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Finanzpolitische Vorstellungen von DIE LINKE

24.09.2021Artikel
Dietmar Bartsch
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Im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl haben wir Fraktionen aus dem Deutschen Bundestag darum gebeten, ihre finanzpolitischen Vorstellungen und Schwerpunkte für die kommende Legislaturperiode zusammenzufassen. Die einzelnen Beiträge werden wir kurz vor der Wahl nach und nach in unserem Blog veröffentlichen. 

Texte und Inhalte stehen allein in der Verantwortung der jeweiligen Autorinnen/Autoren.   

In Wirtschaft und Finanzen stehen wir gegenwärtig vor zentralen Herausforderungen: Nach wie vor zehrt die Corona-Pandemie an der wirtschaftlichen Entwicklung (BmWi-Wochenbericht v. 18.8.2021: Zweiteilung der Konjunktur). Gefragt sind weiterhin sichere Finanzierungsquellen für deutsche und europäische Unternehmen, erst recht, wenn die staatlichen Hilfsprogramme auslaufen.

Zweitens hat die Corona-Krise gezeigt, wie schnell enorme Ressourcen mobilisiert werden können. Dies ist ebenso erforderlich, um unsere Infrastruktur zukunftsfähig zu machen und den Klimawandel einzudämmen.

Drittens hat der Bilanzskandal um die Wirecard AG am hiesigen Finanzstandort einen regelrechten Scherbenhaufen hinterlassen. Nun bedarf es grundlegender Reformen und wirksamer Aufbauarbeit, um den erforderlichen Wandel in der Aufsicht auch tatsächlich zu bewerkstelligen. 

Daneben führt die Digitalisierung und insbesondere das Vordringen der großen Internet-Unternehmen wie Alibaba, Amazon und Facebook in den originären Zahlungsverkehr zu erheblichen Verschiebungen. Diesen Wandel gilt es aktiv zu gestalten und der zunehmenden Markt- und Datenmacht der Big Techs entgegenzuwirken.

Steigenden Entgelten für Konto- und Spareinlagen ist seitens der Politik endlich ein Riegel vorzuschieben. 

Finanz- und Bankensektor in dienende Funktion für Gesellschaft und Realwirtschaft stellen 

Die Stärkung der marktbasierten Unternehmensfinanzierung durch eine europäische Kapitalmarktunion, über Risikokapital oder gar Verbriefungen ist für DIE LINKE keine Option. Erhebungen wie das KfW-Mittelstandsbarometer zeigen deutlich, dass der Bankkredit nach Eigenmitteln mit weitem Abstand die erste Wahl für die Investitionsfinanzierung ist. Dementsprechend setzen wir auf die Fähigkeit der stärker regional ausgerichteten Sparkassen und Genossenschaftsbanken, den zur wirtschaftlichen Erholung erforderlichen Kreditbedarf der kleinen und mittleren Unternehmen befriedigen zu können.

Banken sollen auf ein an den Bedürfnissen der Realwirtschaft und der Gesellschaft orientiertes Geschäftsmodell zurückgeführt werden. Dies umfasst insbesondere Angebote im Bereich Zahlungsverkehr und sicherer Ersparnisbildung und die Finanzierung privater und öffentlicher Investitionen. Das spekulative Investmentbanking ist abzuwickeln.

Gleichzeitig muss die Eigenkapitaldecke der Banken weiter deutlich gestärkt werden, damit in Zukunft höhere Verluste ohne Schieflagen bewältigt werden können. Nach wie vor ungelöst ist das Problem des Too-Big-To-Fail: Die Abwicklung von Banken ist nur glaubwürdig, wenn Megabanken zerschlagen und das Investmentbanking vom seriösen Kredit- und Einlagengeschäft getrennt wird. 

DIE LINKE ist grundsätzlich für eine europäische Einlagensicherung, aber nur für Institute mit ähnlichem Risikoprofil. Unser Ziel wäre ein europäisches Sparkassen- und Genossenschaftsbankensystem, ähnlich den beiden Säulen in Deutschland, mit europäischer Einlagensicherung. Die bislang geplante Europäische Einlagensicherung können wir nicht gutheißen, weil dadurch unweigerlich auch seriöse, realwirtschaftlich-orientierte Banken für die Spekulationsverluste internationaler Investmentbanken geradestehen müssten.

Für eine wirkliche Wende zu Nachhaltigkeit - den Finanzmarkt schrumpfen und neu ausrichten 

Sustainable Finance Strategien, darauf ausgerichtet, die Finanzmärkte stärker auf die Erreichung nachhaltiger Ziele auszurichten, können im besten Fall als flankierende Maßnahme wirken. Für eine Nachhaltigkeitswende in der Wirtschaft braucht es zuvorderst einen grundlegenden Politikwechsel, d.h. klare gesetzliche Regelungen, die in erster Linie auf die Realwirtschaft abzielen (wie das EEG, Regulierung der Agrarförderung etc.). Von gleicher Bedeutung sind öffentliche Investitionen insbesondere in eine soziale und ökologische Infrastruktur (öffentlicher Personenverkehr, Gebäudesanierung, soziale Wohnungsbau), neben Fördermitteln und günstigen Krediten für Investitionen in nachhaltige Produkte und Technologien, etc. (vgl. DIE LINKE. im Bundestag, Aktionsplan Klimagerechtigkeit, Berlin 2020). 

Für den Finanzmarkt fordert DIE LINKE den Finanz-TÜV - eine vorbehaltliche Zulassungsprüfung für Finanzinstrumente - und verfolgt damit ein anderes Konzept: im Vordergrund steht das Ziel, die Finanzmärkte und insbesondere das Volumen von komplexen Finanzinstrumenten deutlich zu schrumpfen und weniger, die heutige Vielzahl der Finanzinstrumente ökologisch nachhaltiger zu organisieren. In Zukunft sollen nur noch solche Finanztransaktionen und -instrumente erlaubt sein, die auch einen gesamtwirtschaftlichen und/oder gesellschaftlichen Nutzen haben.

Die Kontrolle und Aufsicht über den Finanzsektor ausbauen und schärfen 

Die zahlreichen Finanzskandale der jüngeren Zeit offenbaren, dass der schlanke Staat bei der Finanzaufsicht gescheitert ist. Die zunehmende Verlagerung hoheitlicher Aufgaben auf private Wirtschaftsprüfer erzeugt Interessenkonflikte. 

Die Finanzaufsicht BaFin braucht daher eine eigene schnelle Eingreiftruppe sowie die personellen und materiellen Ressourcen, um in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden Unternehmen besser durchleuchten zu können. Zudem muss die BaFin eine unmittelbarere Aufsicht über digitale Geschäftsmodelle im Finanzmarkt übernehmen. Dringlich ist daneben das Holding-Dilemma bei der Geldwäscheaufsicht zu lösen: Es kann nicht angehen, dass Konzerne am Ende gar nicht geldwäscherechtlich beaufsichtigt werden, weil die Aufsichtsbehörden sich den Ball hin und her spielen. Darüber hinaus muss die BaFin endlich auch zu inhaltlich-materiellen Prüfungen statt nur zu formellen Prüfungen von Börsenprospekten befähigt werden.

Macht der Big Techs in die Schranken verweisen - digitalen Euro einführen 

Geld und Währung müssen Teil staatlicher Souveränität bleiben, eine schleichende Privatisierung lehnen wir ab. Big- und Fintechs müssen denselben Regeln und Gesetzen unterworfen sein, wie sie für konventionelle Finanzdienstleister gelten. Um im Dickicht der neuen Zahlungsinstrumente das Heft nicht aus der Hand zu geben, befürwortet DIE LINKE die Einführung eines digitalen Euro durch die EZB. Nur mit einer öffentlichen Alternative zu den Bezahlsystemen der großen Big-Tech Konzerne lässt sich ihrer enormen Finanz-Technik- und Datenmacht entgegenwirken und glaubwürdig ein europäisches Datenschutzniveau durchsetzen.

Keine Strafzinsen für Spareinlagen   

Die Zahl der Banken, die für Einlagen bzw. Sparguthaben auch von Privatpersonen sog. Negativzinsen verlangen, steigt weiter an, ebenso wie die Gebühren für Kontoführung insgesamt. Aus unserer Sicht ist die Ausweitung von Strafzinsen auf Kleinsparer ein inakzeptabler Zustand, der eine gesetzliche Regelung erforderlich macht. Gefordert sind klare Vorgaben an die Banken und verbindliche Freibeträge.

Die Zeit für den Wandel ist reif, packen wir es an.