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Finanzielle Gleichstellung von Frauen: Fortschritte im Tempo einer Schnecke

07.03.2024Artikel
Christian Jung
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Frauen haben im Vergleich zu Männern immer noch deutlich weniger frei verfügbares Einkommen; sie können weniger Geld zurücklegen und fühlen sich im Alter finanziell schlechter abgesichert. Das zeigt die aktuelle repräsentative Umfrage des Bankenverbands anlässlich des Internationalen Frauentags 2024.

Frauen sind weiterhin finanziell schlechter gestellt als Männer

Finanzielle Unabhängigkeit ist für jeden Einzelnen eine wichtige Voraussetzung für individuelle Freiheit und Selbstbestimmung. Dass Frauen in dieser Hinsicht im Nachteil sind, ist keine wirklich neue Erkenntnis. Gerade erst haben das Daten des Statistischen Bundesamtes und der Weltbank noch einmal bestätigt. Ernüchternd ist allerdings, dass die Fortschritte in der finanziellen Gleichstellung von Frauen, wenn überhaupt, nur im Schneckentempo vorankommen. 

So beurteilen Frauen weiterhin ihre wirtschaftliche Situation im Vergleich zu den befragten Männern seltener als „sehr gut“ (8 vs. 13%) und häufiger als „nicht so gut“ bzw. „schlecht“ (32 vs. 27%). Diese Wahrnehmung findet seine Entsprechung im konkreten finanziellen Spielraum, den Männer und Frauen im Lebensalltag haben. Zwar ist das frei verfügbare Einkommen bei Männern und Frauen gegenüber dem Vorjahr gleichermaßen gestiegen, doch der Abstand zwischen den Geschlechtern hat sich nicht verändert: Nach wie vor stehen Frauen monatlich durchschnittlich 400 Euro weniger Geld zur Verfügung als Männern.

Da überrascht es nicht, dass Frauen und Männer auch ihre Zukunftsaussichten unterschiedlich einschätzen: Während zwei Drittel der Männer (68%) ihre finanzielle Situation im Alter als (sehr) gut beurteilen, ist dies bei den Frauen nur bei etwas mehr als der Hälfte (56%) der Fall.

Die schlechtere Finanzlage von Frauen macht sich auch beim Sparverhalten bemerkbar. Von ihrem verfügbaren Geld können Frauen nicht nur seltener etwas zurücklegen als Männer (45 vs. 55%), auch die Höhe der jeweiligen Sparbeträge unterscheidet sich zum Teil beträchtlich: Während 52 Prozent der Männer, die regelmäßig sparen, durchschnittlich mehr als 200 Euro monatlich zurücklegen, sind es bei den Frauen lediglich 40 Prozent.

Aufholprozess der Frauen bei Wertpapieren gerät ins Stocken

Frauen besitzen auch immer noch deutlich seltener Aktien oder andere Wertpapiere (25%) als Männer (42%). Der noch 2023 erkennbare Aufholprozess ist damit ins Stocken geraten. Nach den Hinderungsgründen gefragt, zeigt sich, dass die eigene Unsicherheit, fehlende Kenntnisse und mangelnde Finanzmittel deutlich mehr Frauen vom Wertpapierkauf abhalten als Männer. 

Wenn fast die Hälfte der Frauen, die keine Wertpapiere besitzen, mangelhafte Kenntnisse als Grund dafür angeben, ist das auch ein deutlicher Fingerzeig darauf, dass finanzielle Gleichstellung von Frauen auch eine wesentliche Verbesserung ihrer finanziellen Bildung voraussetzt. Ob schon in der Schule, wo mehr Finanzbildung flächendeckend gerade auch Mädchen besser erreichen kann, oder später durch speziell auf Frauen ausgerichtete Programme: Nur wer das Für und Wider des Engagements an der Börse kennt, hat überhaupt die Chance die Möglichkeiten, die sich dort bieten, für sich zu nutzen. 

Beim Finanzwissen bleibt viel Luft nach oben

Doch nicht nur beim Börsenverständnis zeigt sich ein deutlicher Gender-Gap. So kennen beispielsweise drei Viertel der Männer (74%) die Zuständigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Preisstabilität in der Euro-Zone, aber lediglich etwas mehr als die Hälfte der Frauen (55%). Und was ein Investmentfonds ist, wissen nur 43 Prozent der Frauen, aber 60 Prozent der Männer.

Eine naheliegende Ursache dafür ist, dass sich Frauen tatsächlich weniger als Männer mit Finanzen beschäftigen. Zwar sind die Werte gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen, doch nehmen sich weiterhin lediglich 38 Prozent der Frauen, aber gut die Hälfte der Männer regelmäßig Zeit für ihre finanziellen Angelegenheiten. 

Womöglich liegt das auch daran, dass sich Frauen in Sachen Finanzen weniger zutrauen. Zumindest in dieser Hinsicht gibt es positive Nachrichten. Denn die Selbsteinschätzung zum Finanzwissen fällt bei Männern zwar immer noch optimistischer aus als bei Frauen (65 vs. 52%), doch holen Letztere in Punkto Selbstvertrauen auf und trauen sich im Vergleich zum Vorjahr in Finanzfragen deutlich mehr zu (+9 Prozentpunkte). 

Um die finanzielle Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu erreichen und Frauen die gleichen Chancen auf finanziellen Erfolg und Sicherheit zu ermöglichen wie den Männern, bedarf es allerdings eines deutlich größeren und hoffentlich auch schnelleren Aufholprozesses als bisher.

Ergebnisse der Umfrage
 

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