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Nachhaltige Geldanlagen auf dem Vormarsch

10.06.2022Artikel
Christian Jung
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Nachhaltigkeit bekommt in der Finanzwelt eine immer größere Bedeutung. Und weil Investorinnen und Investoren zunehmend stärker ökologische, soziale oder die Unternehmensführung betreffende Aspekte in ihre Anlageentscheidungen einbeziehen, wächst auch der Markt für nachhaltige Geldanlagen kontinuierlich. Allein von 2018 bis Ende 2021 nahm das Volumen dieser Anlagen nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) von 219 Milliarden Euro auf inzwischen über 500 Milliarden Euro zu. Zwar wird der größere Teil dieses Betrags weiterhin von institutionellen Investoren aufgebracht, allerdings holen private Anlegerinnen und Anleger massiv auf; zuletzt haben sich die Privatinvestitionen mit einem Anstieg um 230 Prozent mehr als verdreifacht und lagen bei gut 130 Milliarden Euro.

Besitz nachhaltiger Geldanlagen seit 2019 mehr als verdoppelt

Eine aktuelle Bevölkerungsumfrage des Bankenverbandes bestätigt die zunehmende Beliebtheit nachhaltiger Geldanlagen auch im laufenden Jahr. So investieren mittlerweile mit 11 Prozent der Deutschen über 6 Millionen Anlegerinnen und Anleger in entsprechende Produkte. Nach 5 Prozent 2019 und 8 Prozent 2021 markiert dies einen deutlichen Aufwärtstrend.

Der dürfte sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Denn zum einen nimmt das Interesse der Deutschen am Thema „Sparen, Vorsorgen und Investieren“ generell zu, wie Ergebnisse der Umfrage zeigen. Danach finden sieben von zehn Befragten (71 Prozent) das Thema grundsätzlich interessant. 2019 waren es erst 59 Prozent. Und zum anderen lässt das Anlageverhalten der Deutschen in Sachen „grüner“ Geldanlagen immer noch viel Luft nach oben. Schließlich legt ein Großteil seine Ersparnisse – trotz einer aktuellen Inflationsrate von rund 7 Prozent – weiterhin eher klassisch in Sparbüchern (45 Prozent) und Tages- oder Festgeld (38 Prozent) an. Rund ein Drittel (33 Prozent) der Bundesbürger besitzt inzwischen immerhin auch Aktien, ETFs oder andere Wertpapiere. Dabei gilt: Je höher das Einkommen, umso häufiger setzen Anlegerinnen und Anleger auf Kapitalmarkt­produkte, auch nachhaltige. So gibt von den Personen, deren monatliches Haushalts­netto­einkommen 3.500 Euro übersteigt, inzwischen jeder Vierte an, „grün“ anzulegen.

Die Bekanntheit nachhaltiger Geldanlagen wächst

Damit nachhaltige Geldanlagen noch stärkere Verbreitung finden können, müssen sie dem breiten Publikum erst einmal bekannt sein. Auch hier hat es Fortschritte gegeben. Mittlerweile hat die Hälfte der Befragten den Begriff „nachhaltige Geldanlage“ schon einmal gehört oder gelesen, während dies vor zwei Jahren nur auf ein Drittel der Befragten zutraf. Doch es könnten noch mehr sein, zumal „nur davon gehört zu haben“ noch nicht bedeutet, auch zu wissen, was nachhaltige Geldanlagen eigentlich sind. Rund ein Drittel derer, die den Begriff zwar kennen, können nicht konkret angeben, was damit gemeint ist. Damit ist klar: Mehr Information und Aufklärung rund um das Thema „nachhaltig Anlegen“ ist weiterhin notwendig. Wer den Begriff kennt, verbindet damit rund zur Hälfte „Klimaschutz“ – etwa Investitionen in umweltfreundliche Produkte oder auch in erneuerbare Energien. Nachhaltig produzierende Unternehmen werden von einem Fünftel und ethische, sozial ausgerichtete Projekte von einem Zehntel der Befragten mit nachhaltigen Geldanlagen verbunden.

Gesetzgeber muss für begriffliche und rechtliche Klarheit sorgen

Zu erklären, was nachhaltige Geldanlagen sind, ist allerdings auch nicht einfach. Üblicherweise versteht man darunter verantwortliche, ethische, soziale, ökologische Investments, die explizit an ESG-Kriterien – die Abkürzung steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) – ausgerichtet sind. Gleichwohl ist der Begriff „nachhaltig“ weder rechtlich geschützt noch genau definiert. Zwar gibt es auf europäischer Ebene hierzu erste sehr positive Initiativen, wie die viel beachtete Taxonomie, allerdings ist diese noch nicht fertig. Insbesondere sind die Finanzierung des Umbaus der Wirtschaft sowie die Dimensionen „Soziales“ und „gute Unternehmensführung“ bislang kaum berücksichtigt, ganz zu schweigen davon, dass die Taxonomie ohnehin nur einen Teil des Wirtschaftssystems der EU abdeckt: zwischen 40 und 80 Prozent der Wirtschaft sind nicht erfasst. Das Ziel muss aber sein, die gesamte Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu transformieren. 

Vor diesem Hintergrund erarbeiten Banken bislang eigene Definitionen für Nachhaltigkeit, die sie dann in ihre Finanzprodukte integrieren. Hierbei nutzen sie beispielswiese Ausschlusskriterien, die sicherstellen, dass die investierten Mittel beispielsweise nicht in umweltschädliche Produkte wie fossile Energieträger, die Produktion von Kriegswaffen oder an Unternehmen fließen, die soziale Mindeststandards missachten. 

Großes Potenzial für die Zukunft

Damit nachhaltige Finanzierung zum dauerhaften Erfolgsmodell wird, muss Brüssel nun schnell die entsprechenden Weichen stellen und Verunsicherung sowie mangelnder Informiertheit der Verbraucherinnen und Verbraucher möglichst rasch entgegentreten. Denn viele Bürger würden durchaus Nachhaltigkeitsaspekte stärker bei der Auswahl von Finanzprodukten berücksichtigen, fühlen sich aber letztlich doch zu unsicher dabei. So gibt fast die Hälfte (42 Prozent ) derjenigen, die nachhaltige Geldanlagen kennen, aber bislang nicht nutzen, als Grund dafür an, dass sie zum Thema zu wenig wissen. Nahezu zwei Drittel (61 Prozent) derselben Gruppe können sich aber gut vorstellen, künftig in diese Anlageklasse zu investieren. Das zeigt nicht nur den weiterhin hohen Bedarf an fundierter Aufklärung und Finanzberatung, sondern auch das erhebliche Zukunftspotenzial, das in nachhaltigen Anlagen noch steckt.