Unter dem Titel "Aktuelles Stichwort" veröffentlichen wir regelmäßig kompakte Einordnungen zu unterschiedlichen Themen. Die neuesten zehn Beiträge der Reihe finden Sie hier gebündelt.
Kurzbriefings zu aktuellen Themen aus der Finanzwirtschaft
4. Dezember 2024
Nachhaltigkeit fördern, Wachstum sichern - eine Aufgabe, kein Widerspruch
Die erfolgreiche Transformation unserer Wirtschaft und damit der Kampf gegen den Klimawandel zählen zu den fundamentalen Herausforderungen unserer Zeit. Klima- und Umweltschutz sowie die Bewältigung weiterer gesellschaftlicher Herausforderungen erfordern jedoch ein robustes Wirtschaftswachstum. Wirtschaftswachstum geht nicht zwangsläufig mit einem höheren Ressourcenverbrauch einher. Wachstum sollte im Gegenteil als Transformationstreiber für eine erfolgreiche Klimapolitik genutzt werden.
Das Erreichen der Klimaziele erfordert Wachstum
Für die Klima- und Nachhaltigkeitsdebatte hat der Zusammenhang von Produktivitätssteigerungen, technischem Fortschritt und Produktentwicklungen eine besondere Relevanz. Durch Produktivitätsfortschritte und Innovationen ist es möglich, dass die gesamtwirtschaftliche Leistung steigt – die Wirtschaft also wächst –, ohne dass gleichzeitig mehr natürliche Ressourcen verbraucht oder mehr klimaschädliche Schadstoffe ausgestoßen werden. Investitionen in Nachhaltigkeit setzen zudem Wachstum voraus. Klima- und Umweltschutz erfordern technologische Innovationen, die in einer wachsenden Volkswirtschaft leichter angeregt und finanziert werden können als in einer stagnierenden. Darüber hinaus kann in einer wachsenden Wirtschaft die Bevölkerung eher für nachhaltiges Handeln motiviert werden, da Verteilungskonflikte deutlich geringer ausfallen.
Es braucht den richtigen Rahmen für Investitionen und Innovationen
Um die Nachhaltigkeitsziele zeitnah zu erreichen sind Planbarkeit und pragmatische Lösungen erforderlich. Es braucht eine Politik, welche die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft stärkt. Denn um die Transformation zu stemmen, brauchen Unternehmen einen regulatorischen Rahmen, der Verlässlichkeit gewährleistet und Anreize für Innovationen setzt. Maßnahmen hin zu wettbewerbsfähigen und innovationsfreundlichen Standortbedingungen sollten daher jetzt Priorität haben. Dazu gehört auch eine Finanzmarktregulierung, die mehr Investitionen in Transformationsvorhaben ermöglicht. Der Finanzierungsbedarf für die Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele ist enorm. Ohne private Mittel ist dies nicht zu stemmen. Dies gilt insbesondere aufgrund der notwendigen Geschwindigkeit, mit der die Transformation stattfinden muss. Den Weg für mehr private Investitionen zu ebnen, kommt daher eine entscheidende Rolle zu.
Bei den Nachhaltigkeitsambitionen dürfen wir nicht nachlassen. Fortschritte bei der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch sind dringend notwendig, um Erderwärmung und Umweltverschmutzung zu verringern, den Erhalt der Biodiversität voranzutreiben und gleichzeitig die gesellschaftliche Akzeptanz für die Transformation zu gewährleisten. Erfolgreicher Klima- und Umweltschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die robustes Wirtschaftswachstum erfordert. Die Regulierung zu ESG muss hier einfacher und wirksamer werden. Die privaten Banken stehen hinter den Pariser Klimazielen. Sie spielen bei der Transformation unserer Wirtschaft eine ganz wesentliche Rolle: als Finanzierer und Partner der Unternehmen, Berater und Impulsgeber für Veränderungen. In einem ausführlichen Positionspapier betont der Bankenverband die große Bedeutung wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen für Fortschritte auf dem Weg zu Klimaneutralität und schlägt entsprechende wirtschaftspolitische Leitplanken vor. Das Papier finden Sie hier.
17. Oktober 2024
Europa darf nicht den Anschluss verlieren – Wettbewerbsfähigkeit auch im Bankensektor stärken
Die Europäische Union darf im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt werden. Gerade im Finanzsektor droht jedoch genau dieses Szenario. In den vergangenen Jahren standen in Berlin und Brüssel richtigerweise Vorhaben im Vordergrund, welche die Resilienz der Banken stärkten und die Finanzstabilität förderten. Oftmals zweitrangig waren jedoch die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Bankensektors und auf seine Fähigkeit, die Wirtschaft zu finanzieren. Diese Tatsache haben nun die Staatssekretäre aus Frankreich, Italien und Deutschland zum Anlass genommen und ihre Ansicht gegenüber der Europäischen Kommission artikuliert.
Die Bedeutung eines wettbewerbsfähigen Bankensektors für Europa und Deutschland
Je wettbewerbsfähiger unsere Bankensysteme sind, desto besser werden sie in der Lage sein, bei den anstehenden und notwendigen Herausforderungen zu unterstützen. Ohne leistungsfähige Banken wird die Europäische Union weder ihre Verteidigungsfähigkeiten verbessern noch die Wirtschaft bei der Dekarbonisierung, der Digitalisierung oder den Folgen des demografischen Wandels begleiten können. Insbesondere Deutschland als eine der führenden Exportnationen dieser Welt braucht ein international wettbewerbsfähiges Bankensystem. Dabei stehen wir von außen zunehmend unter Druck. Um die zahlreichen geo- wie auch wirtschaftspolitischen Herausforderungen zu bestehen, ist ein wettbewerbsfähiger Banken und Kapitalmarkt eine der wichtigsten Voraussetzungen. Die Frage, wie bestehende Nachteile auf nationaler und europäischer Ebene abgebaut werden können, ist daher zentral.
Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sind möglich
Zur Herstellung eines Level-Playing-Fields im internationalen Wettbewerb muss an mehreren Stellschrauben gedreht werden. Einige davon wurden bereits vom Europäischen Rat und der Europäischen Kommission adressiert – beispielsweise die notwendige Stärkung des Verbriefungsmarktes, das Vorantreiben der Kapitalmarktunion und die Überprüfung des makroprudenziellen Regelwerks für europäische Finanzinstitute. Auch wenn konkrete Umsetzungsschritte noch ausstehen, ist klar: Nicht nur in diesen Bereichen sind Maßnahmen möglich und erforderlich. Auch bei der derzeitigen Umsetzung der aufsichtlichen Anforderungen oder im Bereich der Klima- und Transformationsrisiken gibt es Anpassungsbedarf. Beispielhaft ist hier die Green Asset Ratio zu nennen, die als Steuerungsgröße für die Transformation ungeeignet bleibt, da sie das Nachhaltigkeitsprofil einer Bank nur unzureichend abdeckt und bei europäischen Instituten Aufwand erzeugt, der Wettbewerbern im Ausland gänzlich unbekannt ist. Das Ziel muss sein, diese vorhandenen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, für Vereinfachungen und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands im Bankensektor zu nutzen.
Auf nationaler und europäischer Ebene steht die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in vielen Sitzungen weit oben auf der Tagesordnung. Der Bankensektor muss dabei als strategische Industrie mitgedacht werden. Aus unserer Sicht ist es zu begrüßen, dass viele Initiativen wie zuletzt der gemeinsame Brief der für Finanzmarktpolitik zuständigen Staatssekretäre aus Frankreich, Italien und Deutschland an die Kommission aufzeigen, was zur Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen notwendig ist. Diese Unterstützung gilt es in der beginnenden Legislatur zu nutzen und in entsprechende Maßnahmen umzuwandeln, damit der europäische Banken- und Kapitalmarkt im Wettbewerb bestehen und die für Investitionen notwendigen Mittel effizient zur Verfügung stellen kann.
10. Oktober 2024
Geopolitische Lage erfordert stärkere Verzahnung der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit
Globale Krisen und eine sich wandelnde geopolitische Landschaft prägen zunehmend das Weltgeschehen. In diesem Umfeld ist die strategische Positionierung Deutschlands und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dringender denn je. Eine engere Verzahnung der Entwicklungspolitik mit der Außenwirtschaftsförderung bietet die Chance, sowohl die deutsche Wirtschaft zu stärken als auch eine nachhaltige Entwicklung in den Partnerländern voranzutreiben.
Das internationale Umfeld wird zunehmend komplexer
Der Wettbewerb um den Zugang zu kritischen Rohstoffen und Märkten ist hart umkämpft und nicht immer ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen geprägt. Ein Beispiel hierfür ist Chinas "Belt and Road"-Initiative, die auf politischen Einfluss und Marktzugang durch Infrastrukturinvestitionen in Entwicklungsländern abzielt. Um diesem häufig mit problematischen Bedingungen verbundenen Ansatz etwas entgegenzusetzen, haben einzelne europäische Länder ihre Förderinstrumente bereits angepasst. Auch die Europäische Kommission reagierte mit der „Global Gateway Initiative“. Deutschland sollte ebenfalls nachziehen, um ein verlässlicher und attraktiver Partner für Entwicklungs- und Schwellenländer zu bleiben bzw. zu werden.
„Team Deutschland“-Konzept stärken und Synergien nutzen
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ist es notwendig, die derzeitige Fragmentierung der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland aufzubrechen. Einzelne Beispiele zeigen bereits das Potenzial einer engeren Verzahnung dieser beiden Bereiche und einer gezielten Einbindung der Privatwirtschaft. So können Schulungsprogramme, die durch Entwicklungshilfefinanziert und mit dem Einsatz deutscher Technologie unter Hermesdeckung kombiniert werden, zur Qualifizierung lokaler Arbeitskräfte beitragen. Das Ziel sollte sein, solche Ansätze institutionell zu verankern und so beispielsweise die entwicklungspolitische Komponente der Exportkreditgarantien stärker zu berücksichtigen und effektiv zu nutzen.
Attraktive Finanzierungsbedingungen als Schlüsselfaktor für Partnerländer
Die Nachfrage nach deutschen Produkten und Dienstleistungen im Ausland hängt maßgeblich von passenden Finanzierungsangeboten ab. Aspekte wie Zinsvergünstigungen, längere Finanzierungslaufzeiten oder angepasste Anzahlungsbedingungen spielen hierbei eine zentrale Rolle. Deutschland verfügt zwar über eine Vielzahl von Förderinstrumenten, aber oft fehlt es an der notwendigen Abstimmung oder die Konditionen sind nicht markttauglich. Dies gilt zum Beispiel für das Afrika-CIRR-Programm, das derzeit keine ausreichend günstigen Refinanzierungsbedingungen bietet.
Unternehmen erschließen durch ihr internationales Engagement und mit der Unterstützung von Banken nicht nur neue Märkte, sondern leisten auch einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in diesen Ländern. Um die von der Politik formulierten und vom Privatsektor geteilten Ziele in der Entwicklungspolitik effizienter zu erreichen, ist eine stärkere Einbindung des Privatsek-tors unerlässlich. Aus Sicht des Bankenverbandes ist daher eine aktiviere Gestaltung des „Team-Deutschland“-Konzepts notwendig, um die Synergien zwischen Unternehmen, Banken, entwicklungspolitischen Akteuren und Bundesregierung zu nutzen. Das aktuelle Positionspapier mit konkreten Vorschlägen zur stärkeren Verzahnung von Entwicklungshilfe und den Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung finden Sie hier.
26. September 2024
Rückenwind jetzt nutzen: Industrieinitiative zeigt Handlungsfelder zur Stärkung des Verbriefungsmarktes
Verbriefungen werden zunehmend als sinnvolles Instrument zur Stärkung von Europas Wettbewerbsfähigkeit wahrgenommen. Der derzeit zu kleine und liquiditätsschwache europäische Verbriefungsmarkt benötigt jedoch eine Reihe von Nachbesserungen, damit genügend Kapital für die anstehenden Herausforderungen mobilisiert werden kann.
Hohe Kosten machen Verbriefungen derzeit unattraktiv
Europäische Verbriefungen sind infolge der Finanzkrise in Verruf geraten – zu Unrecht, wie die sehr geringen Ausfallraten vor, während und nach der Krise belegen. Als Reaktion auf den dennoch entstandenen Vertrauensverlust in das Verbriefungsinstrument haben gut gedachte regulative und auf-sichtliche Ziele in der Praxis mehrere Hindernisse aufgebaut. Dadurch kann das Potenzial des Instruments derzeit nicht ausgeschöpft werden. Eine überbordende Regulierung sorgt heute dafür, dass Investoren in andere Anlageformen ausweichen. Denn die Wirtschaftlichkeit von Verbriefungen wird erheblich beeinträchtigt, beispielsweise durch hohe Transaktionskosten und überproportional hohe Kapitalanforderungen bei Banken für Verbriefungspositionen, die eine enorme Markteintrittsbarriere darstellen.
Notwendige Maßnahmen zur Stärkung des Verbriefungsmarktes
Um den Verbriefungsmarkt und damit Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müssen die Prozesse für Banken, Leasinggesellschaften und Wirtschaftsunternehmen als Originatoren einerseits und für die Investoren andererseits erleichtert werden. Aus den praktischen Erfahrungen der derzeit im Verbriefungsprozess beteiligten Parteien geht dabei hervor: Es gibt nicht die eine große Maßnahme, mit der das Verbriefungsinstrument gestärkt werden kann, sondern eine Vielzahl von Stellschrauben. Eine regulatorische Stellschraube ist die europäische Verbriefungsverordnung. Sie stellt einen wesentlichen Treiber der derzeit hohen Kosten dar. Zwar geht sie grundsätzlich in die richtige Richtung, führt in der Praxis jedoch zu komplizierten Prozessen und übermäßigen Reportinganforderungen. Es bräuchte hier u. a. eine Vereinfachung der Verordnung, um der Bandbreite der Verbriefungsinvestitionen gerecht zu werden, sowie eine Überarbeitung der Meldevorlagen. Das Ziel muss grundsätzlich sein, die bestehenden Nachteile im Vergleich zu unseren europäischen und internationalen Wettbewerbern abzubauen. Dazu gehört: Verbriefungen müssen in Europa einem weiten Kreis von Banken zugänglich gemacht werden, indem die Komplexität, die Kapitalanforderungen und der Aufwand zur Umsetzung der aufsichtlichen Anforderungen für alle Banken wieder beherrschbar gemacht wird. Aber auch auf nationaler Ebene gibt es bestehende rechtliche Unsicherheiten. Ein deutsches Verbriefungsgesetz könnte hier Abhilfe schaffen, indem Regelungslücken unter anderem im Gesellschaftsrecht, bei der Forderungsabtretung und in der steuerlichen Berücksichtigung beseitigt werden.
Ein wachsender europäischer Verbriefungsmarkt kann einen Beitrag dazu leisten, die europäische Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Derzeit gibt es richtigerweise politischen Rückenwind in Deutschland und Europa für das Verbriefungsinstrument. Die Initiative des Bankenverbandes und der TSI hat für die politischen Diskussionen verschiedene Vorschläge zur Stärkung des Verbriefungsmarktes unterbreitet. Ziel der Initiative ist es, darzustellen, wie privates Kapital mobilisiert werden kann, bspw. durch Anpassungen des regulatorischen Rahmenwerkes oder angemessene Rahmenbedingungen für Banken und Versicherungen. Den Verbriefungsbericht der Industrieinitiative mit den konkreten Vorschlägen finden Sie hier.
26. Juni 2024
Novelle Bundesdatenschutzgesetz
Keine Nachteile für Verbraucher bei der Kreditvergabe herbeiführen
Die Bundesregierung schlägt vor, im Rahmen der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes das Scoring durch Kreditauskunfteien neu zu regeln. Auslöser ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Neuregelung darf sich dabei nicht auf das Scoring auswirken, das Kreditinstitute selbst durchführen, weil dies zu Lasten der Verbraucher geht.
Scoring
Scoring ist ein wichtiges Werkzeug zur effizienten Bewertung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern. Die EU-Datenschutzgrundverordnung regelt hierfür die Rahmenbedingungen. Allerdings ist mit dem EuGH-Urteil (C-634/21 „SCHUFA Holding (Scoring)“) Rechtsunsicherheit für das Scoring von Kreditauskunfteien entstanden. Mit dem neuen § 37a BDSG soll das für die kreditgebende Wirtschaft wichtige Auskunftei-Scoring rechtssicher gesetzlich verankert werden. Hierbei sollten jedoch negative Auswirkungen auf die Kreditvergabe an Verbraucher vermieden werden.
Nachteile für Kreditnehmer durch den aktuellen Gesetzentwurf
Denn der aktuell im Deutschen Bundestag in der Beratung befindliche Gesetzentwurf kann in der derzeitigen Fassung negative Auswirkungen zur Folge haben. Der im Gesetzentwurf zu weit formulierte Anwendungsbereich des § 37a BDSG birgt die Gefahr, dass auch das bankinterne Scoring von Kreditinstituten eingeschränkt wird und gleichzeitig übermäßige Datenverwendungsverbote eingeführt werden.
Dabei sieht die EuGH-Rechtsprechung keine Notwendigkeit, das von den Kreditinstituten selbst durchgeführte Scoring zu regeln. Denn das bankinterne Scoring ist EU-weit einheitlich und abschließend durch die EU-Datenschutzgrundverordnung legitimiert. Zudem muss ein Konflikt mit bankaufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen vermieden werden.
Besonders problematisch ist das vorgesehene Datenverwendungsverbot „Informationen über Zahlungseingänge und -ausgänge auf Bankkonten“, das die Aussagekraft des bankinternen Scoring deutlich verschlechtern würde. Zahlungskontensalden, Überziehungskredite, nicht eingelöste Lastschriften und etwaige Pfändungen sind wichtige Risikoerkennungsmerkmale für die Bonitätsbewertung eines Kunden. Bliebe es bei diesem Verbot, stünde den Kreditinstituten das erforderliche Instrument für die Bonitätsprüfung so nicht mehr zur Verfügung, mit der Konsequenz, dass die Kreditvergabe an Verbraucher erschwert würde.
Position des Bankenverbandes
- Scoring ist ein wichtiges Werkzeug zur effizienten Kreditwürdigkeitsprüfung.
- Um den Kreditinstituten die Bonitätsprüfung und die Kreditvergabe nicht zum Nachteil für Verbraucher zu erschweren, sollte in der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (§ 37a BDSG) klargestellt werden, dass die neue Scoring-Vorschrift ausschließlich Auskunfteien erfasst. Für das interne Scoring von Banken besteht kein Regelungsbedarf.
- Damit die Zuverlässigkeit der Bonitätsbewertung von Verbrauchern nicht reduziert wird, sollten keine zusätzlichen Datenverwendungsverbote für Banken eingeführt werden.
13. Juni 2024
Anwendung der Verordnung zur Künstlichen Intelligenz - innovationsoffen und rechtssicher
Künstliche Intelligenz (KI) gehört zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Damit europäische Unternehmen diesen technischen Fortschritt realisieren können, sollte die Anwendung der KI-Verordnung europaweit rechtssicher und innovationsfreundlich erfolgen. Was zu beachten ist, darüber hat die deutsche Wirtschaft am Dienstag u. a. mit der Staatssekretärin Daniela Kluckert, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, sowie den Abgeordneten Maximilian Funke-Kaiser (FDP), Ronja Kemmer (CDU) und Parsa Marvi (SPD) im Haus des Bankenverbandes diskutiert.
Chancen von KI für Banken und Unternehmen
Künstliche Intelligenz bietet enorme wirtschaftliche Anwendungsmöglichkeiten. Sie hat das Potenzial, Innovationen und Produktivität voranzutreiben sowie neue Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Innovationskraft spiegelt sich auch im Finanzsektor wider. Bereits heute sind KI-Verfahren in verschiedensten Bereichen der Banken verbreitet. Beispiele hierfür sind KI-unterstützte Chatbots oder statistische (Scoring-)Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung. Letztere werden allerdings nach wie vor von Menschen modelliert und weisen einen geringen Grad des autonomen Lernens auf. KI bietet enorme Chancen zur Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung, bringt jedoch auch offene Fragen bezüglich der Anwendungen und Risiken mit sich. Umso bedeutender ist ein regulatorischer Rahmen, der bei Verbrauchern, Unternehmen und Banken Vertrauen und Sicherheit beim Einsatz schafft. Daher ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die EU in der KI-Entwicklung und Regulatorik nicht zurückbleibt, sondern eine Führungsposition einnimmt.
Grundsätze einer innovationsoffenen KI-Regulierung
Banken sind bereits heute umfassend reguliert. Das schließt den Einsatz von KI insbesondere in wichtigen Risikobereichen der Bank ein. Damit das Innovationspotential von KI nicht an einer zu strikten Regulierung scheitert, müssen neue Regelungen eng mit bestehenden Vorschriften und Aufsichtsstrukturen verzahnt werden. Bei der Anwendung der KI-Verordnung darf es jetzt nicht passieren, dass je nach Standort in der EU Unternehmen vor verschiedene Anforderungen gestellt werden, weil Vorgaben in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt werden. Einen „Flickenteppich“ darf es hier, wie im Datenschutz, nicht geben. Zudem sollte bei der nationalen Anwendung die Verordnung nicht übererfüllt werden. Verschärfende Regelungen, die über die KI-Verordnung hinausgehen, würden die Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich belasten.
Position des Bankenverbandes
Künstliche Intelligenz schafft ein enormes Veränderungspotential. Wie bei vielen Veränderungen muss bei der Implementierung jedoch Planungssicherheit für Verbraucher und Wirtschaft sowie Vertrauen geschaffen werden. Bei der Anwendung der KI-Verordnung ist besonders wichtig, dass die Europäische Kommission in ihren Leitlinien die KI-Definition präzisiert. Konventionelle IT-Systeme sollten nicht unter die KI-Definition fallen: zum Beispiel Algorithmen, die keine Form des maschinellen Lernens oder der Selbstoptimierung beinhalten. Aber auch bei der Schaffung der Behördenstrukturen und der Konkretisierung der regulatorischen Anforderungen gibt es auf europäischer und nationaler Ebene noch einiges zu tun. Was bei einer einheitlichen und rechtssicheren Anwendung beachtet werden sollte, hat der Bundesverband deutscher Banken zusammen mit weiteren Verbänden der deutschen Wirtschaft am Dienstag vorgestellt.
5. Juni 2024
Für ein starkes, wettbewerbsfähiges Europa
Für unseren Zusammenhalt, unseren gesellschaftlichen Fortschritt und unsere Wirtschaft ist ein offenes, demokratisches Europa unerlässlich. Geopolitische Konflikte und Polarisierung stellen die Europäische Union (EU) jedoch vor zunehmende Herausforderungen. Die Sicherung unserer politischen Stabilität und die Stärkung eines souveränen und wettbewerbsfähigen Europas müssen daher nach der Wahl zentrale Punkte auf der Agenda des EU-Parlaments, der Kommission – aber auch der Mitgliedstaaten – sein.
Bedeutung der europäischen Integration
Die EU ist eine Wertegemeinschaft, die als Friedensprojekt ihren Ursprung fand. Sie steht für demokratischen Zusammenhalt, Rechtsstaatlichkeit und politische Stabilität, aber auch für den freien Han-del. Diese Grundprinzipien einer offenen EU sind der Motor unseres Erfolgs. Sie ziehen Fachkräfte aus der ganzen Welt an und geben Investoren verlässliche Rahmenbedingungen für ihr Engagement. Der Europäische Binnenmarkt ist dabei seit gut 30 Jahren ein zentraler Treiber unseres Wohlstands. Auch wenn er ausbaufähig bleibt: Als Exportland profitiert gerade die deutsche Wirtschaft immens von seinen Vorzügen für Arbeitskräfte, Güter und Investitionen. Dennoch gibt es politische Kräfte, die statt einem Ausbau sogar das Zurückdrehen dieser europäischen Integration fordern. Die Folgen wären nicht nur drastische Wohlstandsverluste, sondern auch eine erhebliche Gefährdung der Stabilität Europas.
Europa muss sich in einer neuen Weltordnung behaupten
Die EU steht von außen zunehmend unter Druck. Wirtschaftliche Souveränität und Stärke bedeuten in unserer geopolitisch veränderten Welt Sicherheit. Doch die Position der EU als globale Wirtschafts-macht ist keine Selbstverständlichkeit. Im Standortwettbewerb und Handel mit Ländern wie den USA und China gerät die EU in Bedrängnis – aufgrund von Zugangshemmnissen, teils hoch subventionierten Wettbewerbern und generell günstigeren Rahmenbedingungen. Geopolitische Krisen schlagen sich zusätzlich auf Lieferketten und Ressourcenverfügbarkeiten durch. Die notwendigen Anpassungen im Zuge der nachhaltigen und digitalen Transformation und die demografisch bedingten Arbeitskräfteengpässe dürften den Wettbewerbsdruck auf die EU weiter erhöhen.
Europäischer Banken- und Kapitalmarkt zentral für wettbewerbsfähige EU
In einer arbeitsteiligen Wirtschaft bestehen naturgemäß unzählige Verbindungen und damit Abhängigkeiten. Im Zentrum steht hierbei der Banken- und Kapitalmarkt, zu dessen Aufgabe es gehört, die für Investitionen notwendigen Mittel effizient zur Verfügung zu stellen. Um die zahlreichen geo- wie auch wirtschaftspolitischen Herausforderungen zu bestehen, ist ein wettbewerbsfähiger Banken- und Kapitalmarkt in Europa eine der wichtigsten Voraussetzungen. Daher gilt es, diesen mit einem unter-stützenden Regulierungsrahmen zu fördern.
Position des Bankenverbandes
Die Europäische Union ist ein Garant für Frieden und Wohlstand. Europa muss protektionistischen und nationalistischen Tendenzen jedoch stärker entgegenwirken und gleichzeitig seine wirtschaftliche Souveränität sichern. In einer Broschüre zur Europawahl zeigen die privaten Banken auf, welche Themen im Bereich des Banken- und Kapitalmarktes angegangen werden sollten, um einen großen Schritt in Richtung eines wettbewerbsfähigen und souveränen Europas zu gehen (hier).
16. Mai 2024
Zeit für Fortschritte: Die Vertiefung der EU-Kapitalmärkte
Europa braucht einen tieferen Kapitalmarkt, um seine größten Herausforderungen – die grüne und digitale Transformation sowie die Stärkung der Resilienz – zu finanzieren. Obwohl hierüber Einigkeit herrscht, wird das Potential des Kapitalmarkts in Europa nach wie vor nicht ausgeschöpft.
Liquidität und Wettbewerbsfähigkeit als Maßstäbe guter Kapitalmarktregulierung
Der EU-Kapitalmarkt zählt zu den am engmaschigsten regulierten Kapitalmärkten weltweit. Dies bringt Vorteile mit sich, führt aber auch zu bürokratischen Hürden und Nachteilen für die Liquidität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. Um als Kapitalmarkt innerhalb und außerhalb der EU attraktiv zu sein, muss vor allem eine hohe Liquidität ermöglicht werden. Das bedeutet: Investoren müssen in der Lage sein, ihre Anlagen jederzeit zu einem fairen Preis erwerben und auch wieder veräußern zu können. Einheitliche, effiziente Kapitalmärkte sind hierfür ein entscheidender Faktor. Sie sorgen dafür, dass Investoren sich nicht mit übermäßigen administrativen Hürden auseinandersetzen müssen, die aufgrund der Fragmentierung in 27 Einzelmärkte innerhalb der EU entstehen können. Klar ist jedoch auch: Die Vollharmonisierung wichtiger Rechtsgebiete wie zum Beispiel des Zivilrechts oder des Steuerrechts findet zeitnah keine politischen Mehrheiten. Sie ist aber auch nicht erforderlich. Durch eine pragmatische Vorgehensweise lassen sich schon jetzt viele kleine Fortschritte erreichen – beispielsweise durch eine gezielte Teilharmonisierung und durch die Belebung des Verbriefungsmarktes. Für die Fortentwicklung des EU-Kapitalmarkts ist es dabei zwingend erforderlich, die internationale Wettbewerbsfähigkeit als Richtschnur heranzuziehen. Bestehende Nachteile müssen bei der Überarbeitung und Einführung von EU-Regeln beseitigt und internationale Standards stärker berücksichtigt werden.
Stärkung des richtigen Kapitalmarkt-Mindsets
Das Schicksal bzw. die Vertiefung der EU-Kapitalmärkte bleibt aber grundsätzlich auch eine Frage des gesellschaftlichen Willens und der Kultur. Kapital anzulegen, bietet Chancen – geht aber üblicherweise mit Risiken einher. Die Risikokultur und das dafür erforderliche Finanzwissen sind in der EU allgemein schwach ausgebildet. Die aktuelle Regulierung verstärkt diesen Trend zusätzlich. Sie trägt dazu bei, Kleinanleger vom Kapitalmarkt fernzuhalten und erschwert es ihnen damit, über die eigene Kapitalanlage ein Verständnis über seine Funktionsweise zu entwickeln. Mit Blick auf den demografischen Wan-del und die damit einhergehenden Finanzierungsfragen ist es von immenser Bedeutung, stattdessen Chancen für den eigenen Vermögensaufbau zu eröffnen und die aktuelle Regulierung dahingehend anzupassen. Die EU muss Bürgerinnen und Bürger am Wachstum teilhaben lassen. Gute regulatorische EU-Rahmenbedingungen sollten dabei Hand in Hand gehen mit Entwicklungen auf nationaler Ebene. Die Förderung der kapitalmarktbasierten Altersvorsorge wäre hierfür ein Beispiel.
Position des Bankenverbandes
Die Transformation der Wirtschaft wartet nicht, bis ein idealer EU-Kapitalmarkt – oder eine Kapitalmarktunion – geschaffen worden ist. Einige Fortschritte könnten aber bereits kurzfristig von der EU realisiert werden, um die Fragmentierung zu überwinden. Dazu zählt bspw. eine zielgerichtete, aber auch kapitalmarktrelevante Harmonisierung wichtiger Aspekte in bestimmten Rechtsbereichen – etwa im Steuer-, Insolvenz- oder Aufsichtsrecht. Es ist zentral, dass – mit Blick auf die EU-Wahlen 2024 und die Bildung einer neuen EU-Kommission – diese Maßnahmen weiterhin mit hoher Priorität und noch mehr Entschlossenheit vorangetrieben werden. Der Bankenverband schlägt in einem gerade veröffentlichten Positionspapier daher kurzfristig machbare Maßnahmen zur Fortentwicklung des EU-Kapitalmarkts vor.
24. April 2024
Verbriefungen – Schlüssel zur Transformation
Ohne privates Kapital werden die Investitionen in unsere Infrastruktur, die Digitalisierung und insbesondere die nachhaltige Transformation der Wirtschaft nicht zu stemmen sein. Die dafür benötigten Summen können nicht vom Staat bzw. der EU aufgebracht werden und übersteigen auch die Finanzierungsmöglichkeiten aller europäischen Banken zusammen. Diese Volumina können nur mit einer intelligenten Kombination der verfügbaren Kapitalquellen finanziert werden: Eigenmittel der Unternehmen, Bankkredite, Kapital-markt und öffentliche Förderung. Das Brückeninstrument hierfür sind Verbriefungen.
Bedeutung von Verbriefungen für die Transformation
Die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Deutschland finanziert sich traditionell über Kredite, die sie von den Banken erhält. Daher werden auch die notwendigen Investitionen in die Transformation über diesen Weg finanziert. Banken können jedoch nicht unbegrenzt Kredite vergeben. Sie unterliegen einem strengen Regelwerk, welches ihnen vorschreibt, wie viel eigenes Kapital sie für jeden ausgegebenen Euro Kredit bereithalten müssen. Bei den im Zuge der Transformation notwendigen Volumina wird schnell klar, dass Banken dies nicht allein stemmen können. Um den Banken die Möglichkeit zu geben, mehr Kredite an die Wirtschaft auszureichen, gibt es das Instrument der Verbriefung. Mit diesem wird eine Verbindung zum Kapitalmarkt und damit finanzkräftigen internationalen Investoren hergestellt. Dabei werden viele einzelne Kredite zu einem Paket zusammengefasst und am Kapital-markt angeboten. Internationale Investoren schauen sich diese Pakete an und investieren dann in die für sie interessanten Bereiche. Da ein signifikanter Teil der Kreditrisiken durch die Investoren übernommen wird, sinken die Risiken in den Bankbilanzen. Das dadurch freigewordene Eigenkapital können die Banken wieder dafür nutzen, um neue Kredite zum Beispiel für Transformationsinvestitionen an ihre Kunden auszureichen.
Maßnahmen zur Stärkung des Verbriefungsmarktes
Für die Zwecke der Transformationsfinanzierung dreht sich die Diskussion daher zunehmend um eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes. Denn europäische Verbriefungen sind infolge der Finanzkrise zu Unrecht in Verruf geraten. Dies belegen die sehr geringen Ausfallraten europäischer Verbriefungen vor, während und nach der Krise eindrucksvoll. Vor dem Hintergrund dieses Stigmas haben jedoch ursprünglich gut gedachte regulative und aufsichtliche Ziele zu teils praxisfernen Ergebnissen geführt. Um den Verbriefungsmarkt wiederzubeleben, muss daher jetzt an mehreren Stellschrauben gedreht werden: bei den regulatorischen Anforderungen, bei den aufsichtlichen Prozessen und auch der gelebten Marktpraxis. Das Ziel sollte sein, den Verbriefungsprozess in seiner Gesamtheit effizienter zu gestalten. Ein möglicher Effizienztreiber kann beispielsweise ein höheres Maß an Standardisierung sein. Die Verbriefung von Finanzierungen, die darauf abzielt, dass z. B. Unternehmen digitaler und nachhaltiger werden, oder von bestimmten Infrastrukturfinanzierungen, sollte Gegenstand für eine weitere Standardisierung des Verbriefungsprozesses sein. Mit Blick auf die aufsichtlichen Prozesse treiben Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten die Kosten für Banken derzeit zusätzlich in die Höhe. Auch in diesem Bereich gibt es Spielraum für ein effizienteres Vorgehen.
Position des Bankenverbandes
Der traditionell kreditfinanzierte deutsche Mittelstand wäre ein maßgeblicher Profiteur eines wieder-belebten europäischen Verbriefungsmarktes. Damit können die im Rahmen der Transformation erforderlichen Investitionen auch zukünftig ohne Einschränkungen und zu angemessenen Konditionen klassisch über den Bankkredit finanziert werden. Das aktuelle Positionspapier des Bankenverbandes zum Thema Verbriefungen finden Sie hier.
20. März 2024
European Money Week – Spielerisch zu mehr Finanzbildung
Finanzielle Bildung ist der Schlüssel, um am Wirtschaftsgeschehen und damit am alltäglichen Leben mitwirken zu können. Um insbesondere jungen Menschen mit Spaß Finanzwissen zu vermitteln, leistet der Bankenverband bereits seit vielen Jahren einen Beitrag. Finanzbildung ist jedoch kein rein nationales Thema. Die in dieser Woche zum 10. Mal stattfindende European Money Week nimmt daher den aktuellen Stand der Finanzkompetenz auf europäischer Ebene in den Fokus.
Mit sportlichem Ehrgeiz die Finanzbildung an Schulen stärken
Von nationalen Bankenverbänden und der Europäischen Bankenvereinigung EBF werden im Rahmen der European Money Week Hunderte von Events zur finanziellen Bildung in der gesamten EU und darüber hinaus organisiert. Die Aktivitäten reichen von Unterrichtseinheiten im Klassenzimmer über Seminare bis hin zum European Money Quiz, das in Deutschland vom Bankenverband betreut und durchgeführt wird. Allein für den deutschen Vorentscheid am Dienstag gingen in diesem Jahr rund 500 Schülerinnen und Schüler an den Start, die ihr Wissen zu Finanz- und Geldfragen testen und sich für das Europa-Finale am 18. und 19. April in Brüssel qualifizieren wollten. Der Wettbewerb im Rahmen der European Money Week ist ebenfalls Teil der parallel stattfindenden Global Money Week der OECD. Beide Initiativen verfolgen das Ziel, Kinder und Jugendliche früh die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten für mündige finanzielle Entscheidungen mit auf den Weg zu geben und für potenzielle Finanzrisiken zu sensibilisieren. Dabei ist das Mitwirken an European und Global Money Week nur eine von vielen Maßnahmen des Bankenverbandes, um jungen Menschen Finanzbildung spielerisch näherzubringen. Mit analogen und digitalen Materialien unterstützt der Verband beispielsweise Lehrkräfte dabei, finanzielle Themen einfach und sachgerecht im Unterricht zu behandeln. Zusätzlich können im jährlich stattfindenden Bankenplanspiel SCHULBANKER Jugendliche eine Bank führen und dabei die Hintergründe von unternehmerischen Finanzentscheidungen ebenso wie die grundlegenden Funktionen unserer Wirtschaft kennenlernen.
Bedeutung von Finanzbildung wird erkannt
Finanzielle Bildung ist entscheidend, um gerade junge Menschen zu befähigen, fundierte Finanzentscheidungen zu treffen und sich vor ökonomischen Risiken zu schützen. Eine höhere Finanzkompetenz wirkt sich positiv auf das Spar- und Investitionsverhalten und damit langfristig auf den Vermögensaufbau aus. Neben privaten Initiativen greift daher auch die Politik in Berlin und Brüssel die Vermittlung von Finanzwissen vermehrt auf. Die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU haben auf ihrer Februar-Tagung unter anderem mit der Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung unter dem Aspekt des Zugangs von Kleinanlegern zu Information, Vergleichsmöglichkeiten und attraktiven EU-weiten Sparprodukten beschäftigt. Fast zeitgleich organisierte die Europäische Kommission eine Konferenz über finanzielle Allgemeinbildung, der sich eine wissenschaftliche Fachtagung zur Finanzkompetenzforschung anschloss. Inzwischen liegen auch ein europäisches Rahmenwerk bezüglich der Finanzkompetenz für Erwachsene und ein entsprechender Rahmen für Kinder und Jugendliche vor. Das zeigt: Die Notwendigkeit, die Finanzbildung in der EU zu stärken, wurde zumindest erkannt.
Position des Bankenverbandes
Angebote wie die des Bankenverbandes können dazu beitragen, den Jugendlichen Finanzwissen näher zu bringen. Sie können die Vermittlung finanzieller Bildungsinhalte in den Schulen jedoch nicht ersetzen. Die auf europäischer Ebene angestoßenen Initiativen zur Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung, aber insbesondere auch die von BMF und BMBF angestoßene Initiative für finanzielle Bildung, sind daher notwendige Schritte. In Deutschland setzen sich zahlreiche Stakeholder mit dem Thema Finanzbildung auseinander. Wichtig ist nun, diese langfristig einzubinden. Als Beispiel kann hier Österreich dienen. Dort wurde nach der Veröffentlichung der nationalen Strategie ein regelmäßiger Austausch mit Stakeholdern etabliert, um in der Praxis bei der Vermittlung von Finanzwissen zu unterstützen.;
14. März 2024
Künstliche Intelligenz – Potenziale und spezielle Anforderungen im Finanzsektor
Datengetriebene Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz und Data Analytics verändern nahezu alle Bereiche der Wirtschaft. Auch im Finanzsektor wird die Bedeutung von KI deutlicher und bringt offene Fragen bezüglich der Anwendung und Risiken mit sich.
Potenziale von Künstlicher Intelligenz
KI schafft innerhalb der Finanzdienstleistungsbranche ein enormes Veränderungspotenzial. Neben einer hoch dynamischen Entwicklung in den Bankprozessen ermöglicht KI, das Kundenerlebnis auf eine neue Stufe zu heben. Privatkunden kommen bereits über KI-unterstützte Chatbots oder mobile Apps damit in Kontakt. Doch auch die Personalisierung von Produkten und die gezielte Nutzung von Daten zur Verbesserung von Dienstleistungen gewinnen für Verbraucher an Bedeutung. Mit Blick auf das Leistungsspektrum und den Kundennutzen hat KI jedoch weitaus größeres Potenzial. Nicht zuletzt erschafft KI eine neue Dimension von Mensch-Maschine-Interaktion. KI-generierte Bilder, Videos und die Ansprache menschlicher Sinne können beispielsweise Finanzdienstleistungen erlebbarer machen. Trotz der technologischen Chancen müssen jedoch auch die mit KI verbundenen Risiken beherrscht werden. Dazu zählen u.a. die Datensicherheit und die Qualität der Services, aber auch die Herausforderung, KI mit gesellschaftlichen Vorstellungen von Fairness, Transparenz und ethischem Verhalten in Einklang zu bringen.
Spezielle KI-Anforderungen
Der Einsatz von KI spielt in besonderem Maße für Banken eine Rolle, denn das Bankgeschäft ist im Kern ein Datengeschäft. Gemäß Branchenberichten nutzen bereits mehr als zwei Drittel der Banken und Versicherungen im deutschen Markt KI-Anwendungen. KI und Big Data haben mit Blick auf die Kundenschnittstelle, das operative Geschäft und das Risikomanagement zu zahlreichen Veränderungen geführt. Doch zukünftig wird sich auch die Wettbewerbslandschaft deutlich verändern, und zwar zwischen Banken, aber auch zwischen Banken und Nicht-Banken. Denn potenziell kann KI Nicht-Banken in die Lage versetzen, besser auf Kundenbedürfnisse einzugehen, als Banken – beispielsweise im Rahmen der Absatzfinanzierung in der Industrie. Zusätzlich sorgt der anhaltende Kostendruck für eine stärkere Automatisierung und Optimierung der internen und kundenbezogenen Geschäftsprozesse von Banken. Dies verstärkt wiederum den Trend zu Auslagerungen, beispielsweise durch die Nutzung von Cloud-basierten KI-Services. Das führt dazu, dass Risiken vermehrt auf Technologiedienstleister übertragen werden, die allenfalls unmittelbar der Finanzaufsicht unterliegen, und beträchtliche Abhängigkeiten entstehen können. Die Auseinandersetzung mit KI im Finanzsektor erfordert daher neben der technologischen und regulatorischen Seite auch eine starke Foresight-Komponente, um gerade die mittel- und langfristigen Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und auf die speziellen Anforderungen an den Finanzmarkt einzugehen.
Position des Bankenverbandes
Die Integration von KI im Bankensektor wird in den kommenden Jahren einen deutlichen Anstieg erleben. Ihre Implementierung ist jedoch kein trivialer Prozess, sondern erfordert eine gründliche Berücksichtigung von Regulierungs-, Sicherheits- und Technologieaspekten. Dafür braucht es einen verlässlichen Rechtsrahmen für KI-basierte Prozesse und Services. Dabei ist zu klären, ob eine faktische Abhängigkeit von nicht-europäischen Tech-Playern politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich tatsächlich vertretbar ist, oder nicht grundsätzlich verringert werden müsste. In diesem Kontext kommt dem Ziel, die europäische Souveränität auch und gerade für den Fall geopolitischer Verwerfungen zu bewahren, große Bedeutung zu. Neben der Vermeidung von Risiken ist es daher wichtig, dass die EU in der KI-Entwicklung nicht zurückbleibt, sondern eine Führungsposition einnimmt. In einer Veranstaltungsserie hat der Bankenverband mit verschiedenen Marktteilnehmern und politischen Akteuren die Chancen und offenen Fragen bezüglich der Anforderungen an den Finanzmarkt diskutiert. Einen kurzen Rückblick gibt es hier.
22. Februar 2024
Die Bedeutung von Sustainable Finance
Die Begrenzung des Klimawandels, der Schutz der Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung – all diese Aspekte haben in der gesellschaftlichen Diskussion zurecht eine hohe Bedeutung. Damit verbunden stellen sich Fragen der Finanzierung und die Auswirkung auf die Finanzbranche. Diese Dynamik wird durch zahlreiche Gesetzesinitiativen und Standards im Bereich Sustainable Finance verdeutlicht, die insbesondere kleine und mittelständische Kreditinstitute vor komplexe Herausforderungen stellen können.
Einordnung der Sustainable Finance Regulierung
Die EU hat sich verpflichtet, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Sie ist dabei bestrebt, Nachhaltigkeitsentwicklungen zu einem festen Bestandteil ihrer Finanzpolitik zu machen. Umfangreiche Regulierungsmaßnahmen auf EU-Ebene wirken darauf hin, Investitionen in nachhaltige Projekte zu lenken und den European Green Deal umzusetzen. Hierzu gehören bspw. die Nachhaltigkeitsklassifizierung und -berichterstattung, das ESG-Risikomanagement oder das Geschäft mit nachhaltigen Finanzprodukten. Auf internationaler Ebene werden diese Bestrebungen durch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaschutzabkommen und das Biodiversitätsabkommen abgebildet. Auch auf nationaler Ebene betrachtet die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip und Sustainable Finance als entscheidenden Hebel für die Transformation der Wirtschaft.
Rolle der Banken beim Umbau hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft
Banken nehmen in der Finanzierung der Transformation eine wichtige Schlüsselrolle ein. Ohne Bankkredite wird der zusätzliche Investitionsbedarf für das Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele nicht zu bewerkstelligen sein. Das Thema ESG betrifft dabei die Gesamtstrategie von Kreditinstituten. Banken haben ein inhärentes Interesse, dass ihre Kunden auch langfristig tragfähige, also zukunftsträchtige Geschäftsmodelle haben. Neben der Bewertung von Risiken nehmen Banken daher als Sparringspartner für Unternehmen eine bedeutsame Rolle ein, indem sie ihre Kunden beraten, beim Wandel in eine nachhaltige Zukunft begleiten und passende Finanzierungen bereitstellen. ESG-Aspekte können zudem einen grundlegenden Wandel von Geschäftsmodellen, Prozessen und Methoden der Unternehmen nach sich ziehen. Nachhaltigkeit spiegelt sich bei vielen Instituten mittlerweile in ihrer strategischen Ausrichtung wider. Mit eigenen ESG-Frameworks schaffen einige Institute zudem zusätzliche Transparenz, was die Klassifizierung und Bewertung von Finanzierungen gemäß Nachhaltigkeitsgesichtspunkten oder den Umgang mit kritischen Sektoren angeht. Sowohl intern als auch extern spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine entscheidende Rolle für Banken. Wichtig ist, dass die komplexen Regulierungsvorgaben auch für kleine und mittelständische Institute umsetzbar bleiben, damit sie eine treibende Kraft beim Umbau unserer Wirtschaft sein können.
Position des Bankenverbandes
Der enorme Finanzierungsbedarf, der für die erfolgreiche Transformation der Wirtschaft erforderlich ist, wird nicht ohne Banken zu bewerkstelligen sein. Dieser lässt sich nur mit dem Zusammenspiel verschiedener Finanzierungsinstrumente bewerkstelligen: Eigenmittel, Bankkredit, Kapitalmarkt und öffentliche Förderung. Um ihrer Rolle gerecht zu werden, brauchen Kreditinstitute einen handhabbaren regulatorischen Rahmen. Aufgrund der Veränderungen im Umwelt- und Sozialbereich und den damit einhergehenden konkreten Regulierungsmaßnahmen sehen sich Kreditinstitute jedoch mit teils komplexen Herausforderungen bei der Umsetzung konfrontiert. Für kleine und mittelständische Institute ist es besonders schwierig, angesichts der Fülle an Regulierungsvorgaben den Gesamtüberblick zu behalten und die relevanten Maßnahmen zielgerichtet umzusetzen. Die neue ESG-Broschüre des Bankenverbandes bietet hier eine Einordnung des aktuellen Stands an Maßnahmen und Anforderungen für Kreditinstitute (Link).
1. Februar 2024
Kapitalmarktunion: Nach Worten müssen nun auch Taten folgen
Die Bedeutung der europäischen Kapitalmarktunion ist mittlerweile auch im politischen Raum unbestritten. Europa braucht einen leistungsfähigen Banken- und Kapital-markt. Nur so kann sich Europa im weltweiten Wettbewerb aussichtsreich positionieren. Da-her ist es richtig und wichtig, dass dieser Aspekt in einigen Europawahlprogrammen aufgenommen wurde. Nun ist der nächste Schritt notwendig – die Umsetzung.
Kapitalmarktunion ermöglicht Wachstum und Investitionen
Viele der Herausforderungen, vor denen Wirtschaft und Gesellschaft stehen, gehen mit einem wach-senden Kapitalbedarf einher. Die notwendigen Klima- und Transformationsaufgaben, die Sicherung des Wohlstands für zukünftige Generationen, der Erhalt der globalen Wettbewerbsfähigkeit und die Modernisierung unseres Standorts erfordern kapitalintensive Investitionen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt hat unterstrichen, dass öffentliche Gelder hierfür nur begrenzt zur Verfügung stehen. Vielmehr bedarf es eines Dreiklangs von öffentlichen Mitteln, Bankkrediten und dem Kapitalmarkt. Die Sicherung der globalen Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit der EU verlangt auch angemessene Finanzierungsbedingungen. Ein europäischer leistungsfähiger Kapital-markt ist daher unabdingbar. Dem Aufruf, die Hindernisse für Wachstum und Wohlstand in Europa gemeinsam zu beseitigen, sollte schnell und pragmatisch gefolgt werden.
Notwendige Anpassungen am nationalen und europäischen Rahmenwerk
Anleger und Investoren benötigen einen EU-weit unkomplizierten Zugang zum Kapitalmarkt. Um den grenzüberschreitenden Markt zu stärken und attraktiver zu machen, sollte die Liquidität mehr in den Vordergrund rücken. Die bestehende Regulierung ist dahingehend anzupassen. Zusätzlich sollte zur Vertiefung des Marktes das Instrument der Verbriefung gefördert werden. Der EU-Verbriefungsmarkt macht bisher gerade einmal ein Zwölftel des amerikanischen Marktes aus. Hier liegt ein enormes Potenzial: Investoren können durch die Verbriefung von Krediten an der Finanzierung der notwendigen Klima- und Transformationsinvestitionen direkt beteiligt werden. So kann auch der (kreditfinanzierte) Mittelstand vom Kapitalmarkt profitieren. Mit mehr Verbriefungen wird zudem Spielraum in den Bankbilanzen geschaffen für zusätzliche Kredite an die Wirtschaft. In steuerlicher Hinsicht kann die Attraktivität der Kapitalmärkte steigen, wenn die bestehenden Regelungen für die Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen in der EU modernisiert werden und ein EU-weit einheitliches Quellensteuererstattungsverfahren eingeführt wird. Auch die Überarbeitung der EU-Richtlinien für Finanzsicherheiten und für Finalität wäre ein gezielter Ansatz. Der für die Bürger unmittelbarste Aspekt der Kapitalmarktunion ist die Nutzung des Kapitalmarktes zur Sicherung des Lebensstandards. Auf nationaler Ebene kann dies durch gezielte Anreize zur kapitalmarktgedeckten privaten Altersvorsorge geschehen.
Ein leistungsfähiger europäischer Banken- und Kapitalmarkt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Europa souverän in die Zukunft gehen kann. Nicht nur die Resilienz ist hierbei von Bedeutung. Ohne attraktive Kapitalmärkte wird es keinen Green Deal geben – zumindest nicht so schnell, wie es angesichts der globalen Entwicklungen notwendig ist. Angesichts der weiter zunehmenden geopolitischen Risiken gehört der Finanzsektor zu den strategischen Schlüsselindustrien. Daher ist es wichtig, neben Stabilität und Marktintegrität vor allem auch die Liquidität zu befähigen. An einem liquiden Markt finden Investoren jederzeit einen fairen Preis für Kapitalmarktprodukte. Die hieraus resultierende Stärke des Marktes steigert auch die Stabilität des Finanzsektors und wird dadurch zu einer tragenden Säule für Unternehmen und Bürger. Daher ist es unabdingbar, nach vielen positiven Worten zur Kapitalmarktunion nun Taten folgen zu lassen.
16. Januar 2024
Der Digitale Euro und die finanzielle Inklusion
Die finanzielle Inklusion wird immer wieder als ein wesentlicher Grund für die Einführung eines digitalen Euro angeführt. Die Sicherstellung des Zugangs zu Finanzdienstleistungen ist unbestritten ein bedeutsames Ziel. Die europäische Gesetzgebung greift es daher im Rahmen des European Accessibility Acts auf, mit der Absicht, den Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern so barrierefrei wie möglich zu gestalten.
Ein Rechtsrahmen für finanzielle Inklusion besteht bereit
Alle Verbraucherinnen und Verbraucher sollten am Wirtschaftsleben teilnehmen können. Erst im Juni letzten Jahres hat die EU-Kommission daher im Rahmen ihrer Vorschläge für die Zahlungsdiensteverordnung detaillierte Vorgaben für die einfache Anwendbarkeit von digitalen Zahlungsdiensteangeboten gemacht. Diese sollen die finanzielle Teilhabe für Zahlungsdienstenutzer verbessern, inklusive von Personen mit Beeinträchtigungen, älteren Personen und solchen mit wenigen oder keinen digitalen Kenntnissen. Zudem ermöglicht der bestehende Rechtsanspruch auf ein Basiskonto den Zugang zu einem Zahlungskonto für alle Verbraucherinnen und Verbrauchern mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union inklusive Personen ohne festen Wohnsitz oder ohne Aufenthaltstitel. Zu den Mindestdienstleistungen eines Basiskontos zählt unter anderem die Ausgabe einer Zahlungskarte, die die Teilnahme am unbaren Zahlungsverkehr ermöglicht. Branchen- und Verbraucherverbände sind sich daher weitgehend einig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen haben.
Zweifelhafter Mehrwert steht nicht in Relation zur Umsetzungskomplexität
Bevor ein Digitaler Euro als Ergänzung bestehender Instrumente für die finanzielle Inklusion eingeführt wird, sollte geklärt werden, ob dieser bei der betroffenen Zielgruppe auf Akzeptanz stoßen würde. Bereits gemachte Erfahrungen mit der Geldkarte in Deutschland zeigen, dass eine an gewissen Stellen mit Bargeld aufladbare Digital-Euro-Karte es schwer haben wird, ausreichend Zuspruch zu finden und der Nutzen für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher begrenzt sein dürfte. Der vermutlich geringen Zahl an Anwendungsfällen stehen zudem hohe Hürden bei der Umsetzung entgegen. Beispielsweise müssten allein in Deutschland 55.000 Geldautomaten umgerüstet werden, obwohl der Service vermutlich nur von einer kleinen Kundengruppe genutzt würde, die ebenso Zugriff auf ein Basiskonto hat. Die Einführung einer Digital-Euro-Karte wird ein Bankkonto zudem nie vollständig ersetzen können, da dieses für eine Reihe von Transaktionen im täglichen Leben (z. B. Miete) weiterhin essenziell ist.
Die finanzielle Inklusion von Betroffenen wird bereits heute in Kooperation mit den Banken durch den europäischen Rechtsrahmen sichergestellt. Ein zusätzliches Instrument, wie z. B. der Digitale Euro, würde für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher keinen zusätzlichen Mehrwert im Be-reich der finanziellen Inklusion schaffen. Das Basiskonto bleibt zur Sicherstellung der Teilhabe am Wirtschaftsleben die beste und präferierte Lösung. Sollten dennoch Zweifel an der Wirksamkeit der bestehenden Regelungen bestehen, erscheint es sinnvoll, Verbesserungen beim Rechtsanspruch auf ein Basiskonto und in den Vorschlägen für die Überarbeitung der Zahlungsdiensterichtlinie vorzunehmen. Ein zusätzlich angebotenes Instrument mit geringem Mehrwert könnte die Situation für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher stattdessen eher verkomplizieren als vereinfachen.