Impulse für Wachstum und Wohlstand
Positionen des Bankenverbandes zur Bundestagswahl 2025
Deutschland unter Reformdruck
Deutschland steht vor enormen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aufgaben. Die „Zeitenwende“ erfordert erhebliche Anstrengungen nicht nur für unsere Sicherheit, sondern auch für die nachhaltige und digitale Transformation unserer Wirtschaft. Diese vielfältigen Herausforderungen können nur mit umfangreichen Investitionen und einem dynamischen Wirtschaftswachstum bewältigt werden. Tatsächlich aber steckt unsere Volkswirtschaft seit mehr als einem halben Jahrzehnt in einer hartnäckigen Schwächephase. Inzwischen ist Deutschland beim Wachstum das Schlusslicht unter den OECD-Ländern. Der bestehende Handlungsdruck wird durch den Regierungswechsel in den USA noch deutlich größer. Deshalb gilt: Ohne entschlossenes Gegensteuern gefährden wir unseren Wohlstand, mit allen Konsequenzen für die sozialen Sicherungssysteme und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Um die Abwärtsspirale zu stoppen, drängt der Bankenverband darauf, die Investitionsbedingungen in Deutschland zu verbessern und damit das Wirtschaftswachstum nachhaltig zu fördern. Allein mit kurzfristigen konjunkturellen Impulsen wird uns der Befreiungsschlag nicht gelingen. Die neue Bundesregierung muss vor allem für dauerhaft günstige Energie sorgen, Bürokratie abbauen, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen, die Digitalisierung vorantreiben und Unternehmen niedriger besteuern. Deutschland muss seine Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. Banken wollen dabei eine zentrale Rolle spielen.
Strategische Bedeutung des Banken- und Kapitalmarktes
Wettbewerbsstarke Banken und leistungsfähige Kapitalmärkte sind von strategischer Bedeutung für Deutschland und Europa. Sie sind Voraussetzung für Souveränität und Unabhängigkeit.
Ohne starke Banken wird auch die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft nicht gelingen. Denn die erforderlichen Investitionen sind nicht allein durch die öffentlichen Haushalte zu stemmen. Neben der Finanzierung durch Banken müssen zusätzliche Gelder über den Kapitalmarkt mobilisiert werden. Dafür braucht der Banken- und Kapitalmarkt bessere Rahmenbedingungen.
In den letzten Jahren wurde der Finanzsektor fast ausschließlich unter Risikoaspekten betrachtet. Banken müssen sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Deshalb sollten Politik, Regulierung und Aufsichtsbehörden neben der Stabilität die Wettbewerbsfähigkeit stärker berücksichtigen.
Sieben Handlungsfelder für mehr Wachstum und Wohlstand
Das Ausmaß der mit der Bankenregulierung einhergehenden bürokratischen Lasten ist inzwischen so groß, dass negative Folgen auch für die Gesamtwirtschaft erkennbar sind. Die Komplexität der Regulierung wird inzwischen von Gesetzgebern und Aufsichtsbehörden selbst als Problem anerkannt.
Ein eklatantes Beispiel ist die Regulierung im Bereich der Nachhaltigkeit (ESG): Sie droht insbesondere kleinere mittelständische Unternehmen zu überfordern. Anleger und Anlegerinnen wiederum schreckt der umfangreiche Fragenkatalog ab, den sie im Vorfeld einer grünen Geldanlage über sich ergehen lassen müssen.
Daher muss sich die nächste Bundesregierung auf nationaler, wie auch auf europäischer Ebene mit Nachdruck dafür einsetzen, die Regulierung grundlegend zu entschlacken.
- Hierzu ist im ersten Schritt ein Moratorium auf neue Regulierungsvorhaben im Finanzmarktbereich notwendig. Dieses muss flankiert werden von einer gründlichen Analyse der Auswirkungen des Regelwerks auf Banken und Wirtschaft. In dem Review müssen auch die vielen Vorgaben von den europäischen Finanzaufsichtsbehörden berücksichtigt werden, die inzwischen für einen großen Teil der regulatorischen Belastungen verantwortlich sind.
- Neu vorgesehene Regeln müssen strikt daraufhin abgeklopft werden, ob sie wirklich notwendig sind und konsistent mit bereits bestehenden Vorgaben.
- Das ESG-Regelwerk der EU sollte auf Wirksamkeit und Praktikabilität überprüft werden. Die bürokratischen Lasten müssen deutlich reduziert werden.
- Für die Anpassung von Geschäftsbedingungen in Dauerschuldverhältnissen (AGB) sollten vom Gesetzgeber die Rahmenbedingungen praxisgerecht und rechtssicher gestaltet werden. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Stärkung der Rechtssicherheit im unternehmerischen Geschäftsverkehr.
Mehr denn je wird über Regulierung Wettbewerbspolitik betrieben. Schon heute besteht ein Regulierungsgefälle zu den USA, das deutsche und europäische Institute benachteiligt und ungleiche Wettbewerbsbedingungen zur Folge hat. Dies gilt zusätzlich für die Baseler Eigenkapitalvorschriften. Denn es ist unklar, ob die neue amerikanische Administration Basel III überhaupt umsetzen wird. Während die EU an der Einführung ab 1.1.2025 festhält, hat UK bereits reagiert und den Anwendungsbeginn auf Anfang 2026 verschoben. Um ein Level Playing Field wieder herzustellen, sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Politik und Regulierer müssen die Entwicklungen in den USA, insbesondere die Umsetzung von Basel III, aufmerksam beobachten und bereits jetzt mit den Vorarbeiten beginnen, um angemessen reagieren zu können. Die Bank of England hat bereits bestätigt, die Vorgaben so umzusetzen, dass sich insgesamt keine Erhöhung der Kapitalanforderungen ergibt.
- Die kommende Bundesregierung muss in der EU darauf hinwirken, dass die Umsetzung von Basel III nicht als unverrückbar angesehen wird und es vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für europäische Banken gibt.
- Zudem sollte der Finanzplatz Deutschland als wesentlicher Teil des Wirtschaftsstandortes Deutschland angesehen werden. Vorbilder sind andere EU-Länder, die sich viel stärker für die Belange ihres Finanzplatzes einsetzen.
Deutschland und Europa lassen viele Chancen für mehr Investitionen und Wohlstand ungenutzt, weil die Kapitalmärkte kleinteilig und zersplittert sind. Um dieses Potenzial zu nutzen, brauchen wir endlich einheitliche Regeln in der gesamten EU. Ein zentraler Bestandteil der europäischen Kapitalmarktunion sind Verbriefungen. Sie verbinden die bankbasierte Finanzierung mit den Kapitalmärkten. Kleine und mittelständische Unternehmen bekommen so Zugang zum Kapitalmarkt, den sie sonst nicht haben.
Derzeit wird das Potenzial des europäischen Verbriefungsmarktes nicht realisiert. Die Ursache hierfür liegt in den regulatorischen Vorgaben in Europa.
Daher gilt es:
- Die Transaktionskosten sowohl auf der Angebotsseite als auch auf der Nachfrageseite sind zu reduzieren. Nur so können Verbriefungen für eine größere Anzahl von Marktteilnehmern wieder zugänglich gemacht werden.
- Es ist ein deutsches Verbriefungsgesetz zu verabschieden, das die rechtlichen Unsicherheiten und Regelungslücken beseitigt und Deutschland auf den Stand seiner europäischen Nachbarn bringt. Entscheidende Stellschrauben sind die Schaffung einer Sonderform der GmbH im Gesellschaftsrecht, die Verbriefungs-GmbH, sowie die Ausweitung der Befreiung von der gewerbesteuerlichen Doppelbelastung auf alle Verbriefungen.
Um die Kunden ausreichend mit kostengünstigen Krediten, zum Beispiel auch zur Finanzierung von Wohnimmobilien, zu versorgen, müssen gerade in der derzeitigen angespannten Lage regulatorische Hürden abgebaut werden.
Im Bereich der Eigenkapitalvorgaben belastet bei der Kreditvergabe die parallele Anwendung von antizyklischen und sektoralen Kapitalpuffern die Banken doppelt. Seit Februar 2022 gelten folgende Sonderaufschläge: für den antizyklischen Kapitalpuffer 0,75 Prozent und für den sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen 2 Prozent.
Wichtig ist daher:
- Antizyklische und sektorale Kapitalpuffer sollten ausgesetzt werden, damit Banken mit ihrem Eigenkapital mehr Kredite ausreichen können.
- Zusätzliche Belastungen für die Kreditvergabe sollten vermieden werden, etwa durch die Einführung weiterer makroprudenzieller Instrumente.
- Altmittel aus der zu viel gezahlten Bankenabgabe in den Restrukturierungsfonds sollten an die Banken zurückgezahlt werden, um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Dadurch könnten sie mehr Kredite für die Wirtschaft bereitstellen. Alternativ könnten die bereits begonnen Arbeiten an einem Transformationsfonds weitergeführt werden.
- Bei der Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie sollten zusätzliche nationale Regelungen (Goldplating) vermieden werden.
Das Bundesfinanzministerium hat eine Reform der privaten Altersvorsorge angestoßen, mit der ein Altersvorsorgedepot ohne zwingende Beitragsgarantien und ohne verpflichtende lebenslange Verrentung geschaffen werden soll. Damit würde es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, kostengünstig und einfach in verschiedene rentierliche Anlageformen zu investieren. Um die Akzeptanz für die kapitalmarktbasierte private Altersvorsorge zu steigern, ist eine breiter verankerte Finanzbildung von zentraler Bedeutung.
Unsere Forderungen hierzu:
- Die geförderte private Altersvorsorge sollte auf Basis der bisherigen Arbeiten im Bundesfinanzministerium noch im Jahr 2025 reformiert werden. Neue (staatliche) Produkte sind hierfür nicht erforderlich. Es sollte auf einfache, leicht verständliche Angebote zurückgegriffen werden. Die Überarbeitung bestehender komplizierter Produkte wie Riester oder VL-Sparen ist nur die zweitbeste Lösung.
- Die neue Regierung sollte sich an den vielversprechenden Aktivitäten der letzten Monate zum Thema „finanzielle Bildung“ orientieren. Insbesondere muss es nun darum gehen, möglichst schnell eine nationale Finanzbildungsstrategie vorzulegen und diese umzusetzen.
Geschäftsbanken sind im Zahlungsverkehr die zentralen Dienstleister für ihre Kunden in Deutschland: Allein im Jahr 2023 wickelten sie z.B. 7,3 Milliarden Überweisungen für 107 Millionen Girokonten ab. Dabei entwickelt sich der Zahlungsverkehr durch die Digitalisierung kontinuierlich weiter. Zugleich spielen Banken bei anderen digitalen Entwicklungen eine zentrale Rolle. Die digitale Wettbewerbsfähigkeit hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wer die Märkte der Zukunft mitgestalten kann.
Es kommt daher darauf an, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen:
- Die Einführung eines digitalen Euro für Verbraucher ergibt nur Sinn, wenn dieser allen Beteiligten einen Mehrwert schafft und rechtlich sicher ist. Zudem sollten parallel die Arbeiten an einem digitalen Euro im Wholesale-Bereich vorangetrieben werden.
- Die Datenschutz-Grundverordnung sollte deutschlandweit einheitlich interpretiert und auf EU-Ebene weiterentwickelt werden, um den neuen Anforderungen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz gerecht zu werden.
- Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte ein zivilrechtlicher Rahmen für Kryptowerte geschaffen werden.
- Es sollten die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, um anstelle der aktuellen Schriftformerfordernisse digitale Alternativen zuzulassen.
- Maßnahmen zur Einführung des bundesweiten Datenbankgrundbuchs sollten deutlich beschleunigt werden.
- Die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor muss ausgebaut werden, um Cyber-Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können.
Für den Wirtschafts- und Finanzstandort Deutschland ist es wichtig, im steuerlichen Bereich wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Banken muss ermöglicht werden, ihre Geschäfte ohne Wettbewerbsnachteile gegenüber Instituten aus anderen Staaten innerhalb und außerhalb der EU auszuüben.
Konkret heißt das:
- Die Steuerbelastung von Unternehmensgewinnen sollte auf 25 Prozent gesenkt werden.
- Systemwidrige Einschränkungen bei der Berücksichtigung von Betriebsausgaben sollten vermieden werden, wie das Betriebsausgabenabzugsverbot für Beiträge an den Single Resolution Fund („Bankenabgabe“).
- Die Umsatzbesteuerung bei der Verwaltung von Konsortialkrediten sollte aufgehoben werden.
- Die Grunderwerbsteuer sollte beim Ersterwerb von Grundstücken oder Wohnimmobilien für eigene Wohnzwecke entfallen.
Download
Kontakt
Kolja Gabriel
Mitglied der Geschäftsleitung
Kontakt
Dr. Markus Kirchner
Leiter Politik Deutschland