Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer monatlich bald mehr Geld in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen müssen? Sowohl die finanzielle Lage der Kassen als auch Äußerungen des Bundesgesundheitsministers deuten in diese Richtung. Zum Jahresende 2022 belief sich das Defizit in der Pflegeversicherung auf rund 2,2 Milliarden Euro. Zugleich lag die Liquiditätsreserve bei rund 5,7 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden Euro unter der gesetzlich vorgesehenen Höhe. Dank Rücklagen und Steuerzuschüssen lässt sich das Defizit in diesem Jahr noch ausgleichen. Angesichts der prekären Finanzlage hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Versicherten aber auf steigende Beiträge eingestellt. Derzeit liegen sie bei 3,05 Prozent bzw. bei Kinderlosen 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens und werden hälftig von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen.
Steigende Eigenanteile
Dass die Schere zwischen Beitragseinnahmen und Ausgaben immer weiter auseinandergeht, weil Letztere steigen, hat mehrere Ursachen. Zu den wichtigsten zählt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich zunimmt und die Pflegekräfte inzwischen besser bezahlt werden. Doch die höheren Kosten können nicht alleine durch die Beitragszahler gestemmt werden, sondern gehen schon heute zu Lasten der Pflegebedürftigen: Die Eigenanteile für vollstationäre Pflege haben sich – trotz einer Reform zur finanziellen Entlastung Pflegebedürftiger – allein seit Januar 2022 um 278 Euro pro Monat oder 13 Prozent auf nun durchschnittlich 2.411 Euro im Monat erhöht. In den fünf Jahren seit 2018 ist dieser Eigenanteil demnach sogar um 639 Euro im Monat oder 36 Prozent gestiegen. Nicht nur die gestiegenen Löhne für das Pflegepersonal machen sich hier bemerkbar, sondern auch der Ausbau gesetzlicher Pflegeleistungen und die allgemeinen Preissteigerungen. Letztere drücken sich u.a. in höheren Lebensmittel- und Heizkosten für die Heime aus. Ein weiterer Kostenschub stehe mit den von Juli an geltenden neuen Vorschriften zur Personalausstattung von Heimen vor der Tür.
Wer Pflege braucht und den Eigenanteil nicht zahlen kann, muss Sozialhilfe beantragen. Wie die amtliche Statistik zeigt, hat sich die Zahl der über 80-Jährigen, die Sozialhilfe für vollstationäre Pflege erhalten, schon in den fünf Jahren bis 2021 um ein Fünftel auf 190. 000 erhöht; neuere Daten gibt es noch nicht. Das wiederum bringt die Kommunen als Sozialhilfeträger unter Druck: Aus ihren Reihen ist daher die Forderung nach höheren Leistungen der Pflegeversicherung und einer automatischen Anhebung ihrer Leistungssätze zu hören. Unter wirtschaftlichem Druck stehen aber trotz höherer Eigenanteile auch die Heimbetreiber – ob privat oder gemeinnützig: Angesichts fehlender Erlöse und stark steigender Kosten warnen sie für dieses Jahr vor einer Welle von Insolvenzen.