Wer beeinflusst mit welchen Mitteln die Politik? Diese Frage stellen sich Bürgerinnen und Bürger sowie Medien nicht erst seit dem Skandal um Coronaschutz-Masken oder der Debatte um die Pipeline Nordstream2. Zwei Beispiele, die insgesamt ein falsches Licht auf den Lobbyismus in Deutschland werfen. Daher ist es richtig, dass der Gesetzgeber mit dem Lobbyregister nun für mehr Transparenz im politischen Entscheidungsprozess sorgt. Wir als Bankenverband unterstützen dieses Vorhaben und stehen seit langem für Transparenz im Dialog mit der Politik.
Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft ist für uns ein natürlicher Bestandteil einer pluralen Demokratie. Verschiedene Meinungen müssen formuliert und in den politischen Prozess eingebracht werden. Für die Abwägung der Meinungen und den Interessensausgleich ist dann natürlich die Politik zuständig. Im Übrigen trägt guter Lobbyismus auch dazu bei, dass die Informationsbasis von Politik und Behörden bei ihren Entscheidungen verbessert wird.
Das zum Jahresanfang in Kraft getretene Gesetz sieht insbesondere eine Registrierungspflicht für alle Personen vor, die Kontakt zu Mitgliedern des Bundestages oder der Bundesregierung aufnehmen, um Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen. Zudem müssen Angaben über den personellen und finanziellen Aufwand eingestellt werden. Die Daten sind bis spätestens Ende Februar zu liefern. Das Register ist schon jetzt öffentlich einsehbar.
Der Bankenverband – wie auch die anderen großen Industrieverbände – begrüßt diese Maßnahmen ausdrücklich. Sie verhelfen zu mehr Transparenz und stärken das Vertrauen in den politischen Entscheidungsprozess. Wer mit welchen Interessen und Vorschlägen bei der Politik vorstellig wird, gehört nicht ins Hinterzimmer, sondern auf die offene Bühne. Die Einführung des Transparenzregisters war insofern überfällig
Auch wenn das Gesetz noch nicht perfekt ist – etwa mit Blick auf den Anwendungsbereich, die zahlreichen Ausnahmen von der Registrierungspflicht oder den legislativen Fußabdruck – ist zumindest ein erster großer Schritt getan.
Bankenverband mit eigenem Verhaltenskodex
Neben den Registrierungspflichten sieht das Gesetz einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter vor. Der Bankenverband hat sich diesen bereits vor mehreren Jahren freiwillig gegeben. Unsere Standards definieren unsere Leitlinien für Transparenz und Offenheit.
Dazu gehört schon bisher, dass alle im Bereich der politischen Interessenvertretung des Bankenverbandes tätigen Personen Mitarbeitende des Bankenverbandes sind und sich namentlich zu erkennen geben. Wir schulen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig in Fragen und im Verhalten des Lobbyings.
Wir veröffentlichen alle Stellungnahmen gegenüber Deutschem Bundestag und Europäischem Parlament sowie Bundesregierung und Europäischer Kommission auf unserer Website.
Die Vertretung unserer Interessen beruht auf sachlichen und belegbaren Argumenten, die wir nach bestem Wissen und Gewissen erstellen und die unserem jeweiligen Wissensstand entsprechen. Dabei legen wir die Geschäftsinteressen, die unseren politischen Positionen zugrunde liegen, offen.
Dabei handeln wir parteipolitisch neutral, bieten jedoch politischen Gruppen, die die Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung angreifen, weder in unseren Veranstaltungen noch in unseren Publikationen ein Forum.
Wir leisten als Verband keine Spenden und kein Sponsoring an politische Parteien, Politikerinnen und Politiker oder Menschen, die für ein öffentliches Amt kandidieren.
Lobbyregister noch nicht perfekt
Ungeachtet der Einschätzung, dass das Lobbyregistergesetz ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz im Lobbying ist, muss sich angesichts der Angaben der berichtspflichtigen Akteure nun zeigen, inwieweit diese bei ihren Eintragungen von einem einheitlichen Verständnis ausgegangen sind. Denn viele auf den ersten Blick eindeutige Vorgaben unterliegen am Ende doch zum Teil erheblichen Interpretationsspielräumen.
Dies betrifft schon die namentliche Benennung der Beschäftigten, welche regelmäßig unmittelbares Lobbying betreiben, und die Frage, wie weit man den Kreis dieser Personen ziehen sollte. Da wir auch hier keine Scheu vor weitgehender Transparenz haben, tragen wir zusätzlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verbandes, die unmittelbar Lobbying betreiben könnten, namentlich im Register ein.
Komplexer stellen sich die Angaben zu den finanziellen Aufwendungen dar. Auch wenn die anzugebenden Kostenarten im Gesetz genau vorgegeben sind, kann die inhaltliche Abgrenzung, welche Mittel unmittelbar der Interessenvertretung zuzurechnen sind, gewiss unterschiedlich ausfallen. Eine Konkretisierung der Vorgaben könnte hier die Vergleichbarkeit der Informationen noch erhöhen.
Eine gewisse Unschärfe bei der Einordnung der Lobbykosten ergibt sich auch dadurch, dass die Formulierungen des Gesetzes bei einem erheblichen Teil der Kosten Doppelangaben zur Folge haben, mithin damit die Ausgaben für Interessenvertretung viel höher erscheinen lassen als sie tatsächlich sind. Das kommt, am Beispiel des Bankenverbandes betrachtet, dadurch zustande, dass die anteiligen Mitgliedsbeiträge unserer Institute zum einen in unseren Lobbykosten und zum anderen auch in den finanziellen Aufwendungen der einzelnen Banken enthalten sind. Die Kumulation aller Zahlen einer Branche kann also zu Verzerrungen führen.
Irritationen könnte auch die unterschiedliche Definition von Lobbyaufwand auf deutscher und europäischer Ebene auslösen. Da das Lobbyregistergesetz eine weitergehende Einbeziehung von Verbandsleistungen, insbesondere auch Kosten der Vorbereitung von Positionen, verlangt, resultiert daraus ein deutlich höher ausgewiesener Aufwand für das deutsche als für das europäische Lobbying.
Die Arbeit ist also vielleicht noch nicht ganz getan, aber das Lobbyregistergesetz ist dennoch ein großer und begrüßenswerter Fortschritt. Die praktischen Folgen des Lobbyregisters und die politische Diskussion darüber werden zeigen, ob und inwieweit eine Nachschärfung der Regeln notwendig sein wird.