Rückblick auf das 2. Quartal 2020
Das 2. Quartal 2020 war bei vielen Unternehmen stark geprägt von einem Rückgang der Umsätze und einem daraus resultierenden Liquiditätsengpass. Banken spielten eine entscheidende Rolle dabei, diesen Unternehmen durch die Bereitstellung von Krediten zu helfen. Laut einer Unternehmensbefragung im Auftrag des Bundwirtschaftsministeriums hatte Anfang des 2. Quartals 2020 rund jedes vierte Unternehmen, das von Liquiditätsengpässen betroffenen war, einen Kreditantrag bei seiner Hausbank gestellt, um bestehende Forderungen zu begleichen. Dies geschah zu einem wesentlichen Teil außerhalb der staatlichen Liquiditätsprogramme – aber natürlich auch mit Hilfe dieser Maßnahmen (v. a. KfW-Sonderprogramm 2020). Im Rahmen ihrer Durchleitungsfunktion reichten Banken die von der KfW mit Haftungsfreistellungen von 80 %, 90 % oder gar 100 % („Schnellkredit“) versehenen Kredite an die Unternehmen aus.
Nicht nur bei kleinen und mittleren Unternehmen, auch bei großen Unternehmen fielen Umsätze aus und es bestand ein deutlich erhöhter (kurzfristiger) Liquiditätsbedarf, der aber weitgehend gedeckt werden konnte. Laut einer Umfrage des Verbands Deutscher Treasurer (VDT) im Zeitraum 20. Mai bis 23. Juni 2020 spielten dabei staatliche Mittel nur eine relativ geringe Rolle. Banken standen ihren Unternehmenskunden mit zugesagten Kreditlinien sowie einer Ausweitung der Kreditvergabe verlässlich zur Seite. Im 1. Halbjahr 2020 haben die Privatbanken den überwiegenden Anteil (über 50 %) der von den Banken, Sparkassen und Genossenschaftsinstituten zusätzlich an Unternehmen und Selbständigen vergebenen Kredite (29 Mrd. Euro) geschultert (siehe auch Kapitel zur Kreditvergabe).
Zwischenbilanz der KfW-Programme
Im Rahmen des Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise hat die KfW mit dem Sonderprogramm 2020 sowie dem Schnellkredit wichtige Impulse gesetzt, um die Liquidität der Unternehmen zu verbessern. Die KfW-Programme sind insgesamt gut und passend und werden erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Bisher sind KfW-Kredite aus diesen Corona-Hilfsprogrammen (Sonderprogramm 2020 und Schnellkredit, ohne Kfw-Konsortialgeschäft) in Höhe von 30,7 Mrd. Euro (Stand 25. August 2020) über die Finanzierungspartner an die Unternehmen zugesagt worden. Dabei entwickelte sich das Antragsgeschehen bis Ende Juni 2020 sehr dynamisch. Seitdem gehen die Neu-Anträge zurück und sind im August 2020 nahezu zum Erliegen gekommen.
Bei der Bereitstellung der KfW-Förderkredite aus den Corona-Hilfsprogrammen nehmen die privaten Banken eine tragende Rolle ein: Ein bedeutender Teil - rund ein Drittel - des zugesagten Kreditvolumens wird von den privaten Banken gestellt. Diese haben bis zum 31. Juli knapp 10 Mrd. Euro bewilligt. Insbesondere Unternehmen mit Anträgen zu großvolumigen KfW-Krediten richten sich an die privaten Banken. Darüber hinaus beteiligen sie sich an den Konsortialfinanzierungen der KfW, wodurch der Gesamtbeitrag der privaten Banken steigt. Aufgrund der strengen Auflagen und der Komplexität dieser Finanzierungen liegt derzeit noch ein beträchtliches von den privaten Banken bereits bewilligtes Kreditvolumen bei der KfW zur weiteren Prüfung im Lenkungsausschuss.
Ausblick auf das 2. Halbjahr 2020
Im 2. Halbjahr 2020 und schon mit Blick auf das kommende Jahr 2021, wird für viele Unternehmen die Solvenz zur Herausforderung. Eine Reihe von Unternehmen aus besonders betroffenen Branchen können den starken Umsatzrückgang bzw. -ausfall voraussichtlich nicht verkraften. Zusätzliche Kredite können an dieser Stelle den Mangel an Eigenmitteln nicht ersetzen und sind bei einer drohenden Überschuldung keine Lösung. Vor diesem Hintergrund rechnen die meisten Banken mit höheren Kreditausfällen und haben daher – ausweislich der veröffentlichten Quartalsberichte im 1. und 2. Quartal 2020 – ihre Risikovorsorge im Firmenkundengeschäft erhöht. Die ursprünglich bis Ende September 2020 aufgehobene Insolvenzantragspflicht für solche Unternehmen, deren Geschäftsmodell von Corona unmittelbar betroffen ist, hat vermutlich dazu beigetragen, dass die Zahl der Insolvenzen zuletzt (im Mai 2020) noch unter der des Vorjahres lag. Auch für den Juli 2020 zeigen die vorläufigen Angaben zu den eröffneten Regelinsolvenzen in Deutschland wie bereits in den vorangegangenen Monaten eine deutliche Abnahme an Verfahren. Im Vergleich zum Juli 2019, dem Monat mit den meisten Regelinsolvenzen im Jahr 2019, sank die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 29,1 %.
Der Koalitionsausschuss vom 25. August 2020 hat die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020 beschlossen - allerdings beschränkt auf überschuldete Unternehmen. Zahlungsunfähige Unternehmen dagegen sind ab 1. Oktober 2020 wieder insolvenzantragspflichtig. In diesem Zuge ist wieder mit einem Anstieg der Insolvenzen ab Oktober zu rechnen.
Gleichwohl stellt sich die Lage aus Bankensicht aktuell als vergleichsweise beherrschbar dar – unter der Annahme, dass es zu keinen weiteren schwerwiegenden Einbrüchen oder Einschränkungen (etwa einem zweitem „Shutdown“) kommt. Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sowie das soziale Sicherungssystem in Deutschland sind wesentliche Ursachen dafür, dass Deutschland bislang gut durch die Krise gekommen ist. Die Banken sehen sich ihrerseits durch den massiven Aufbau von Eigenkapital in den vergangenen Jahren für die bevorstehenden Monate gewappnet.
Rekapitalisierung und Eigenmittel
Liquiditätshilfen in Form von Krediten sind jedoch keine ausreichende Lösung. Mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) hat die Bundesregierung ein Instrument geschaffen, um insbesondere solche Großunternehmen mit Eigen- und Fremdkapital unterstützen zu können, deren Bestandsgefährdung – sinngemäß – systemrelevant wäre. Diese Unternehmen können Anträge auf Hilfe stellen, wenn andere Maßnahmen nicht mehr in Betracht kommen (Bankkredit, Kapitalmarkt, KfW-Instrumente, Landesbürgschaften usw.). Anders als etwa das KfW-Sonderprogramm sieht der WSF nur einzelne Fälle zur Bearbeitung vor und wird die Unterstützungsmaßnahmen in der Regel jeweils individuell strukturieren. Insgesamt bleibt der Zugang – aus Unternehmenssicht – recht restriktiv. Für kleine Unternehmen (bis 10 Mitarbeiter) bietet die Säule II des Schutzschildes für Start-ups – sofern sie auf Länderebene umgesetzt wird – die Möglichkeit, Mezzanine-Kapital zu beantragen. Zusätzlich haben einige Bundesländer weitere Fonds angekündigt, die ähnlich dem WSF speziell für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) eine Rekapitalisierung anbieten.
Die privaten Banken bieten sich auch hier als Partner an. Für kleinere Volumina an Mezzanine-Kapital (bis 4 Mio. Euro) könnten neue oder angepasste Programme (z. B. bei der KfW) über die Banken durchgeleitet werden. Für größere Kapitalbedarfe käme dann die individuelle Behandlung im Rahmen des WSF in Betracht.