Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren nahezu jeden Wirtschaftszweig und jedes Geschäftsmodell erfasst und zum Teil erheblich verändert. Die Entwicklung und der Einsatz digitaler Technologien sind daher für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes von ganz wesentlicher Bedeutung. Wie aber schlägt sich Deutschland auf diesem Gebiet?
Aufschluss darüber gibt eine aktuelle Studie, die im Auftrag der staatlichen Förderbank KfW erschienen ist. In der Studie wurden verschiedene Indikatoren analysiert, unter anderem wissenschaftliche Publikationen im Bereich der digitalen Technologien, Patentanmeldungen und IT-Investitionen. Das ernüchternde Fazit: Deutschland hinkt im internationalen Vergleich deutlich hinterher, wenn es um die Erforschung, aber auch um die Anwendung digitaler Technologien geht.
Kein Spitzenplatz bei Publikationen und Patenten
Das zeigt sich etwa an der Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen, die ein guter Indikator dafür ist, wie sehr in einem Land zu einem Thema bzw. einer Technologie geforscht wird. Auf vielen Gebieten schneidet Deutschland hier gut ab, verfügt es doch grundsätzlich über eine hervorragende und breit aufgestellte Grundlagenforschung. Für digitale Technologien gilt das allerdings nur bedingt: Die beiden internationalen Spitzenreiter auf dem Gebiet, China und die USA, veröffentlichen beinahe 6- bzw. 4-mal so viele wissenschaftliche Untersuchungen über digitale Technologien wie Deutschland. Zwar haben deutsche Forscher und Forscherinnen die Anzahl ihrer Veröffentlichungen vom Beginn des Jahrtausends bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie um den Faktor 3,4 erhöht, was ungefähr den Wachstumsraten in den Vereinigten Staaten oder Frankreich entspricht. In China belief sich die Steigerungsrate im gleichen Zeitraum aber auf 17,5.
Auch bei den Patentanmeldungen im Bereich der digitalen Transformation zählt Deutschland international nicht zu den Spitzenreitern; führend ist hier Japan, dicht gefolgt von den USA, die jeweils knapp dreimal so viele Patente wie Deutschland anmelden. Der Abstand zur Spitze sei seit dem Jahrtausendwechsel sogar eher größer geworden, als dass Deutschland zu den führenden Ländern aufgeschlossen hätte, schreibt die KfW.
Negative Handelsbilanz
Da verwundert es nicht, dass Deutschland bei digitalen Technologien seit vielen Jahren eine negative Handelsbilanz ausweist. Deutschland importiert also mehr Waren, die auf digitalen Technologien basieren, als es selbst im Ausland absetzt. Das ist untypisch für die deutsche Wirtschaft, erzielt sie doch mit Produktionstechnologien fast durchgehend zum Teil deutliche Exportüberschüsse.
Nicht nur in der Entwicklung und im Absatz, auch in der Anwendung digitaler Technologien bewegen sich deutsche Unternehmen im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld, wie eine Rangliste der EU-Kommission zeigt. In der Nutzung Künstlicher Intelligenz etwa liegt Deutschland auf Rang sieben der EU-Staaten. Im Bereich Datenanalyse belegen deutsche Unternehmen nur den zehnten, in Sachen Cloud-Computing den 13. Platz. Zwar weisen gut sechs von zehn deutschen Unternehmen laut EU-Kommission mindestens einen grundlegenden Digitalisierungsgrad auf. Damit bleibt Deutschland aber weit hinter Ländern wie Finnland, den Niederlanden oder Dänemark zurück und rangiert insgesamt auf dem neunten Rang in der EU.
Anderswo wird mehr investiert
Problematisch ist, dass sich an dieser Positionierung in naher Zukunft kaum etwas ändern dürfte, denn die Investitionsquote ist eher gering: Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gaben Unternehmen in Deutschland im Jahr 2022 nur 1,4 Prozent für IT-Investitionen aus. Zum Vergleich: In Schweden und in der Schweiz haben Unternehmen im Jahr 2022 rund 5,3 Prozent des BIP in digitale Technologien investiert. Auch Unternehmen in Frankreich, Österreich oder den USA weisen mehr als doppelt so hohe IT-Investitionsquoten vor. Um zu den hoch entwickelten Ländern aufzuschließen, müssten die IT-Investitionen in Deutschland auf das Doppelte oder Dreifache steigen, schreibt die KfW. In absoluten Zahlen wären das 140 bis 180 Milliarden Euro im Jahr. Immerhin hebt die KfW positiv hervor, dass die Digitalisierungsausgaben im Mittelstand im Zuge der Corona-Pandemie deutlich um 35 Prozent zugelegt haben.
Was also ist zu tun? Um die Position Deutschlands bei der Erforschung digitaler Technologien zu stärken, biete es sich an, so die KfW, die diesbezügliche Grundlagenforschung an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu stärken. Auch die Unternehmensforschung würde davon profitieren, da mehr qualifizierte Hochschulabsolventen als Forscherinnen und Ingenieure in den Unternehmen sowie als Partner für gemeinsame Forschungsaktivitäten zur Verfügung stünden. Außerdem gelte es, die Aktivitäten der Unternehmen im Bereich Forschung & Entwicklung wirtschaftspolitisch zu fördern. Ein weiteres Ergebnis der Studie von KfW Research: Die Infrastruktur in Deutschland müsse so ausgebaut werden, dass alle Unternehmen Zugang zu guten Internetverbindungen und Rechenkapazitäten haben. Das ist momentan nicht überall der Fall.
Schwächen, aber auch Stärken
Es gebe allerdings auch erfolgversprechende Anknüpfungspunkte, so die KfW. Die qualitativ hochwertige akademische Forschung im Bereich Künstlicher Intelligenz werde zum Beispiel international sehr geschätzt. Zudem habe Deutschland auch technologische Stärken, etwa im Bereich Roboter und autonomes Fahren. Diese müssen weiter ausgebaut werden.