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Die Krise als Katalysator: Kontaktloses Zahlen auf dem Vormarsch

27.04.2020Artikel
Christian Jung
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Nichts wird wieder so sein wie vor der Corona-Krise. So liest man es zumindest landauf landab, obwohl eigentlich nur eines sicher ist: dass niemand wirklich weiß, wie die Zukunft nach Corona aussehen wird. Für den Bereich der „Realwirtschaft“ befürchten Ökonomen, dass sich internationale Wertschöpfungsketten stärker renationalisieren könnten. Das würde der Globalisierung einen Dämpfer, wenn nicht gar das Umschalten in den Rückwärtsgang bescheren. Dass die Krise wiederum der Digitalisierung einen ordentlichen Schub verleihen dürfte, erscheint plausibel. Ob und wie weit dies über die Nutzung von Homeoffice-Software hinausreichen wird, bleibt aber abzuwarten.

Recht konkrete Folgen der Krise sind mittlerweile beim Zahlungsverhalten der Menschen zu beobachten. Selbst die für ihre Vorliebe zum Bargeld bekannten Deutschen machen derzeit offenbar vielfach neue Erfahrungen. So zeigt eine aktuelle Repräsentativbefragung des Bankenverbands, dass mittlerweile über 60 Prozent der deutschen Verbraucher an Supermarkt- oder anderen Kassen mobil mit Karte oder Handy zahlen. Das hat nicht nur, aber auch mit Corona zu tun. Während 35 Prozent der Befragten bereits vor dem Ausbruch der Pandemie meist mobil und kontaktlos mit Karte oder Handy bezahlten, hat rund ein Viertel der Verbraucher (26 Prozent) ihr Verhalten erst im Zuge der Corona-Krise geändert und verzichtet nun in der Regel bewusst auf Barzahlungen.

Trend zum bargeldlosen Bezahlen beschleunigt

Die Corona-Krise hat damit den in anderen europäischen Ländern schon länger anhaltenden Trend zum bargeldlosen Bezahlen nun auch in Deutschland erheblich beschleunigt. Vier von zehn Befragten (37 Prozent) geben allerdings an, weiterhin genauso oft bar zu bezahlen wie vor der Krise. Es gibt also noch Luft nach oben. 

Corona

Sehr unwahrscheinlich ist indessen, dass sich der Trend nach Überwindung der Pandemie wieder umkehren wird. Viele Kunden dürften sich inzwischen an das schnelle und bequeme kontaktlose Bezahlen gewöhnt haben, zumal der Maximalbetrag, bis zu dem das Verfahren genutzt werden kann, ohne eine PIN einzugeben, von den Banken gerade deutlich erhöht wurde. So geht eine aktuelle Prognose der Strategieberatung Oliver Wyman davon aus, dass der Anteil der Bezahlungen mit kontaktlosen Methoden und mobilen Wallet-Lösungen in den kommenden fünf Jahren weiter zunehmen und die Bargeldnutzung entsprechend zurückgehen wird. 2025 soll demnach nur noch rund ein Drittel (32 Prozent) des Umsatzes auf Basis von Barzahlungen abgewickelt werden. Laut Bundesbank lag der Anteil der Barzahlungen nach Umsatz für das Jahr 2017 noch bei rund der Hälfte (52 Prozent).

Ältere Verbraucher bleiben zurückhaltend

Wie bei Innovationen oft, sind es auch beim bargeld- und kontaktlosen Bezahlen vor allem die Jüngeren, die das Verfahren schneller selbst nutzen, während höhere Altersgruppen hinterher hängen. Nach den Ergebnissen der aktuellen Umfrage des Bankenverbands lassen sich drei Gruppen unterscheiden: zum einen die Befragten unter 50 Jahre, die mehrheitlich bereits vor Ausbruch der Corona-Krise größtenteils mit Karte oder Handy bezahlt haben. Zum anderen die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen, von denen viele Befragte erst anlässlich der Corona-Krise dem Wunsch des Einzelhandels gefolgt sind und nun insbesondere aus hygienischen Gründen Barzahlungen vermeiden. Und schließlich Verbraucher und Verbraucherinnen über 60 Jahre, die ihr Bezahlverhalten mehrheitlich (noch) nicht geändert haben.

Eine ähnliche Korrelation mit der Altersstruktur spiegelt sich übrigens auch beim Online-Banking wider: Vor allem in den jüngeren und mittleren Altersgruppen bis 50 Jahre wickeln bis dato schon rund drei Viertel der Befragten ihre Bankgeschäfte weitgehend online ab; bei den Befragten ab 60 Jahre bewegt sich dieser Anteil lediglich unter einem Drittel (31 Prozent). Auch wenn zu vermuten ist, dass Online-Banking weiterhin Zulauf haben wird, die Corona-Krise ist für die Verbraucher bislang jedenfalls kein zusätzlicher Grund, auf Online-Banking umzusteigen. Lediglich zwei Prozent der Befragten geben an, wegen der bisherigen Erfahrungen aus der Krise künftig stärker Online-Banking nutzen zu wollen. Einiges wird nach der Krise vielleicht dann doch so sein wie vor der Krise.