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Finanzpolitische Vorstellungen der FDP

20.09.2021Artikel
Christian Dürr
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Im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl haben wir Fraktionen aus dem Deutschen Bundestag darum gebeten, ihre finanzpolitischen Vorstellungen und Schwerpunkte für die kommende Legislaturperiode zusammenzufassen. Die einzelnen Beiträge werden wir kurz vor der Wahl nach und nach in unserem Blog veröffentlichen. 

Texte und Inhalte stehen allein in der Verantwortung der jeweiligen Autorinnen/Autoren. 

Mit der kommenden Bundestagswahl stellen wir die Weichen, um die nächsten Jahrzehnte ganz entscheidend zu prägen. Das Coronavirus hat nicht nur die Wirtschaft, das Gesundheitswesen und unsere Gesellschaft auf eine harte Probe gestellt, es hat auch schonungslos offengelegt, welche Reformen unser Land verpasst hat. Das betrifft die gesamte Wirtschaft – auch  die Finanzwirtschaft, deren Bedeutung bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zentral ist. Ich sehe dabei vor allem drei Themen, die wir in der kommenden Legislaturperiode in Angriff nehmen müssen: die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und den demografischen Wandel. Denn eines steht für uns Freie Demokraten fest: Nie gab es in Deutschland mehr zu tun.

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es verlässliche Finanzierungspartner für deutsche und europäische Unternehmen. Sowohl der Finanzplatz Deutschland, Finanzinstitute als auch die Unternehmen müssen daher international wettbewerbsfähig sein, um als Innovator und Partner die Veränderungen der Wirtschaft von morgen zu stützen.

Die drei D’s: Digitalisierung…

Aus finanzpolitischer Perspektive haben die drei „D’s“ schon seit Jahren große Relevanz. Im Bereich Digitalisierung etwa sehen wir den Aufstieg und die Regulierung von Kryptoassets, Konzepte für einen E-Euro oder die Einführung elektronischer Wertpapiere. Zudem beobachten wir das Aufstreben von FinTechs in ganz Europa, mit deren innovativen Geschäftsmodellen Regulatoren häufig nicht mithalten können. In diesen Bereichen muss der Finanzstandort Deutschland leistungsfähiger werden, um die technologischen Entwicklungen von vornherein mitzubestimmen – nicht zuletzt auch mit einer Aufsicht, die in der Lage ist, den Standort zu stärken und die Potenziale von Finanzinnovationen zu erkennen. Gerade mit Blick auf technologische Neuerungen und digitale Geschäftsmodelle gilt es für die BaFin, politisch, fachlich und strukturell die richtigen Schlüsse aus dem Skandal rund um Wirecard zu ziehen. Deutschlands Finanzaufsicht muss sich neu aufstellen. Dazu gehört auch, Regulatory Sandboxing zu erlauben. Wir wollen in begrenztem Maße jungen Finanzunternehmen mehr regulatorische Freiheiten einräumen, damit Finanzinnovationen noch stärker als bisher in Deutschland und nicht anderswo entwickelt werden. 

… Dekarbonisierung…

Auch auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Wirtschaft ist ein effizienter und stabiler Finanzmarkt unerlässlich. Dabei ist es entscheidend, dass komplizierte Vorgaben im Rahmen der verabschiedeten Taxonomie nicht das verhindern, was sowieso an Fahrt aufnimmt. Strikte Regulierungen können nicht der Schlüssel zu einer nachhaltigen Wirtschaft sein. Vielmehr müssen wir einen anderen Hebel nutzen, denn eines steht außer Frage: Emissionsarme Geschäftsmodelle sind schon heute die Zukunft. Die Aufgabe der Politik muss es daher sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern und steuerliche Anreize für Unternehmen zu schaffen, damit mehr Spielraum für Investitionen bleibt. Dies ist der Hebel, der es ermöglicht, dass breitflächig, ambitioniert und zukunftsgewandt in die Dekarbonisierung investiert wird. Wichtig ist dabei, dass die Investitionen von privater Seite ausgelöst werden. Statt Vermögensteuern oder Sonderabgaben einzuführen, wie es andere fordern, müssen wir für Entlastungen kämpfen, die eine Investitionstätigkeit ermöglichen. Unsere Wirtschaft ist längst im Wandel – aber wir können jetzt die richtigen Signale setzen, um emissionsfreie Geschäftsmodelle und Investitionen in Klimaneutralität zu stärken. Die Fixierung auf staatliche Ausgabenprogramme ist der falsche Weg – der Schlüssel heißt Entlastung für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen.

… Demografischer Wandel

Die dritte große Herausforderung ist die Alterssicherung, die sich angesichts des demografischen Wandels sowohl für künftige Renten-Generationen als auch für die öffentlichen Finanzen immer schwieriger gestaltet. Dieses Problem ist nicht neu, doch sind Reformen zur Stabilisierung des Rentenniveaus und des Bundeshaushalts in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben. Für die Leidtragenden bedeutet das, sie müssen immer höhere Beiträge zahlen und können unter Umständen noch schwerer privat vorsorgen. Gerade für die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigen wir daher jetzt Veränderungen.

Um eine sichere Altersvorsorge auch in Zukunft zu ermöglichen, haben wir Freie Demokraten die Gesetzliche Aktienrente vorgeschlagen. Für uns steht fest, dass wir neben der Stärkung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge auch großen Reformbedarf bei der gesetzlichen Rente haben. Dabei spielt der Kapitalmarkt eine wichtige Rolle: Zum einen sehen wir die Chance, mit einer Kapitaldeckung die gesetzliche Rente und somit auch die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen erheblich zu stabilisieren. Zum anderen wollen wir das Vertrauen der Menschen in die Teilhabe an den Märkten stärken. Dass wir auch einen ganz grundsätzlichen Nachholbedarf bei der privaten Vorsorge haben, ist unbestritten. Mit unserer Idee eines Altersvorsorge-Depots wollen wir deshalb die privaten Vorsorgeformen unter einen Hut bringen und um weitere Modelle wie etwa das amerikanische 401K ergänzen. Von unseren Reformvorschlägen könnten alle Säulen des Rentensystems langfristig profitieren.

Stabile und attraktive Finanzmärkte notwendig

Wenn wir diese drei großen Herausforderungen bewältigen wollen, brauchen wir stabile und attraktive Finanzmärkte. Insbesondere in Deutschland gilt es, die Rolle der Banken als verlässliche Finanzierungspartner zu stärken und nicht mit ständig steigender Bürokratie zu schwächen. Auch die Umsetzung von Basel III darf daher nicht zu überhöhten Kapitalanforderungen führen. Stattdessen brauchen wir regulatorische Erleichterungen, etwa indem wir den Meldeaufwand für kleine und mittelgroße Banken spürbar senken – auch um eine Vertiefung der Kapitalmarktunion mit einheitlichen Standards weiter voranzutreiben.

In der kommenden Legislaturperiode müssen wir Deutschland zu einem attraktiveren Finanzstandort machen, um fit für die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte zu sein. Dazu gehört eine moderne Finanz- und Steuerpolitik auf der einen, sowie innovative, verlässliche und stabile Finanzmärkte auf der anderen Seite. Den Schritt in eine digitalisierte, dekarbonisierte Zukunft können wir nur erreichen, wenn wir heute die Weichen dafür stellen.