Die Uhr tickt, das Ende der Übergangsphase rückt immer näher, Anzeichen für relevante Fortschritte in den Verhandlungen gibt es jedoch nicht. Politik und Wirtschaft müssen sich daher auf verschiedene Entwicklungen vorbereiten – inklusive des Szenarios, dass das Vereinigte Königreich trotz langjähriger EU-Mitgliedschaft ein einfacher Drittstaat wird, mit dem es kein Handelsabkommen gibt.
Ein vergleichbares „cliff edge“-Szenario hatte es bereits bei den Verhandlungen über das Austrittsabkommen gegeben. Damals wurden die notwendigen Notfallmaßnahmen getroffen. Viele Banken beispielsweise haben die notwendigen Lizenzen beantragt und erhalten, um auch weiterhin auf beiden Seiten des Kanals Geschäfte tätigen zu können. Das Angebot und der Umfang spezifischer über London laufender Finanzaktivitäten ist jedoch so groß, dass diese nicht vollumfänglich verlagert werden können. Zum Nutzen der Markt- und Finanzstabilität und damit der Wirtschaft und Gesellschaft auf beiden Seiten des Kanals muss daher ein harter Bruch vermieden werden.
Klarheit und Planungssicherheit – Finanzdienstleistungen im Freihandelsabkommen
Nach Ablauf der Übergangsperiode werden die "Passporting"-Rechte für Finanzdienstleister und der durch sie ermöglichte volle Marktzugang aus UK in die EU und umgekehrt wegfallen. Von daher müssen Marktzugangsfragen frühzeitig über das Freihandelsabkommen oder den Äquivalenzmechanismus geklärt werden. Die Berücksichtigung der Rahmenbedingungen für Finanzdienstleistungen im Freihandelsabkommen wird für Klarheit und Planungssicherheit sowie für finanzielle Stabilität sorgen. Die Rahmenbedingungen sollten regelmäßige regulatorische und aufsichtliche Dialoge zwischen der EU und UK vorsehen. Zudem sollten spezifische Bereiche von systemischer Bedeutung, wie Zahlungssysteme und Clearingstellen, berücksichtigt werden.
Marktzugang über den Äquivalenzmechanismus
Gemäß den Verhandlungsmandaten der EU und UK würde ein Freihandelsabkommen höchstens die Rahmenbedingungen für den Marktzugang bei Finanzdienstleistungen beinhalten. Mithin ist der Äquivalenzmechanismus von großer Bedeutung, der für bestimmte Finanzdienstleistungen einen Marktzugang regelt und sich bereits bei vielen anderen Drittstaaten, wie zum Beispiel den USA oder Japan, bewährt hat. Die EU hat zugesagt, die Prüfungen hierfür bis Ende Juni abzuschließen. Die dann noch erforderlichen Entscheidungen sollten zeitnah getroffen werden, um den Finanzdienstleistern Planungssicherheit zu geben.
Unterstützende Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs
Es gibt zudem weitere Bereiche, die hinsichtlich der künftigen Beziehungen zwischen der EU und UK eine entscheidende Rolle spielen werden. Zu den notwendigen Maßnahmen gehören die weitere Stärkung des EU-Binnenmarktes und der Marktinfrastruktur, die Schaffung der Rahmenbedingungen für einen sicheren und reibungslosen Datenaustausch, die Vermeidung widersprüchlicher Regulierungsrahmen, die Schaffung der Rahmenbedingungen für Beschäftigung und Entsendung von Arbeitskräften sowie die Gewährung einer ausreichenden Anpassungsphase nach der Übergangsperiode.
Der Bankenverband stellt in einem Positionspapier die aus seiner Sicht derzeit wichtigsten Maßnahmen für die Erleichterung des Übergangs und die Etablierung einer belastbaren künftigen Beziehung für die Finanz- und Bankenwirtschaft vor.