Die bereits seit Jahren wirksame demographische Entwicklung in Deutschland bedeutet auch für die Banken, dass der Anteil älterer Kunden weiter zunimmt. Welche Auswirkungen dies auf den Finanzsektor insgesamt und die Ertragslage der Banken hat und haben wird, ist kaum abzuschätzen. Zwei Entwicklungsstränge könnten sich aber künftig noch verstärken: Zum einen dürfte sich der Wettbewerb unter den Finanzdienstleistern in einem tendenziell schrumpfenden Retail-Markt weiter verschärfen. Zum anderen wird die Alterung der Gesellschaft auch zu Veränderungen des Finanz- und Anlageverhaltens führen. Wie die Seniorenstudie des Bankenverbands belegt, weist die Finanzkultur der älteren Generation einige Besonderheiten auf, die sich mit der relativen Zunahme älterer Bankkunden künftig stärker bemerkbar machen werden.
Senioren mehrheitlich finanziell gut aufgestellt
Dennoch wäre es völlig verfehlt, sich die „Silver Agers“ gewissermaßen als eigene „Spezies“ vorzustellen, die in den meisten Finanzfragen komplett anders ticken würde als der Rest der Gesellschaft. Das verbietet bereits die mehr oder weniger willkürliche Festsetzung der Altersgrenze von 60 Jahren, ab der hier von „Senioren“ gesprochen wird. Senioren sind auch keine soziale Randgruppe, sondern stehen mitten in der Gesellschaft. Entsprechend weicht ihre Wahrnehmung der eigenen materiellen und sozialen Lebenssituation auch kaum von jener der Befragten im jüngeren und mittleren Alterssegment ab.
Neun von zehn Senioren (87%) bezeichnen ihre wirtschaftliche Lage – auch während der Corona-Krise – als gut (69%) oder als sehr gut (18%). Damit übertreffen sie sogar leicht die Erwerbsfähigen unter 60 Jahren, von denen sich „nur“ 84 Prozent in einer (sehr) guten wirtschaftlichen Situation sehen. Mittelfristig dürfte sich dieser Unterschied noch verstärken, da Senioren deutlich weniger von finanziellen Einbußen infolge der Corona-Krise betroffen sind. Mit 22 Prozent gibt ein Fünftel der Senioren, mit 40 Prozent aber ein fast doppelt so großer Anteil der Erwerbsfähigen an, wirtschaftliche Folgen durch die Corona-Krise zu erleiden.
Interesse an Geld und Finanzen
Anders als man vielleicht meinen könnte, sind Senioren keineswegs weniger an Finanzangelegenheiten interessiert als die Jüngeren – eher im Gegenteil: Sie haben das Interesse, die Zeit und in vielen Fällen auch die entsprechenden Ersparnisse, um sich verstärkt ihren Geldgeschäften zu widmen. So interessiert sich fast die Hälfte der Senioren (44%) – und damit mehr als unter den 18- bis 59-Jährigen (39%) – stark oder sehr stark generell für Wirtschafts- und Finanzthemen. Um ihre eigenen Finanzen kümmert sich mehr als die Hälfte der Senioren (52%) regelmäßig, ein weiteres Viertel zumindest ab und zu. Damit stehen die Senioren den Erwerbsfähigen unter 60 Jahren (49% regelmäßig, 29% ab und zu) auch in Sachen Finanzplanung nicht nach. 61 Prozent der Senioren halten die dafür notwendigen Informationen zu Geld und Finanzen für sehr wichtig – ebenso viele wie unter den jüngeren Befragten. Neben Banken und Finanzdienstleistern stehen als Informationsquellen für Finanznachrichten bei den Jüngeren stärker Online- und Soziale Medien, bei den Senioren erwartungsgemäß noch eher die klassischen Medien im Vordergrund.
Unterschiede beim Sparverhalten
Größere Unterschiede zwischen Senioren und Nicht-Senioren gibt es beim Sparverhalten. Üblicherweise tritt das Ansparen im (Renten-)Alter eher in den Hintergrund. Das macht sich in einer geringeren Regelmäßigkeit des Sparens bemerkbar. Während zwei Drittel der Erwerbsfähigen (68%) regelmäßig einen Teil ihres zur Verfügung stehenden Geldes zurücklegen, tut das nur etwas mehr als die Hälfte der Senioren (56%). Dabei geben 14 Prozent der Senioren und 24 Prozent der Erwerbsfähigen an, seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mehr zu sparen als zuvor.
Doch obwohl weniger Senioren regelmäßig sparen, sind deren Sparbeiträge mit monatlich durchschnittlich 475 Euro sogar etwas höher als bei den Erwerbsfähigen mit 443 €. Gegenüber 2014 sind die Beträge in beiden Gruppen angestiegen.
Während bei einem Teil der Senioren mit dem Austritt aus dem Berufsleben auch die Möglichkeit des Sparens tendenziell abnimmt, verfügt also offenkundig ein anderer Teil der älteren Bevölkerung durchaus über Einkünfte, die einen weiteren Vermögensaufbau ermöglichen. Das deutet sehr darauf hin, dass die Diskrepanz zwischen wohlhabenden und sozial schwächer aufgestellten Menschen bei den Senioren größer ist als im Rest der Gesellschaft.
Geringere Risikobereitschaft bei der Geldanlage
Die meisten Deutschen lassen sich Renditechancen entgehen, weil sie jegliches Anlagerisiko vermeiden möchten. Im Alter verstärkt sich die Risikoaversion bei der Geldanlage noch einmal erheblich: Nur 6 Prozent der Senioren können sich vorstellen, bei Finanzanlagen ein höheres Risiko einzugehen, um gegebenenfalls auch eine höhere Rendite zu erzielen. Hingegen wären zwei Drittel (68%) dazu „gar nicht“, weitere 22 Prozent „eher nicht“ bereit. Ein höheres Risiko einzugehen, können sich bei den 18- bis 59-Jährigen immerhin 23 Prozent vorstellen.
Senioren halten weniger Fondsanteile (23 vs. 30%); „sichere“ Anlagen wie Festgeld (16 vs. 14%) oder festverzinsliche Wertpapiere (11 vs. 7%) werden von älteren Anlegern dagegen öfter bevorzugt. Die Unterschiede fallen angesichts der divergierenden Risikobereitschaft zwischen Jung und Alt noch moderat aus, was aber auch daran liegen mag, dass aufgrund der Corona-bedingten Unsicherheit auf den Kapitalmärkten riskantere, aber renditestärkere Investments momentan auch von den jüngeren Erwerbsfähigen eher gemieden werden.
Die Einstellungen und Anlagepräferenzen sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache. So lehnen es über drei Viertel der Senioren (77%) ab, in Aktien zu investieren. Und auch die Bereitschaft einen größeren Kredit aufzunehmen, fällt bei Senioren extrem gering aus: Nur 6 Prozent der Senioren können sich dies vorstellen, gegenüber immerhin 35 Prozent bei den Erwerbsfähigen.
Das erklärt sich gewiss nicht nur aus einem tatsächlich unterschiedlichen Kreditbedarf, sondern ist auch eine Mentalitätsfrage. Denn drei von fünf Senioren (57%) stimmen der Aussage voll und ganz zu, dass es ihnen „unangenehm“ sei, Schulden zu haben – deutlich mehr als bei den unter 60-Jährigen (47%). Entsprechend überziehen Senioren auch seltener ihr Girokonto: 15 Prozent tun das zumindest gelegentlich gegenüber einem Viertel (26%) bei den Erwerbsfähigen.
Mit einem steigenden Anteil älterer Anleger ist künftig mit einer weiteren Abnahme der Risikobereitschaft bei Geldanlagen zu rechnen. Tendenziell werden wohl risikoärmere Anlageprodukte mit schneller Verfügbarkeit bevorzugt werden. Denn auch das hat die Studie ergeben: Senioren legen bei der Geldanlage nicht nur großen Wert auf Sicherheit, sondern – noch mehr als die jüngeren Befragten – auch auf die schnelle Verfügbarkeit des angelegten Kapitals.