Pünktlich zum Jahreswechsel ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft getreten. Das StaRUG ist als ein zentraler Teil des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) Ende Dezember 2020 durch den Deutschen Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Das StaRUG schafft einen Restrukturierungsrahmen, mit dem das geltende Insolvenzrecht ergänzt wird. Hintergrund der Neuregelung ist die im Juli 2019 verabschiedete Sanierungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1023), die die Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsrahmens verlangt. Deren Umsetzung hätte eigentlich noch bis Juli 2021 Zeit gehabt. Angesichts der durch die COVID 19-Pandemie erwarteten steigenden Insolvenzzahlen hat der deutsche Gesetzgeber das Gesetzgebungsverfahren allerdings beschleunigt und das Inkrafttreten bereits auf den 1. Januar 2021 vorgezogen.
Ergänzung des Insolvenzrechts
Die Sanierungsrichtlinie bringt einen Systemwechsel in Deutschland mit sich. Das deutsche Insolvenzrecht sieht bisher das Vorliegen eines Insolvenzgrunds (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) als Ausgangspunkt für ein Insolvenzverfahren vor. Die Richtlinie setzt früher an, nämlich bereits bei einer „wahrscheinlichen Insolvenz“ (Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie). Als vor rund 10 Jahren in Deutschland die Regelungen des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) diskutiert wurden, mit dem der Zugang zur Eigenverwaltung erleichtert und die Insolvenzordnung entsprechend ergänzt wurde, hatte der deutsche Gesetzgeber dies abgelehnt und sich für ein Festhalten am Vorliegen eines Insolvenzgrundes als Auslöser für ein Eigenverwaltungsverfahren entschieden. Somit existierten in Deutschland bis zum 31. Dezember 2020 einerseits ein rein freiwilliges und konsensuales Sanierungsverfahren, bei dem sich ein in der Krise befindendes Unternehmen einvernehmlich mit seinen Gläubigern über etwaige Stundungen und Kürzungen von Forderungen einigen musste, andererseits bei Vorliegen eines Insolvenzgrunds ein verpflichtendes Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung.
Eckpunkte des Restrukturierungsrahmens
Seit dem 1. Januar 2021 gibt es nun mit dem StaRUG einen gesetzlichen Rahmen für ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren, nach dem für den Restrukturierungsplan, mit dem auch Rechtsverhältnisse gestaltet werden können, eine drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 14 StaRUG) vorliegen muss. Mit dem StaRUG sollen – im Gegensatz zu rein konsensualen Sanierungsverhandlungen – künftig ggf. Gläubiger überstimmt werden können, was insbesondere bei Gläubigern, die sich gegen angemessene einvernehmliche Sanierungsbemühungen sperren, sachgerecht sein kann. Das vom Gesetzgeber nun vorgesehene Verfahren ist recht komplex, so dass zu erwarten ist, dass eher große als kleine und mittlere Unternehmen davon Gebrauch machen werden. Die Banken werden sich – als in der Regel eine der zentralen Gläubigergruppen – künftig auf die Durchführung von StaRUG-Verfahren einstellen müssen.
Das StaRUG sieht u.a. die folgenden Regelungen für Restrukturierungsverfahren vor:
- Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement (§ 1 StaRUG)
- Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (§§ 2 ff.), u.a. mit folgenden Elementen:
- Restrukturierungsplan, §§ 2-28, u. a. Vertragsanpassung (§§ 2 ff.)
- Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente (§§ 29-72), u. a. Moratorium (§§ 49 ff.)
- Restrukturierungsbeauftragter (§§ 73-83)
- (eingeschränkte) Öffentlichkeit (§§ 84-88)
- Anfechtungs- und Haftungsrecht (§§ 89-91)
- Sanierungsmoderation (§§ 94-100)
- Frühwarnsystem (§§ 101-102)
Vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht im Zeichen der Pandemie
Angesichts der COVID 19-Pandemie gilt aktuell weiterhin eine Modifikation des Insolvenzrecht. Mit dem Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVInsAG) hatte der Gesetzgeber zum 1. März 2020 die Insolvenzantragspflicht für wegen der COVID 19-Pandemie in einer Krise befindliche Unternehmen ausgesetzt. Diese Aussetzung ist zwischenzeitlich – in der Ausgestaltung allerdings erheblich modifiziert – zuletzt nochmals bis zum 30. April 2021 verlängert worden. Da diese gesetzgeberische Maßnahme als Notfalllösung anzusehen ist, mit der nicht die Krise des Unternehmens behoben werden kann, sondern nur dem Unternehmen und seinen Kreditgeber in der akuten Notlage geholfen werden soll, wurde die ursprüngliche gesetzgeberische Initiative auf breiter Front begrüßt. Die wiederholte Verlängerung wird gleichwohl aus juristischer und ökonomischer Sicht zunehmend kritisch gesehen.