Wasserzeichen
FinanzbildungSchulbank

Weltbank-Reform: Armutsbekämpfung und Klimaschutz

19.10.2023Artikel
Dr. Henrik Meyer
background
hero

Die Weltbank ist mit jährlichen Ausleihungen und Zuschüssen von mehr als 100 Milliarden US-Dollar der mit Abstand größte Entwicklungsfinanzierer der Erde. Bislang allerdings zielen ihre deutlich zinsverbilligten Kredite fast ausschließlich darauf ab, in einem bestimmten einzelnen Land etwa die Lebensmittelversorgung oder die Schulbildung zu verbessern. Doch damit ist den Bedürfnissen der Entwicklungsländer nicht mehr ausreichend Genüge getan; gerade sie leiden an Problemen wie klimabedingte Naturkatastrophen, Pandemien oder Preiserhöhungen für lebenswichtige Güter. 

Neues Leitbild in Marrakesch

Die 189 Mitgliedstaaten der Weltbank haben daraus nun Konsequenzen gezogen und auf der jüngst zu Ende gegangenen Herbsttagung von IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank in Marrakesch ein neues Leitbild für die internationale Entwicklungspolitik entwickelt. Künftig sollen Armutsbekämpfung und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Hand in Hand gehen. Haupttreiber dieser Reform sind neben Weltbankpräsident Banga US-Finanzministerin Janet Yellen und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze.

Konkret bedeutet dies: Durch veränderte Kreditkonditionen soll es für Empfängerstaaten zukünftig größere Anreize geben, in Projekte zu investieren, die nicht allein ihrem eigenen, sondern einem umfassenderen Nutzen dienen, also zum Beispiel der grenzüberschreitenden Bekämpfung ansteckender Krankheiten. Auch sollen insbesondere Projekte gefördert werden, bei denen die Armutsbekämpfung etwa mit dem Klimaschutz kombiniert wird. Als Beispiel nannte die amerikanische Finanzministerin Agrarprogramme, die nicht auf hohen Pestizideinsatz, sondern auf dürreresistente Pflanzen und eine effiziente Wassernutzung setzen. Außerdem will die Weltbank Ländern, die von Naturkatastrophen betroffen sind, künftig die Zins- und Tilgungszahlungen stunden. 

Mehr Kapital notwendig

Doch es geht nicht nur darum, dass Gelder anders verliehen werden, es soll (und muss) zukünftig auch mehr Kapital zur Verfügung stehen, um die Probleme in den Entwicklungsländern wirkungsvoll angehen zu können. Damit dies gelingt, will die Weltbank mehr privates Kapital einwerben, zugleich aber auch risikobereiter werden und weniger Eigenkapital für vergebene Kredite vorhalten. Bislang sind es für jeden Dollar, den sie ausleiht, 20 Cent Eigenkapital; künftig sollen es nur noch 19 Cent sein. Was nach einer marginalen Änderung klingt, trägt maßgeblich dazu bei, dass die Bank in den kommenden zehn Jahren 50 Milliarden Dollar mehr ausgeben kann.

Hinzukommen sollen sogenannte hybride Finanzierungsinstrumente, bei denen die Bundesregierung Vorreiter ist. Sie will eine Art Anleihe der Weltbank erwerben und damit 305 Millionen Euro an eigenkapitalähnlichen Mitteln in deren Kasse spülen. Die Bank könnte so zusätzlich 2,6 Milliarden Dollar ausleihen. Auch Staaten wie die USA stehen hier in den Startlöchern. Andere Länder wollen der Weltbank mit unterschiedlichen Formen von Garantien helfen. Insgesamt soll die Weltbank über zehn Jahre hinweg durch die Finanzinstrumente zusätzliche Kredite im Umfang von 150 Milliarden bis 175 Milliarden Dollar bereitstellen. 

Nicht wenige Entwicklungsländer sehen die Reformpläne allerdings auch kritisch. Sie fürchten, dass die Weltbank zur reinen „Klimabank“ werden könnte – und sie selbst am Ende weniger Geld für die klassische Armutsbekämpfung erhalten.