Der Bankenverband setzt sich für gezielte Schritte zur Verwirklichung der Kapitalmarktunion ein. Denn von einer weiteren Vertiefung und grenzüberschreitenden Zusammenführung der europäischen Kapitalmärkte in der Europäischen Union würden idealerweise alle profitieren: Staaten, Unternehmen und Bürger. Eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Souveränität der Wirtschaft in der EU, ein höheres Maß an Finanzmarktstabilität, ein diversifizierterer Zugang der Unternehmen (und öffentlicher Institutionen) zu Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen in allen Teilen Europas und nicht zuletzt die Teilhabe der Anleger und Investoren am Wachstum und damit am Wohlstand – dies alles spricht dafür, die nötigen politischen Anstrengungen hin zu einer echten Kapitalmarktunion zu unternehmen.
Der Kapitalmarkt führt als Alternative zur Einlage-Kredit-Vermittlung von Banken verschiedene Anleger und Investoren einerseits sowie Emittenten andererseits zusammen, wobei Banken seit jeher auch dabei als Mittler und zentrale Servicedienstleister eine wichtige Rolle spielen. Denn Anleger wie Emittenten gehören in der Regel auch zu den Kunden der Banken. Die Banken haben somit selbst ein Interesse daran, dass die Bedürfnisse beider Seiten gewahrt bleiben und die erforderlichen Kapitalmarktprozesse über nationale Grenzen hinweg möglichst effizient ablaufen.
Maßnahmen zur Förderung der Kapitalmarktunion sollten die Interessen aller Beteiligten in einem angemessenen Verhältnis berücksichtigen. Hierzu muss der strukturell bestehende Konflikt zwischen den Schutzbedürfnissen von Anlegern und den Finanzierungszielen von Emittenten ausbalanciert werden. Ein zu einfacher Zugang von Unternehmen an den Kapitalmarkt steht den Anlegerinteressen regelmäßig entgegen; ein zu weitgehender Schutz der Anleger läuft den Emittenteninteressen zuwider. Ein Ungleichgewicht ginge letztlich zu Lasten aller.
Aus Sicht der Anleger und Investoren ist wichtig, dass die Kapitalmarktunion ihnen einen EU-weit einheitlich diversifizierten, transparenten, aber auch unkomplizierten Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht, mithin das Halten und Verwalten von Kapitalmarktprodukten einfach und effizient möglich ist. Regulierung und Anlegerschutz müssen dabei so ausgestaltet sein, dass Investoren über alle nötigen Informationen verfügen können, sie aber nicht aus der Entscheidungsfreiheit und -verantwortung entlässt.
Aus Sicht der kapitalsuchenden Unternehmen und der öffentlichen Hand ist wichtig, dass sie eine für ihr Geschäft bzw. Investitionsvorhaben passgenaue, möglichst kostengünstige, aber auch innovative, langfristig zuverlässige Finanzierung erhalten. Dabei wollen sie ihre Verpflichtungen möglichst unbürokratisch erfüllen können sowie mit ihren Kapitalgebern bequem kommunizieren. Hierfür kann die Emission von Kapitalmarktprodukten, bei Bedarf auch grenzüberschreitend, die richtige Wahl sein. Bei kleinen und mittleren Unternehmen oder auch solchen, die nicht öffentlich erscheinen wollen, ist dagegen insbesondere die Verbriefung des bewährten Bankkredits oder auch die von Banken vermittelte Privatplatzierung ein möglicher Weg, neue Finanzierungsquellen am Kapitalmarkt zu erschließen. Daneben ist für innovative Gründer und Wachstumsunternehmen der Markt für Wagniskapital in Europa von zentraler Bedeutung.
Einheitlicher Rechtsrahmen unverzichtbar
Die heutigen Kapitalmärkte sind historisch auf Basis nationaler Rechtsordnungen gewachsen. Um den grenzüberschreitenden Markt zu stärken, wird man auf bewährte Rechtsordnungen und Konzepte aufbauen, aber an einigen Stellen gezielte Schritte zu ihrer Harmonisierung vornehmen müssen. Dabei sollte man sich nicht zwangsläufig an der strengsten oder an der lockersten nationalen Vorgabe als Lösung für eine EU-weite Anwendung orientieren. Für eine Integration der Kapitalmärkte müssen auch steuerliche Hindernisse beseitigt oder zumindest reduziert werden, die sich negativ auf grenzüberschreitende Investitionen und damit auf das Wachstum auswirken.
Die Marktteilnehmer brauchen effiziente, europaweit verlässliche Rahmenbedingungen, auf deren Grundlage sie Lösungen und Produkte entwickeln können, die dem Bedarf der Wirtschaft entsprechen und die sich über die Zeit als wettbewerbsfähig erweisen. Ein EU-weit einheitlicher Rechtsrahmen, der die Ziele und Interessen der Kapitalmarktteilnehmer fördert und schützt, ist deshalb unverzichtbar. Ihn zu schaffen ist weit sinnvoller als einzelne, EU-weit standardisierte Produkte vorzugeben.
Es sind viele verschiedene Schritte für die Erreichung eines solchen Rahmenwerks notwendig. Der Bankenverband stellt in einem Positionspapier die aus seiner Sicht derzeit wichtigsten Maßnahmen vor.