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Sind Frauen die besseren Geldanlegerinnen?

17.10.2019Artikel
Prof. Dr. Alexandra Niessen-Ruenzi
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Frauen und Männer sind gleichberechtigt – das ist zumindest in den westlichen Industrienationen inzwischen sowohl rechtlicher als auch überwiegend gesellschaftlicher Konsens. Frauen haben im Schnitt die gleichen Bildungsabschlüsse und Qualifikationen. Dennoch gibt es Branchen, in denen Frauen deutlich unterrepräsentiert sind. Mag das bei Berufen, die gewisse körperliche Konstitutionen voraussetzen, nachvollziehbar sein, sollte uns die geringe Anzahl an Frauen in der Finanzbranche verwundern. So hat sich beispielsweise die Anzahl der Fonds auf dem US-Markt von 1990 bis 2017 mehr als vervierfacht, während sich allerdings die Anzahl an weiblichen Fondsmanagerinnen hierzu keineswegs parallel entwickelt hat. In einer Studie zur amerikanischen Fondsindustrie finden wir, dass der Anteil weiblicher Fondsmanager dort nur 10 Prozent beträgt und über die Zeit unverändert auf diesem niedrigen Wert verbleibt.

Dabei haben Frauen offenbar klare Vorteile bei der Geldanlage. Wie die beiden Ökonomie-Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Amos Tversky beschrieben haben, tappen Frauen im Vergleich zu Männern seltener in die Falle der „Selbstüberschätzung“, was für die strategische Geldanlage von Vorteil ist. In ihrer Studie „Boys will be Boys: Gender, overconfidence and common stock investment“ zeigen Brad Barber und Terrance Odean, dass Männer oft weniger Rendite erzielen, da sie signifikant häufiger handeln als Frauen; das heißt, dass sie ihr Portfolio häufiger umschichten, weil sie eine vermeintlich „herausragende Strategie“ verfolgen. Wie jedoch Börsenlegende Andre Kostolany schon warnte, ist es meistens keine gute Taktik, sich an der Börse zu hoher Aktivität verleiten zu lassen. Die Ergebnisse zeigen daher auch, dass insbesondere männliche Kleinanleger, die viel handeln, aufgrund der hohen Transaktionskosten am Ende weniger Gewinn erzielen als weibliche Kleinanleger.

Sind Frauen also die besseren Geldanlegerinnen?

Nach eigener Einschätzung der Frauen selbst offenbar nicht. 51,4 Prozent der weiblichen Befragten stimmen in einer repräsentativen Umfrage, die wir im Jahr 2018 unter knapp 1.600 Deutschen durchgeführt haben, (voll) zu, dass sie sich bei Geldanlagethemen unsicher fühlen. Dies tun nur 36,6 Prozent der Männer. Eine Folge dieser Unsicherheit besteht darin, dass laut Deutschem Aktieninstitut (DAI) nur rund 12 Prozent der Frauen am Aktienmarkt investieren, während dies 21 Prozent der Männer tun. Dem Renditedreieck des DAI zufolge bedeutet dies, dass Frauen bei einer ungefähr 15-jährigen Anlageperiode eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,8 Prozent entgeht.

Insgesamt lässt sich also aus der wissenschaftlichen Literatur für keines der Geschlechter eine klare Überlegenheit in Sachen Geldanlage ableiten. So fanden wir auch in unserer schon erwähnten Studie zu amerikanischen Fondsmanagern keine signifikanten Unterschiede in der Performance von Aktienfonds mit weiblichem oder männlichem Fondsmanager. Allerdings erzielten männliche Fondsmanager extremere Ergebnisse: sie fanden sich häufiger im Bereich sehr hoher und sehr niedriger Renditen, was sich dann im Durchschnitt ausglich. Frauen sind also weder die besseren noch die schlechteren Anlegerinnen. Sie sind jedoch wesentlich unsicherer beim Thema Geldanlage. Es macht aber wenig Sinn, deshalb spezielle Anlageprodukte für Frauen zu entwickeln oder zu fordern, denn letztlich sind alle Anlagen den Gesetzen des Kapitalmarktes unterworfen und bedürfen dem Verständnis und der Beschäftigung mit diesen Themen.

Mehr Finanzmarktkenntnisse und Selbstvertrauen gefragt

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es jedoch bei Angeboten, die die Hemmschwelle für Frauen zum Eintritt in den Finanzmarkt senken könnten. Ein Blick auf die gängige Praxis der Finanzberatung zeigt hier deutlichen Aufholbedarf: So werden männliche Kunden beispielsweise mehr als doppelt so oft von Finanzberatern kontaktiert wie weibliche Kunden. Zudem werden weiblichen Kunden häufiger teurere Produkte empfohlen und sie bekommen seltener Preisnachlässe.

Wir brauchen keine „rosa Aktie“ – wir benötigen jedoch mehr Aufklärung und Vermittlung von Finanzmarktkenntnissen an Frauen und ein stärkeres Selbstvertrauen der Frauen, in Sachen Geldanlage ihren eigenen Weg zu verfolgen und sich selbstständig um ihre finanzielle Vorsorge zu kümmern. Immerhin unterliegen Frauen über 65 Jahren laut Statistischem Bundesamt einem um 25 Prozent höheren Altersarmutsrisiko als Männer dieser Altersgruppe. Hinzu kommt, dass Frauen rund ein Viertel weniger Rente erhalten als Männer. Unsere Studie „The Gender Pension Gap in Germany“ zeigt, dass private Vorsorge für Frauen ab einem Alter von 35 Jahren ein absolutes „Muss“ ist, wenn es um die Absicherung im Alter geht.

Frauen sind also nicht die besseren Geldanleger – aber hoffentlich gibt es künftig mehr weibliche Anleger! Sie sollten sich vor Augen führen, dass sie sich durch die Beschäftigung mit dem Thema finanzielle Unabhängigkeit verschaffen und beruhigter auf die Lebensphase nach Eintritt in den Ruhestand schauen können.