Die Inflationsrate in Deutschland ist zuletzt zwar etwas gesunken – an den Preisen für Nahrungsmittel liegt das allerdings nicht: Diese sind im ersten Quartal 2023 im Durchschnitt um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Besonders extrem war der Preisanstieg beim Zucker: Gegenüber dem März 2022 hat er sich um 70,9 Prozent verteuert.
Gründe für den Preisanstieg
Aber warum ist gerade der Zucker so viel teurer geworden? Was sind die Besonderheiten dieses Produkts? Zunächst hat das Wetter eine Rolle gespielt, denn vor allem in Frankreich (neben Deutschland das zweite wichtige Herstellerland von Zuckerrüben in Europa) ist die Ernte im vergangenen Jahr wegen mehrerer Hitzewellen und der damit verbundenen Dürre schlecht ausgefallen. Doch auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Einfluss auf die Preisentwicklung, hat dieser doch zu deutlich höheren Kosten für Treibstoffe, Düngemittel und Dienstleistungen geführt. Um diese gestiegenen Produktionskosten auszugleichen, sind die Rübenpreise deutlich angehoben worden. Für den Haushaltszucker kommt noch hinzu, dass Händler und Hersteller in regelmäßigen Abständen die Preise für die Waren neu verhandeln, was den sprunghaften Anstieg in den vergangenen Monaten möglich gemacht hat.
Denkbar wäre, dass die Preise durch einen höheren Import aus Übersee unter Druck geraten und wieder sinken. Schließlich ist Brasilien der größte Zuckerproduzent der Welt, gefolgt von Indien. Erst an dritter Stelle kommt die EU. Und gerade der Zuckerrohr aus Brasilien ist in aller Regel preiswert. Aufgrund von Zöllen und Transportkosten spiele importierter Zuckerrohr-Zucker für die Preise hierzulande allerdings nur bedingt eine Rolle, sagen Experten, zudem schrecke die Stärke der brasilianischen Währung die Zuckerproduzenten in Brasilien derzeit vor Exportverkäufen ab. Indien wiederum habe seinerseits die Zuckerexporte zurückgefahren, weil die Produktion niedriger als erwartet ausgefallen ist.
Zuckerrohr für Biokraftstoffe
Schließlich ermutigten die erhöhten Ethanol-Preise die Zuckerrohrproduzenten dazu, ihre Ernten lieber für die rentablere Beimischung von Biokraftstoff einzusetzen statt für die Herstellung von Zucker. Das hat dazu geführt, dass der Zuckerpreis jetzt auch vom Ölpreis und von der Nachfrage nach Kraftstoffen beeinflusst wird. Ein steigender Ölpreis führt in der Regel dazu, dass auch der Preis für Zucker steigt.
Wie geht es mit dem Zuckerpreis weiter? Expertinnen und Experten nennen drei Aspekte, auf die es nun ankomme: die Nachfrage nach Kraftstoffen auf dem Weltmarkt, die Produktions- und Logistikkosten sowie die Erntemengen. Wenn die Konjunktur und damit die Nachfrage nach Ethanol sinke, die Energie- und Düngerpreise sich normalisierten und die Ernten gut ausfielen, würden die Preise für Zucker wieder sinken.
Fast 80 Prozent des in Deutschland erzeugten Zuckers nutzten die Lebensmittel- und die Getränkeindustrie, weswegen damit gerechnet werden muss, dass es in diesem Segment ebenfalls zu Preiserhöhungen kommt. Allerdings bestehen Süßigkeiten nicht nur aus Zucker, und der Preis wird auch nicht allein aus den Zutaten gebildet. Die Tafel Schokolade wird also nicht um 70 Prozent teurer, sondern um einen deutlich geringeren Prozentsatz.