- Russlands Angriff auf Ukraine überschattet wirtschaftliche Erholung
- Inflation steigt in den kommenden Monaten auf über 7 Prozent
- Rohstoffpreise und Lieferengpässe machen deutscher Wirtschaft zu schaffen
Der Ausblick der Chefvolkswirte der privaten Banken auf die wirtschaftliche Lage ist in diesem Frühjahr von großen Unsicherheiten geprägt. „Der unfassbare Angriff Russlands auf die Ukraine wird deutliche Spuren in der deutschen Wirtschaft hinterlassen. Wie tief diese sein werden, ist derzeit noch nicht absehbar,“ sagte Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, mit Blick auf die Frühjahrsprognose des Verbandes.
Für das erste Halbjahr 2022 erwarten die privaten Banken in Deutschland nur noch ein äußerst schwaches Wirtschaftswachstum. Vor Kriegsbeginn war für das Frühjahr noch prognostiziert worden, dass die Wirtschaft sich wieder belebt. „Als Konjunkturbremse wirken vor allem die sprunghaft gestiegenen Energiepreise und die sich wieder verschärfenden Lieferengpässe. Wenn der Krieg in der Ukraine hoffentlich nicht weiter eskaliert, rechnen wir für das gesamte Jahr 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent. Dieses Wachstum beruht zur Hälfte allerdings auf statistischen Effekten aus dem Vorjahr,“ so Ossig. „Die aktuelle wirtschaftliche Lage ist daher viel ernüchternder, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.“
Große Sorge bereiten den privaten Banken die rasant ansteigenden Preise im gesamten Euroraum. „Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einem Anstieg der Inflation auf über 7 Prozent. So hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Auch für die nächsten Jahre rechnen wir mit deutlich steigenden Preisen.“
„Die Europäische Zentralbank muss endlich aufwachen. Wir haben seit Jahren den Ausstieg aus den Negativzinsen gefordert. Angesichts der dramatischen Inflationsentwicklung muss die Negativzinspolitik noch in diesem Jahr ein Ende habe. Dafür brauchen wir jetzt einen klaren Fahrplan,“ sagte Ossig. Das wäre auch ein klares Signal an die Lohnpolitik und für die Kapitalmärkte, um mögliche Risikozuschläge zu reduzieren.
Die Konjunkturprognose des Bankenverbands wird halbjährlich durchgeführt und beruht auf einer Umfrage unter den 15 Chefvolkswirten privater Banken, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik sind.
Heute um 11 Uhr stellen Ausschussvorsitzender Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg, und Christian Ossig in Teil 1 des Banken ON SCREEN „Putins Krieg: Folgen für Europa“ die Konjunkturprognose vor.
Ab 12 Uhr diskutieren in Teil 2 Maya Atig, CEO der Fédération Bancaire Française, und ihr italienischer Kollege Giovanni Sabatini, General Manager der Associazone Bancaria Italiana, mit Christian Ossig die aktuellen Entwicklungen und ihre Auswirkungen für die strategische Autonomie der Europäischen Union.
Hier können Sie die Veranstaltung nachschauen: Putins Krieg und die Folgen.
Mitglieder des Ausschusses sind:
Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt, Berenberg, und Ausschussvorsitzender
Burkhard Allgeier, Chief Investment Officer, Chief Economist, H&A Global Investment Management
Dr. Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt, IKB Deutsche Industriebank
Daniel Bleiberg, Chefvolkswirt, Deutsche Pfandbriefbank
Dr. Jan Bottermann, Chefvolkswirt, National-Bank
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt, ING-DiBa
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt, Hamburg Commercial Bank
Dr. Felix Hüfner, Chefvolkswirt Deutschland, UBS Europe
Carsten Klude, Chefvolkswirt, M.M. Warburg
Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt, Commerzbank
Carsten Mumm, Chefvolkswirt, Donner & Reuschel
Dr. Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland, Unicredit Bank
Stefan Schilbe, Chefvolkswirt, HSBC Trinkaus & Burkhardt
Stefan Schneider, Chief German Economist, Head of German Macroeconomics, Deutsche Bank
Dr. Dirk Schumacher, Senior European Economist and Managing Director, Natixis Zweigniederlassung Deutschland
Dr. Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer, Bankenverband
Markus Becker-Melching, Chief Operating Officer, Bereich Strategie, Bankenverband
Volker Hofmann, Leiter Volkswirtschaft, Bankenverband
Prognoseübersicht
Deutschland
Prognose | |||
---|---|---|---|
2021 | 2022 | 2023 | |
Bruttoinlandsprodukt 1) | +2,9 | +2,2 | +2,9 |
Konsumausgaben priv. Haushalte 1) | +0,1 | +4,0 | +2,7 |
Konsumausgaben des Staates 1) | +3,1 | +1,5 | +2,0 |
Ausrüstungsinvestitionen 1) | +3,4 | +2,0 | +6,0 |
Bauinvestitionen 1) | +0,7 | +1,0 | +2,5 |
Exporte 1) | +9,9 | +6,0 | +4,2 |
Importe 1) | +9,3 | +7,5 | +4,2 |
Entwicklung der Verbraucherpreise 2) | +3,1 | +5,9 | +2,5 |
Zahl der Arbeitslosen (Millionen) | 2,61 | 2,28 | 2,20 |
Euro-Raum
Prognose | |||
---|---|---|---|
2021 | 2022 | 2023 | |
Bruttoinlandsprodukt 1) | +5,2 | +3,0 | +2,5 |
Entwicklung der Verbraucherpreise (HVPI) 2) | +2,6 | +6,1 | +2,4 |
Kernrate 2) | +1,5 | +2,8 | +2,5 |
Arbeitslosenquote | 7,7 | 6,8 | 6,3 |
Finanzmärkte und Rohstoffe
Prognose | |||
---|---|---|---|
22. März 2022 | 2022 | 2023 | |
USD/EUR | 1,10 | 1,15 | 1,19 |
Rendite Staatsanleihen Deutschl. (10 J.) | 0,52 | 0,60 | 0,90 |
Ölpreis (USD/Barrel) | 113,50 | 90,00 | 80,00 |
1) Reale Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr.
2) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr im Jahresdurchschnitt.