere Zinsprämie damit auf maximal ein Jahr begrenzt.

TLTRO-Prämien für Deutschland

Die Deutsche Bundesbank weist in ihrer Bilanz für das Jahr 2020 Vergünstigung im Rahmen der TLTRO-III-Geschäfte in Höhe von 1,773 Mrd. € aus. Auf der Grundlage des Vorsichtsprinzips wurde dabei ein Zinssatz von -1 % ab Beginn der Sonderzinsperiode (24. Juni 2020) unterstellt. Die Notenbank weist explizit darauf hin, dass die tatsächlich anzuwendenden Zinssätze erst bei Fälligkeit der jeweiligen Geschäfte ermittelt werden.

(2) Vergünstigung als Pandemie-Hilfe

Die besonders hohe Vergünstigung bei den Langfristtendern war eine unmittelbare Reaktion der EZB auf die Pandemie. Es drängt sich daher nicht unmittelbar auf, diese pandemiebedingte Sondermaßnahme als Entlastung für die Negativzinsen zu werten, die die Banken bereits seit Juni 2014 entrichten müssen. Inzwischen haben die Banken im Euroraum rund 37 Mrd. € an das Eurosystem gezahlt und ein Ende der Negativzinspolitik ist überhaupt nicht absehbar. Alle gängigen Prognosen gehen derzeit davon aus, dass die Einlagefazilität im Euroraum auch Ende 2022 noch unverändert bei -0,5 % liegen wird.

Jahresabschluesse

(3) Möglicher Nettoeffekt ungleich verteilt

Die Belastungen durch Negativzinsen einerseits und die möglichen Entlastungen durch TLTROs andererseits fallen bei den einzelnen Banken sehr unterschiedlich aus. Generell werden Banken mit einem soliden Einlagengeschäft – also Banken, die ein sehr hohes Kundenvertrauen genießen – besonders stark belastet.

Eine sehr ungleiche Verteilung zeigt sich aber auch zwischen den Eurostaaten: Stellt man Negativzinszahlungen und mögliche (also noch nicht definitive) Zinsprämien Ende März 2021 gegenüber, werden die Banken in Deutschland nach ersten groben Kalkulationen auf ein Jahr hochgerechnet mit einem zweistelligen Millionenbetrag netto belastet, während beispielsweise die Banken in Italien und Spanien mit 3,2 Mrd. € bzw. 2,2 Mrd. € netto entlastet werden.

(4) Zinsprämie erst am Ende der Laufzeit

Die Zinsprämie bei den Langfristtendern fällt nicht zeitgleich mit dem negativen Einlagezins an. So wird die besondere Zinsprämie aus den TLTROs erst bei Endfälligkeit oder bei einer vorzeitigen Rückzahlung, frühstens aber im Juni 2022 gezahlt. Die Negativzinsen auf die Überschussliquidität werden hingegen von den nationalen Notenbanken im sechswöchigen Rhythmus der Mindestreserve berechnet.

Zustellung Tranchen

Geldmarktzins und Freibetrag

Die ohnehin schon sehr hohe Überschussliquidität im Euroraum ist seit Beginn der Pandemie noch einmal dramatisch gestiegen. Sie hat sich seither auf rund 3,7 Billionen € mehr als verdoppelt.
Die Bedenken, dass bei einem höheren Multiplikator für den Staffelzins (Tiering-System), die Geldmarktzinsen im Zuge von Liquiditätsumschichtungen zwischen den Banken steigen würden, sind angesichts dieser Zahlen unbegründet. Selbst bei einer Verdreifachung des Multiplikators auf das 18-fache der Mindestreserve, wäre – ähnlich wie nach der Einführung des Staffelzinses im Herbst 2019 – rund eine Billionen € der Überschussliquidität nicht vom Negativzins befreit. Dieses Volumen sollte, wie auch schon im Herbst 2019, ausreichen, einen Anstieg der Geldmarktsätze zu verhindern.

Die besonderen TLTRO-Konditionen bringen somit gerade in der aktuell sehr herausfordernden Situation keine unmittelbaren Entlastungen für die Banken, während die EZB über die Negativzinsen weiterhin finanzielle Mittel von den Banken abzieht.

Geldmarktzinsen

Position des Bankenverbandes zu TLTROs und Negativzinsen

  • Die besonderen Vergünstigungen bei den Langfristtendern sind keine geeignete Kompensation für die Belastungen der Banken durch den negativen Einlagezins der EZB. Wenn die EZB die unerwünschten Effekte der Negativzinspolitik auf die Banken und deren längerfristigen Kreditvergabekapazitäten lindern will, dann sollte sie einen nennenswerten Teil der Überschussliquidität vom Negativzins befreien.
  • Ein erster Schritt in diese Richtung wurde im Herbst 2019 mit der Einführung des Staffelzinses (Tiering-System) gemacht. Alle anderen Notenbanken, die in den letzten Jahren negative Leitzinsen eingeführt haben, haben ihren Bankensektor allerdings unmittelbar mit dem Start der Negativzinspolitik über einen Staffelzins kompensiert.
  •  Mit Einführung des Staffelzinses hat die EZB knapp 50 % der Überschussliquidität vom Negativzins befreit. Wegen der sprunghaft gestiegenen Überschussliquidität hat sich dieser Anteil inzwischen halbiert. Allein um die ursprüngliche Freistellungsquote zu erreichen, müsste der Tiering-Multiplikator auf das 12-fache der Mindestreserve verdoppelt werden.
  • Ein höherer Freibetrag für die Überschussliquidität würde den Eigenkapitalaufbau in den Banken fördern und damit die Kreditvergabemöglichkeiten der Institute stärken. Das Eurosystem könnte somit ein positives Signal setzen, um die ab Sommer erwartete wirtschaftliche Erholung und den dann wieder zunehmenden Finanzierungsbedarf der Wirtschaft zu unterstützen.
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Volker Hofmann

Themengruppenleiter, Director

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Adrian Neumann

Associate

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