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Decentralised Finance: Chancen und Risiken für Nutzer und Banken

13.12.2023Artikel
Tobias Tenner
Simon Zieglgruber
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Chancen und Risiken des DeFi-Marktes für Nutzer und Banken

Decentralised Finance, kurz DeFi, ist der Sammelbegriff für Finanzdienstleistungen, die automatisiert von DeFi-Protokollen über öffentliche Blockchains angeboten werden. Wesentliches Charakteristikum von DeFi ist, dass die Transaktionen über ein aus Smart Contracts bestehendes Protokoll stattfinden, welches die beiden Parteien automatisiert miteinander verknüpft. Im Gegensatz zum traditionellen Finanzsystem, das als Centralised Finance (CeFi) bekannt ist, stützt sich DeFi nicht auf zentrale Instanzen, die Transaktionen überwachen und genehmigen. Stattdessen nehmen digitale Protokolle zwischen allen Teilnehmern und Koordinierungsverfahren diese Rolle ein.

Der Bundesverband deutscher Banken beobachtet die Entwicklung von DeFi bereits seit einigen Jahren. Keine Frage, DeFi kann das bestehende Angebot an Finanzdienstleistungen sinnvoll ergänzen, sofern sich der DeFi-Markt weiterentwickelt und an Reife gewinnt. Die Banken werden auch weiterhin eine wichtige Rolle in einem Markt mit DeFi einnehmen. Die fehlende regulatorische Klarheit in Bezug auf DeFi-Protokolle stellt jedoch eine Herausforderung für betroffene Institute dar, mit DeFi-Anbietern zusammenzuarbeiten oder ihre Marktpräsenz zu erweitern.

Wie bei den meisten neu aufkommenden Technologien verbreiten auch die an DeFi Beteiligten vor allem die Kunde vom enormen Potenzial, das die Dezentralisierung von Finanzdienstleistungen den Nutzern in Zukunft bietet. Allerdings sind mit der Nutzung von DeFi-Anwendungen auch erhebliche Risiken verbunden. Banken, Aufsichtsbehörden und Kunden sollten sicherstellen, dass sie die Chancen, die mit dem Einstieg in den DeFi-Sektor verbunden sind, ebenso verstehen wie die potenziellen Risiken, die sie damit eingehen. 

Da sich die Technologie weiterentwickelt, ist es für uns wichtig, unsere Mitglieder bei ihren Unternehmungen in diesem Bereich zu unterstützen. Im Folgenden skizzieren wir die potenziellen Chancen und Risiken des DeFi-Ökosystems sowohl aus der Sicht der Nutzer  (im Sinne der Verbraucher) als auch der Banken.

Chancen aus Sicht der Nutzer     

DeFi bietet einen einfachen Zugang zu bestimmten Finanzanwendungen mit niedrigen Eintrittsbarrieren. Die Nutzer können von fast jedem Smartphone aus auf die DeFi-Plattformen zugreifen, wobei in den meisten Fällen ein Bankkonto im klassischen Sinne nicht erforderlich ist. Die Nutzer profitieren auch von einem im Vergleich zu CeFi höheren Grad an Anonymität, wodurch die Anwendung für Personen attraktiver wird, die besonderen Wert auf Datenschutz legen. Außerdem haben Nutzer insgesamt eine bessere direkte Kontrolle über ihr Vermögen, da sie ihre persönliche Brieftasche ständig im Blick haben und Transaktionen jederzeit und überall über intelligente Verträge durchgeführt werden können. 

DeFi-Protokolle bieten auch eine höhere Transparenz, da die Nutzer rund um die Uhr Einblick in ihre Geldflüsse haben sowie Zugang zu On-Chain-Proofs von hinterlegten Geldern. Darüber hinaus ermöglichen öffentliche Chains die Überprüfung von Transaktionen und Smart-Contract-Codes. Und schließlich machen die  Renditechancen aus DeFi-Anwendungen wie bei der Liquiditätsbereitstellung  den Einsatz der Technologien im Vergleich zu herkömmlichen Finanzprodukten attraktiver. Zudem können Nutzer mit fortgeschrittenen technischen Kenntnissen durch den Einsatz der Distributed Ledger Technology, kurz DLT, Renditen erzielen, z. B. durch Staking  (Staking ist ein Prozess, bei dem Nutzer ihre Kryptowerte in einem Netzwerk hinterlegen, um neue Blöcke zu erstellen und Belohnungen zu erhalten.).

Risiken aus Sicht der Nutzer    

Die Verwendung von Smart Contracts als alleinige "Vermittler" bei Transaktionen stellt ein Risiko dar. Es ist nahezu unmöglich Transaktionen mit DeFi-Protokollen rückgängig zu machen, was im Falle eines Hackerangriffs problematisch ist. Zudem können Schwachstellen im Programmcode der Protokolle zu finanziellen Verlusten und Benutzerfehler bei der Aufbewahrung privater Schlüssel oder der Interaktion mit Smart Contracts zum Verlust von Krypto-Vermögenswerten führen. Mangelnde technologische Kenntnisse und Kompetenzen der Nutzer können ebenfalls Betrug begünstigen.

Die Nutzer sind einer hohen Volatilität ausgesetzt. DeFi-Token und -Vermögenswerte können erheblichen Preisschwankungen und potenziellen Verlusten unterliegen, wenn die Sicherheiten in intelligenten Verträgen liquidiert werden. Ein weiterer Grund zur Sorge ist, dass die Bereitstellung von Liquidität für dezentrale Börsen (DEXs) aufgrund von Preisänderungen bei den hinterlegten Vermögenswerten zu Verlusten  führen kann. Die komplexe Funktionsweise der Protokolle und der intelligenten Verträge macht es oft schwierig, das Ausmaß möglicher Verluste annähernd vorherzusehen.

Die Marktpräsenz unregulierter Anbieter birgt zusätzliche Risiken und Unsicherheiten für die Nutzer. Unklar sind insbesondere die Haftungsfragen im Falle möglicher Wertverluste des investierten Kapitals aufgrund von Hacks oder Schwachstellen in den Plattformen.

Chancen aus Sicht der Banken

Partnerschaften mit DeFi-Plattformen oder eine Integration  von DeFi-Protokollen in das eigene Banking-Ökosystem können als innovative Erweiterung des Geschäftsmodells betrachtet werden. Die eigene Entwicklung  von maßgeschneiderten Smart Contracts durch Banken für ihre Kunden kann zudem die Nutzererfahrung und Kundenbindung verbessern. Generell bietet die Nutzung von DeFi-Plattformen dank der Automatisierung von Prozessen durch Smart Contracts und einer optimierten Kontrolle der Liquidität die Chance zu Effizienzsteigerungen. Außerdem vereinfacht die Nutzung von DeFi-Anwendungen den Markteintritt und ermöglicht einen besseren Zugang zu neuen Kundengruppen. Das führt zu einer stärkeren Marktexpansion, z. B. durch EU-weite Angebote. Ebenso werden die Servicekapazitäten erweitert, da automatisierte DeFi-Anwendungen eine 24/7-Verfügbarkeit von Kreditdienstleistungen ermöglichen. Darüber hinaus lassen sich die Gesamtrisiken minimieren, indem Kontrahentenrisiken durch DvP-Contracts (Delivery Versus Payment) eliminiert werden.    

Risiken aus Sicht der Banken

Grundsätzlich könnte der dezentrale Ansatz das Geschäft traditioneller Finanzintermediäre kannibalisieren. Da die neuen DeFi-Plattformen derzeit nicht hinreichend reguliert sind, birgt die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Anbietern gerade angesichts der derzeitigen volatilen Marktsituation und der geringen Markttransparenz das Risiko von finanziellen Verlusten und Reputationsschäden. Der Einstieg in den DeFi-Bereich ist daher mit größeren regulatorischen Herausforderungen verbunden, die die Banken höheren Compliance-Risiken aussetzen, einschließlich Haftungs-, Geldwäsche- und Steuerproblemen. Sollte es infolge regional unterschiedlicher regulatorischer Entwicklungen im Bezug auf DeFi zu einer internationalen Fragmentierung des Markts kommen, so besteht die Gefahr einer Klumpenbildung in einzelnen regionalen Märkten, gerade auch durch die geographische Unabhängigkeit der zugrundeliegenden Technologie. 
Die Integration von DeFi birgt für Banken auch operative Risiken, da sie ihre Infrastruktur und ihr Risikomanagement an die Handhabung von Smart Contracts anpassen müssen. Sicherheitsprotokolle und Cybersicherheitsmaßnahmen müssen erneuert werden, um mit den dezentralen Protokollen und den dynamischen Marktentwicklungen Schritt zu halten.

Insgesamt unterstützen wir als Bankenverband die Entwicklungen im DeFi-Bereich und die damit verbundenen Innovationen. Allerdings ist es entscheidend, dass DeFi-Anwendungen zu einem echten Mehrwert für Verbraucher und die Realwirtschaft werden. Am wichtigsten ist es daher, bestehende Regulierungslücken zu schließen, um den Kundenschutz und die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen sich alle Beteiligten das nötige Wissen aneignen und die erforderlichen technologischen Fähigkeiten entwickeln, um sich vollkommen darauf einlassen zu können. Da sich das regulatorische Umfeld noch weiterentwickelt, ist es ebenfalls von diesen Vorschriften abhängig, wie das traditionelle Finanzwesen künftig mit DeFi interagieren wird. Erst wenn der regulatorische Rahmen klar ist und die Risiken besser eingeschätzt werden können, können traditionelle Institute beginnen, DeFi-Anwendungen in größerem Umfang zu nutzen und zu integrieren. 

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Ansprechpartner

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Tobias TennerThemengruppenleiter, Associate Director
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Simon ZieglgruberAssociate
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Morgaine GerlachPressesprecherin für Digital- und Verbraucherthemen