In einer Zeit, in der Banken ihre Outsourcing-Modelle überprüfen und beschließen, viele Funktionen wieder ins eigene Unternehmen zurückzuholen, gewinnt jedoch die Zusammenarbeit mit FinTechs als eine spezielle Form des Outsourcings zunehmend an Bedeutung. Was steckt hinter diesem Trend? Welche Chancen und Probleme sind damit verbunden, und welchen Beitrag kann der Bankenverband leisten, um hier einen Mehrwert zu schaffen?
Bereits im Sommer 2018 brachte der Bankenverband in einem Positionspapier zum Thema Outsourcing zum Ausdruck, dass die Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs ein zunehmend wichtiger Bestandteil der Geschäftsmodelle beider Seiten ist. In der Regel erfolgt diese Zusammenarbeit in Form eines Outsourcing-Arrangements. Um jedoch die Vorteile der verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten nutzen zu können, müssen die derzeit üblichen Onboarding-Prozesse deutlich verbessert werden. Zu diesem Zweck hat der Bankenverband zusammen mit seinen Bank- und FinTech-Mitgliedern eine Leitlinie entwickelt, die den „regulatorischen“ Teil des Onboarding-Prozesses vereinfacht und eine transparentere, effizientere Zusammenarbeit ermöglicht. Davon sollen nicht nur Banken und FinTechs, sondern auch Kunden, Aufseher und Prüfer profitieren.
Onboarding verschlanken und beschleunigen
Unabhängig davon, ob neue Produkte und Dienstleistungen direkt für den Kunden oder zur Verbesserung interner Prozesse entwickelt werden, steht außer Frage, dass im Rahmen jeder Bank-FinTech-Kooperation angemessene regulatorische Anforderungen erfüllt werden müssen. Allerdings sind die derzeitigen Prozesse, mit denen dies bankseitig sichergestellt werden soll, nicht zweckmäßig. Typischerweise werden FinTechs mit unterschiedlichen und oft komplexen Fragebögen konfrontiert, die einen Umfang von 70 bis zu 700 Fragen haben können. Sowohl FinTechs als auch Banken müssen viel Zeit und Aufwand in die Identifizierung und Erfüllung von Anforderungen investieren, die oftmals in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Risiko für die Bank stehen. Dadurch verlängert sich massiv die Zeitspanne bis ein neues, innovatives Produkt an den Markt gehen kann. Während die „technische“ Integration gewöhnlich nur wenige Wochen in Anspruch nimmt, dauert das „regulatorische" Onboarding oft 12 bis 18 Monate.
Das Problem, die zeitliche Differenz zwischen dem „regulatorischen" und dem „technischen“ Ablauf zu schließen, soll die vom bankenverband entwickelte Leitlinie auf der Basis eines zweiteiligen Modells gelöst werden. Danach werden zunächst anhand einer Risikoeinschätzung vier Stufen unterschiedlicher regulatorischer Anforderungen abgeleitet. Für die Risikoeinschätzung ist ein Fragenkatalog mit 18 Fragen zu beantworten. Mit den Fragen wird die Zusammenarbeit mit Hilfe von Risikokategorien wie Leistungserbringung, Informationssicherheit und Geschäftskontinuität bewertet.
Der daraus resultierende Risiko-Reifegrad bestimmt dann die Stufe der Anforderungen, die von Seiten des kooperierenden FinTechs tatsächlich zu erfüllen sind. Die konkreten Anforderungen sind in einem Katalog zusammengefasst, in dem unterschiedliche Anforderungstypen beschrieben sind, die bei jedem Outsourcing berücksichtigt werden müssen.
Grundlage für weiteren Austausch und Standardisierung
Damit gibt die Leitlinie einerseits den Banken mehr Sicherheit in der Auslegung und Anwendung des Proportionalitätsprinzips im Rahmen des Bank-FinTech Outsourcings. Andererseits ermöglichen die klare Struktur, der einfache Ansatz und die Transparenz der Leitlinie den FinTechs einen besseren Einblick in die von ihnen einzuhaltenden Anforderungen. Die FinTechs können sich somit besser auf die Zusammenarbeit mit den Banken vorbereiten. Beides zusammen ermöglicht einen wesentlich effizienteren und effektiveren Onboarding-Prozess und eine schnellere Produkteinführung am Markt.
Je umfassender die Leitlinie in der Praxis Anwendung findet, desto besser lassen sich deren Ziele, eine transparentere, einfachere und schnellere Zusammenarbeit zu schaffen, erreichen. Daher waren bei der Entwicklung der Leitlinie nicht nur Banken und FinTechs, sondern auch Aufseher und Prüfer eingebunden. Die Leitlinie ist damit eine gute Grundlage für eine weitere Standardisierung in Deutschland und Europa. Der Bankenverband strebt an, den Austausch aller Beteiligten über die Umsetzung der Leitlinie fortzuführen.