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Facebook – ein neuer Wettbewerber im Finanzmarkt?

18.07.2019Artikel
Tobias Tenner
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Die Ankündigung von Facebook, binnen zwölf Monaten eine eigene digitale Währung namens Libra in Umlauf zu bringen, hat weltweit hohe Aufmerksamkeit hervorgerufen. Sollte Libra Realität werden, wäre es gewiss ein potentiell starker Wettbewerber für die Banken im Zahlungsverkehr. Denn erstens, verfügt Facebook bereits über eine große Anzahl von Nutzern seiner sozialen Netzwerke, von denen vermutlich viele die neue Währung nutzen würden. Zweitens, gibt es eine generell wachsende Affinität zu digitalen Zahlungssystemen.

Welche Hindernisse stehen Libra entgegen?

Es bestehen noch erhebliche Unklarheiten darüber, wie Libra konkret ausgestaltet sein soll sowie über die Frage, welchen Regulierungen eine solche digitale Währung unterworfen sein muss. Vorrangig ist die Lösung zweier Herausforderungen: zum einen der voraussichtlichen Systemrelevanz und zum anderen der Absicherung gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Mit der Deckung durch staatliche Wertpapiere in stabilen Währungen dürfte Libra als Reserve-Währung rasch zu einem Anlagevolumen im dreistelligen Milliardenbereich vorstoßen. Libra würde damit zu einem systemrelevanten Teilnehmer auf den internationalen Finanzmärkten und müsste dann logischerweise denselben Regulierungen unterliegen wie Banken. Dieser Regulierungsansatz müsste zudem global konsistent angewandt werden.

Was droht, wenn die Voraussetzungen für einen wirksamen Schutz vor Geldwäsche nicht erfüllt sind, zeigt die Entwicklung der Digitalwährung Bitcoin. Diese wurde schnell zu einem Tummelplatz für jede Art von undurchsichtigen Finanzgeschäften. Soll Libra sich als globales digitales Geld durchsetzen, muss verhindert werden, dass es zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht werden kann. Notenbanken, Parlamente und Regierungen in den Industrieländern haben dies erkannt. Der Bankenverband erwartet, dass Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden daraus Konsequenzen ziehen und entsprechend handeln.

Was können Banken Libra entgegensetzen?

Im Unterschied zu einem Guthaben in Libra ist das Geld auf dem Girokonto bei einer Bank wertstabil und sicher. Der Wert von Libra soll mit einem Korb aus Euro, Dollar und anderen Währungen bemessen werden. Dies bedeutet, dass der Betrag, den ein Kunde auf einem Libra-Konto hält, anders als sein Girokonto-Guthaben ständig mit den Wechselkursen schwanken wird. Wertstabilität wie bei einem in Euro geführten Bankkonto kann Libra folglich nicht gewährleisten. Allen Anlegern und Nutzern muss zudem klar sein: Für Libra wird es auch keine Einlagensicherung geben. Das Verlustrisiko trägt der Kunde allein.

Welche Chancen ergeben sich aus der Debatte um digitales Geld?

Vom konkreten Anwendungsfall Libra einmal abgesehen, kann und sollte die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema genutzt werden, um ein tieferes Verständnis für unser derzeitiges Währungs- und Finanzsystem sowie seiner Zukunftsaussichten in einer zunehmend digitalisierten Welt zu entwickeln.

Digitalisierung verändert die Art und Weise wie wir arbeiten, wie wir unser Geld ausgeben und wie wir leben. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit auch auf den Finanzsektor. Wir müssen einen gesellschaftlichen Konsens darüber erzielen, wie wir digitales Geld in unser bestehendes Finanzsystem integrieren können. Dazu gehört auch eine Entscheidung, ob unsere Notenbanken selbst digitales Geld bereitstellen sollten. Dieser Konsens ist eine Voraussetzung dafür, dass Banken ihren Kunden auch in Zukunft vertrauenswürdige Finanzdienstleistungen anbieten können.

Welche Auswirkungen hat digitales Geld auf die Banken?

Die digitale Technologie hat das Potenzial, den globalen Retail-Bankensektor in den nächsten Jahren fundamental zu verändern. Dabei dürften die Präferenzen der Kunden der wichtigste Katalysator für Veränderungen sein. Die Banken stehen vor der Herausforderung, darauf schnell und angemessen zu reagieren.

Die Geschwindigkeit des Wandels wird entscheidend davon abhängen, in welcher Form Regulierungsbehörden und Regierungen einerseits bereit sein werden, die Grundlagen für die Innovation im Bankensektor zu schaffen, andererseits aber auch ihrer Verpflichtung nachkommen, das Finanzsystem vor Disruptionen zu schützen, die die Qualität der Bankdienstleistungen beeinträchtigen oder zu schwächeren, anfälligeren Bankensystemen führen können.