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Ein Staat will digital werden: Das Onlinezugangsgesetz 2.0

30.06.2023Artikel
Dr. Henrik Meyer
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Das Bundeskabinett hat Ende Mai die Neuauflage des Onlinezugangsgesetzes (OZG) verabschiedet, mit dem der Staat die Digitalisierung der Verwaltung strategisch neu ausrichten will. Was genau ist das OZG und warum gibt es eine Neuauflage? Das OZG wurde bereits 2017 beschlossen und hat Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten, also beispielsweise das Ausstellen eines Führerscheins oder das Ummelden des Wohnsitzes. Insgesamt ging es um knapp 600 Verwaltungsleistungen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, bei denen von der Suche der Verwaltungsleistung im Internet über die Beantragung bis zur Bekanntgabe des Bescheides alles digital möglich sein sollte. 

Selbstgesteckte Ziele weit verfehlt

Das eine ist das Ziel, das andere ist die Wirklichkeit – und die sieht bescheiden aus. Denn Bund und Länder haben ihre selbstgesteckten Ziele für den Online-Zugang zu Leistungen der Verwaltung weit verfehlt. Nur ein Bruchteil der 575 Verwaltungsleistungen waren Ende 2022 tatsächlich digitalisiert, ohne dass sich aber aus diesem Fehlschlag irgendwelche Konsequenzen ergeben hätten. Auch ein im vergangenen Mai beschlossener sogenannter „Booster“, der eigentlich dafür sorgen sollte, dass 35 besonders wichtige Leistungen rasch flächendeckend online zur Verfügung stehen, hat das Problem nicht gelöst.  

Nun also das OZG 2.0 und damit ein neuer Anlauf, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in Deutschland in die Lage zu versetzen, wichtige Behördenangelegenheiten digital zu erledigen. Im neuen OZG wird ein Schwerpunkt darauf gelegt, Verwaltungsabläufe komplett auf digitale Prozesse umzustellen. Damit soll beispielsweise verhindert werden, dass Daten zwar über Webformulare digital erfasst, dann aber in den Behörden nur ausgedruckt und wie gewohnt analog abgearbeitet werden. Die durchgängige Digitalisierung soll beispielsweise bei der Ummeldung des Wohnortes, dem Elterngeld, der Eheschließung, der An- und Ummeldung von Kraftfahrzeugen, bei Baugenehmigungen, dem Führerschein und dem Wohngeld umgesetzt werden.

Die BundID

Damit digitale Anträge nicht mehr auf Papier unterschrieben werden müssen, wird bei der digitalen Abwicklung auf die bislang notwendige Schriftform verzichtet. In einem Bürgerkonto („BundID“), über das die Kommunikation mit der Verwaltung abgewickelt wird, soll vor allem der Online-Personalausweis zum Einsatz kommen. Ein solches Bürgerkonto kann sich jeder Bürger mithilfe seines Personalausweises oder eines Aufenthaltstitels einrichten; beide Dokumentenarten haben inzwischen eine Digitalfunktion. Um eine weitere Zersplitterung der Anwendungen zu verhindern, soll die BundID bundesweit einheitlich genutzt werden. Die Bundesländer mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Württemberg haben nun drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verabschieden. 

Außerdem möchte die Bundesregierung künftig auf das „Once-only-Prinzip“ setzen. Bedeutet: Beim Stellen eines Antrags sollen die Bürgerinnen und Bürger künftig entscheiden können, ob die betroffene Behörde die benötigten Nachweise bei anderen Behörden abrufen darf. Lehrreich und ein abschreckendes Beispiel war in diesem Zusammenhang die Neuberechnung der Grundsteuer: Haus- und Wohnungseigentümer mussten im vergangenen Jahr etliche Daten über ihr Eigentum zusammensammeln und an das Finanzamt schicken, obwohl viele der Informationen ohnehin schon bei staatlichen Stellen vorlagen. Dies soll künftig anders sein. Allerdings müssen dann auch die entsprechenden Register modernisiert werden – was nach Experteneinschätzung ein weiteres Mammutprojekt der Regierung darstellt.