Deutschland ist das einzige EU-Land mit mehr Mietern als Eigentümern. Der Anteil der Eigentümer sank im vergangenen Jahr sogar von 49 auf 47 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat kürzlich mitteilte. EU-weit ging die Eigentümerquote laut Eurostat zwar ebenfalls zurück, und zwar um knapp einen Prozentpunkt. Doch im EU-Durchschnitt beträgt das Verhältnis 69 Prozent Eigentümer zu 31 Prozent Mieter. Besonders hoch ist die Eigentümerquote in östlichen EU-Ländern wie Rumänien (95 Prozent), der Slowakei (93 Prozent), Kroatien (91 Prozent) und Ungarn (90 Prozent). Die geringsten Eigentümerquoten außerhalb Deutschlands gibt es in Österreich (51 Prozent), Dänemark (60 Prozent) und Frankreich (63 Prozent). Außerhalb der EU hat die Schweiz einen noch geringeren Eigentümeranteil (42 Prozent) als Deutschland.
Woran aber liegt es, dass es hierzulande so wenige Eigentümer gibt und in der Bundesrepublik eine ausgeprägte „Mieterkultur“ herrscht, vor allem in den urbanen Ballungsräumen? In Berlin etwa liegt die Eigentümerquote sogar unter 20 Prozent.
Wohnungsbau nach dem Krieg
Zunächst führen Fachleute historische Gründe für die niedrigere Wohneigentumsquote an. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe in der Bundesrepublik Kapital gefehlt, während gleichzeitig schnell Wohnraum geschaffen werden musste. 20 Prozent des Wohnungsbestandes in Westdeutschland waren schließlich zerstört, zudem strömten Flüchtlinge aus dem Osten ins Land, die alles verloren hatten. 1950 fehlten 4,5 Millionen Wohnungen. Deswegen habe der Staat sehr schnell und einfach im Mietwohnungsbau gebaut und sich später langsam aus dem Bereich zurückgezogen.
Auch nachdem der Wohnungsmarkt bald nach dem Krieg liberalisiert wurde, lohnte es sich für Investoren in Westdeutschland weiterhin, Geld in Mietwohnungen zu stecken. Der Staat förderte den sozialen Wohnungsbau mit Zuschüssen, Bürgschaften und der Möglichkeit zu Abschreibungen für die Bauherren. Und weil die Mieten lange günstig geblieben waren, seien die Menschen auch gerne und lange in den Mietwohnungen wohnen geblieben.
Im Osten Deutschlands wiederum, in der damaligen DDR, wurden die Mietwohnungen so stark subventioniert, dass sich Eigentum kaum gelohnt habe; ohnehin war Wohneigentum in der DDR nur eingeschränkt möglich. Folge: Die Eigentümerquote in den neuen Bundesländern war nach der Wende noch niedriger als im Westen und ist es bis heute. Dass die Quote in den anderen post-kommunistischen Ländern viel höher ist, lässt sich übrigens darauf zurückführen, dass die Staaten nach der Wende von 1989 die Wohnungen den Mietern günstig überlassen haben. Die meisten dieser Immobilien wiesen allerdings einen hohen Sanierungsbedarf auf.
In Deutschland sind die Mietwohnungen hingegen von durchschnittlich höherer Qualität als die Eigentumswohnungen in vielen EU-Ländern. Und auch das Mietrecht hat sich so entwickelt, dass es wenig Anreiz gab, die Mietwohnung zu verlassen. Dazu zählen etwa Aspekte wie Wohngeld für einkommensschwache Mieter, der hohe Kündigungsschutz und viele andere gesetzlich vorgeschriebene Regelungen, die den Mieter schützen sollen.
Hohe Bau- und Nebenkosten
Ein weiterer wichtiger Grund für die niedrige Eigentumsquote: Bei den Baukosten liegt Deutschland im internationalen Vergleich ganz oben. Dies hat auch mit der traditionell sehr massiven Bauweise in Deutschland, den immer höheren energetischen Anforderungen und nicht zuletzt mit den stark gestiegenen Rohstoff- und Baustoffpreisen zu tun. Obendrein kommen noch weitere Kosten hinzu: So verdient die öffentliche Hand an den Erschließungskosten für Baugrundstücke und vor allem an der Grunderwerbsteuer, die je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises beträgt. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iw) hatte vor wenigen Jahren ergeben, dass Immobilienkäufer in Deutschland durchschnittlich 5,5 Monatsgehälter für die Grunderwerbsteuer aufwenden – und allein dafür (ebenfalls im Durchschnitt) vier Jahre sparen müssen.
Die Deutsche Bundesbank, die vor einiger Zeit die Gründe für die niedrige Eigentümerquote untersucht hatte, empfiehlt zudem, dass es auch bei selbstgenutztem Wohneigentum möglich sein sollte, die Kreditzinsen von der Steuer abzusetzen. Dies ist bislang nur für vermietete Immobilien möglich, da Eigentümer ihre Mieteinnahmen versteuern müssen. Sollte dies künftig allen Eigentümerinnen und Eigentümern möglich sein, könnte auch dies den Erwerb von Immobilien erschwinglicher machen.
Immobilien sind in Deutschland nicht unbedingt teurer als in anderen EU-Staaten, jedenfalls dann nicht, wenn man den durchschnittlichen Quadratmeterpreis in Großstädten mit dem durchschnittlichen Einkommen vergleicht. Aber Käufer benötigen neben einem stabilen Einkommen mehr Eigenkapital als in vielen anderen europäischen Ländern, damit die Bank ihnen einen Hypothekenkredit gibt – 20 bis 30 Prozent sind die Regel. Das verkompliziert den Kauf, macht ihn für viele Menschen sogar unmöglich, schützt den Erwerber aber auch davor, sich finanziell zu übernehmen, wie dies in der Vergangenheit etwa in den USA oder in Spanien der Fall gewesen ist, und trägt zur Stabilität der Finanzmärkte bei.