Die demographische Entwicklung in Deutschland führt bereits seit längerem zu einer zunehmenden Alterung der Bevölkerung. Schon heute sind Senioren ab 60 Jahren mit einem Anteil von über 25 Prozent eine zahlenmäßig bedeutende Bevölkerungsgruppe. Vorausberechnungen zufolge wird ihr Anteil bis zum Jahre 2030 auf weit über ein Drittel ansteigen.
Dieses Kundensegment wird somit auch für die Banken weiter an Bedeutung gewinnen. Darauf stellen sich Kreditinstitute bereits vielfach ein, gleichwohl sind fortlaufende Anpassungen erforderlich. Dafür ist es wichtig zu wissen, wie Senioren in Finanz- und Bankfragen ticken und welche Erwartungen sie an die Institute herantragen. Der Bankenverband möchte mit seiner inzwischen zweiten Seniorenstudie das Bild, das ältere Bürger von den Banken haben, näher beschreiben und ihre Vorstellungen und Wünsche im Kunde-Bank-Verhältnis gerade auch in der jetzt von der Corona-Pandemie geprägten Phase beleuchten. Für die Studie, deren erster Teil im Folgenden vorgestellt wird, wurden im April und Mai 1.428 in Deutschland lebende Erwachsene befragt, darunter 755 Senioren über 60 Jahre.
Finanzaffine Senioren
Entgegen mancher Klischees kann als erstes grundlegendes Ergebnis der Studie festgehalten werden, dass die ältere Bevölkerung in Deutschland mehrheitlich ein beachtliches Interesse an Geld- und Finanzfragen hat. Drei von fünf Senioren (58%) macht es Spaß, sich um ihre Geldangelegenheiten zu kümmern, und ebenso viele sagen selbstbewusst, sich in Finanzfragen gut auszukennen. Damit sind Senioren nicht weniger affin, wenn es um Geld und Finanzen geht, als die jüngeren Erwerbsfähigen (18- bis 59-Jährige). Von diesen sagen etwas mehr, dass sie Spaß an Geldangelegenheiten hätten (62%), aber etwas weniger, dass sie sich in Finanzfragen auskennen würden (56%). Zugleich ist allerdings richtig, dass Senioren Geldanlagen und Bankgeschäfte häufiger als kompliziert wahrnehmen. 63 Prozent der Senioren empfinden Finanz- und Bankangelegenheiten als eher komplex. Von den 18- bis 59- Jährigen meint das mit 56 Prozent aber immerhin auch noch mehr als die Hälfte.
Das Erfreuliche an diesem eher unerfreulichen Befund ist der positive Trend: Bei der Seniorenstudie 2014 hielten in beiden Segmenten noch jeweils drei Viertel der Befragten (74 bzw. 75%) Bankgeschäfte für kompliziert. Auch wenn in dieser Hinsicht noch viel Luft nach oben besteht, machen sich hier offenbar die Bemühungen der Banken um einfachere Finanzprodukte und eine bessere Beratung bemerkbar.
Kundenfreundlichkeit besonders wichtig
Im Umgang mit Banken kommt es Senioren wie Erwerbsfähigen sehr auf freundliche Angestellte und günstige Dienstleistungen an, Senioren darüber hinaus auch auf gute Erreichbarkeit der Filiale. Mit 94 Prozent (Senioren) bzw. 92 Prozent (Erwerbsfähige) – und damit weitgehend unabhängig vom Alter der Befragten – steht tatsächlich die Freundlichkeit von Bankangestellten klar an der Spitze der Kriterien, wenn es um die Beurteilung von Banken geht. Auch kostengünstige Dienstleistungen werden von Jung und Alt mit jeweils 84% gleichermaßen als wichtiger Aspekt angesehen. Größeren Wert als die 18- bis 59-Jährigen legen die Senioren jedoch nach wie vor auf die gute Erreichbarkeit der Filiale (86 vs. 77%) und die persönliche Beratung (80 vs. 75%). Dagegen ist jüngeren Befragten sicheres Online-Banking deutlich wichtiger (56 vs. 86%).
Digitalisierung verändert die Kunde-Bank-Beziehung
Letzteres deutet auf weiterhin bestehende Unterschiede zwischen den Generationen bei der Nutzung digitaler Finanzdienstleistungen hin. Doch Digitalisierung und Online-Banking verändern inzwischen ebenso in Bezug auf die ältere Generation das Kunde-Bank-Verhältnis fundamental. So setzt bei gleichzeitigem Rückgang „analoger“ Filialbesuche das Online-Banking auch bei den Senioren seinen Siegeszug fort.
Der Rückgang der Filialbesuche ist ein bereits länger anhaltender Trend: Besuchten 2001 noch über 80 Prozent der Deutschen die Filiale ihrer Bank mindestens einmal im Monat, sind es mittlerweile nur noch 44 Prozent. Von den Senioren haben vor der Corona-Pandemie 58 Prozent ihre Bankfiliale mindestens einmal im Monat aufgesucht. Das ist zwar deutlich häufiger als bei den Erwerbsfähigen (37%), doch vor sechs Jahren waren noch drei Viertel der Senioren (74%) mindestens monatlich in ihrer Bank. Am Bankschalter persönlich mit einem Mitarbeiter sprechen Filialbesucher dabei noch seltener: Nur 21 Prozent der Senioren und 16 Prozent der unter 60-Jährigen geben an, einmal im Monat Bankangelegenheiten persönlich am Schalter zu erledigen.
Senioren zunehmend „online“ – Corona beschleunigt den Wandel
Spiegelbildlich zum Rückgang der Filialbesuche hat aber das Online-Banking erheblich an Boden gutgemacht: Mit 46 Prozent nutzt inzwischen fast die Hälfte der über 60-Jährigen Online- bzw. Mobile-Banking. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2014, als lediglich ein Drittel der Senioren (33%) das von sich sagen konnte. Dabei ist offensichtlich, dass die Folgen der Corona-Pandemie den Wandel mit vorantreiben. Jeweils ein Drittel (32%) der Senioren und Erwerbsfähigen gehen seit Beginn der Corona-Krise noch seltener zu ihrer Bank – aus Sicherheitsgründen (10 bzw. 12%), weil die nächstgelegene Bankfiliale geschlossen wurde (4 bzw. 8%), aber eben auch, weil sie mehr Online-Banking nutzen (18% bzw. 12%).
Mit der eigenen Bank vollauf zufrieden
In puncto Bankenimage und Kundenzufriedenheit unterscheiden sich die Senioren in ihren Einstellungen kaum vom Rest der Gesellschaft. Drei von fünf Senioren (57%) haben generell zu Banken und Sparkassen eine gute oder sehr gute Meinung. Sie sind damit leicht kritischer eingestellt als die Erwerbsfähigen, von denen fast zwei Drittel (63%) positiv über Banken denken.
Noch erheblich höher fallen die Zufriedenheitswerte bei der Beurteilung der eigenen Bank aus. 90 Prozent der Senioren und 87 Prozent der unter 60-Jährigen zeigen sich mit den Leistungen der eigenen Bank zufrieden oder sehr zufrieden. Zugleich vertrauen die allermeisten Menschen darauf, dass ihre Ersparnisse auf der Bank sicher sind. Vier von fünf Senioren (77%) und Erwerbsfähigen (78%), die Geld angespart haben, halten ihre Vermögen für sicher. Gerade in Corona-Krisenzeiten ist das ein beachtlicher Vertrauensbeweis der Kunden gegenüber ihren Banken.