Mit der Einführung eines Digitalen Euros soll Europa unabhängiger, wettbewerbsfähiger und resilienter werden. Die Deutsche Kreditwirtschaft unterstützt diese Ziele. Wir sind davon überzeugt, dass ein Digitaler Euro unter bestimmten Bedingungen die Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit Europas im Zahlungsverkehr stärkt. Dies setzt insbesondere voraus, dass der Digitale Euro nicht nur für Nutzer und Händler, sondern auch für Zahlungsdienstleister echte Mehrwerte bietet und eine breite Akzeptanz am Markt findet.

In der Erarbeitung und Umsetzung erfordert dies eine enge Zusammenarbeit zwischen der EZB und dem Privatsektor, um die jeweiligen Kompetenzen sinnvoll zu bündeln und diese Ziele zu erreichen. Zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit gilt es, die bereits bestehenden und bewährten europäischen Zahlungsverkehrsangebote zu erhalten sowie bestehende und neue Verfahren wie z.B. SEPA, Bizum und EPI/wero als Wegbereiter für einen Digitalen Euro zu fördern. Dies würde hohe Implementierungskosten vermeiden und privatwirtschaftliche Innovationsprojekte bis zum tatsächlichen Marktstart des Digitalen Euros stärken.

Ein Digitaler Euro muss so gestaltet werden, dass Kosten und Komplexität auf Basis marktwirtschaftlicher Prinzipien minimiert werden. Bestehende und praxiserprobte Infrastrukturen sollten genutzt werden, um Planungssicherheit für Investitionen und Innovationen europäischer Zahlungsdiensteanbieter zu gewährleisten. Die angestrebte Stärkung der europäischen Souveränität im Zahlungsverkehr bedeutet auch, eine Balance zwischen europäischen und außereuropäischen
Anbietern herzustellen.

Auf der Basis der derzeitigen Ausgestaltung des Projekts und des Produkts „Digitaler Euro“ lassen sich die angestrebten Ziele allerdings nicht erreichen. Daher sehen wir Verbesserungsbedarf: Insbesondere muss der Digitale Euro zweckmäßig und ausschließlich für das digitale Bezahlen konzipiert werden sowie allen Beteiligten – Verbrauchern, Händlern, Unternehmen, Banken und Sparkassen – echte Mehrwerte bieten. Nur dann ist auch mit einer breiten Akzeptanz am Markt zu
rechnen. Zudem sind unbeabsichtigte Folgen zu vermeiden und ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen sowie Planungssicherheit für europäische Zahlungsverkehrsangebote zu schaffen. Schließlich ist ein rechtssicherer Rahmen die Voraussetzung für Vertrauen und Akzeptanz einer digitalen Währung.

Die Deutsche Kreditwirtschaft wird diesen Prozess konstruktiv unterstützen und ihre umfassende Expertise einbringen, um den Digitalen Euro so erfolgreich zu machen, wie sein physisches Pendant, das Euro-Bargeld.

1. Die bewährte Rollenverteilung zwischen Staat und Privatsektor

1. Die bewährte Rollenverteilung zwischen Staat und Privatsektor sichert eine nachhaltige und marktfähige Lösung

Die Entwicklung des Digitalen Euros muss in noch engerer Zusammenarbeit mit dem Privatsektor erfolgen. Dies erschließt Innovationspotenziale und stellt sicher, dass die Bedürfnisse der Nutzer noch besser verstanden werden.

Der Digitale Euro muss bestehende und zukünftige europäische privatwirtschaftliche Zahlungsverkehrsangebote komplementieren oder innerhalb dieser nutzbar gemacht werden, anstatt diese vom Markt zu verdrängen. Dies erfordert eine ausgewogene und klare Rollenteilung zwischen der EZB als ausgebende Institution des Digitalen Euros und der Kreditwirtschaft: Banken und Sparkassen stellen ihren Kunden als Intermediäre den Digitalen Euro über ein Frontend ihrer Wahl zur Verfügung und schaffen innovative Mehrwerte für ihre Kunden. Dies ermöglicht die Integration in Zahlungsverkehrsangebote unter Nutzung etablierter Standardisierungsinitiativen und -organisationen der europäischen Kreditwirtschaft (z. B. European Payments Council).

Die Rolle der EZB sollte sich ausschließlich auf die Bereitstellung eines Digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel sowie auf die Zurverfügungstellung der Backend-Infrastruktur fokussieren.

Nur durch eine klare Rollenverteilung können sonst drohende Interessenskonflikte der EZB vermieden werden, falls sie als Aufseher (z. B. im Rahmen des PISA-Framework) und als Anbieter von Zahlungsverkehrsangeboten agieren würde.

2. Komplexität und Implementierungskosten deutlich reduzieren

2. Komplexität und Implementierungskosten deutlich reduzieren

Die geplanten Anwendungsfälle und Funktionen eines Digitalen Euros sind derzeit ausgesprochen umfangreich und wurden bisher keiner abschließenden Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. In der gegenwärtigen Ausgestaltung wird die Einführung des Digitalen Euros für die Privatwirtschaft erhebliche Kosten verursachen und Ressourcen über mehrere Jahre binden. Bereits heute ist abzusehen, dass diese Ressourcen anderen Innovationsprojekten jahrelang fehlen werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit aller europäischen Zahlungsdienstleister langfristig beeinträchtigt wird.

Es ist daher unerlässlich, dass sich die Ausgestaltung des Digitalen Euros klar an der tatsächlichen Nachfrage am Markt ausrichtet. Hierbei sollte der Digitale Euro Zentralbankgeld dort verfügbar machen, wo Bargeld als Zahlungsmittel nicht verwendet werden kann, vornehmlich im digitalen Raum, im Sinne „Digital Only“. Hierbei sollten bestehende Standards, Infrastrukturen und Zahlungsverkehrsangebote (bspw. SEPA, EPI/wero, etc.) genutzt werden, denn diese werden bereits kontinuierlich entsprechend der Verbraucher- und Händlerbedürfnisse weiterentwickelt. Das Ziel, Sicherstellung einer hohen Privatsphäre, kann zudem nicht nur mithilfe einer Offline-Funktionalität erreicht werden, sondern auch durch eine Weiterentwicklung der bereits bestehenden Infrastruktur und des zugrundeliegenden Rechtsrahmens. Daher muss die Offline-Funktionalität nicht zwangsläufig gleichzeitig mit der Online-Funktionalität umgesetzt werden.

3. Souveränität stärken, unbeabsichtigte Folgen vermeiden

3. Souveränität stärken, unbeabsichtigte Folgen vermeiden

Es ist für den europäischen Gesetzgeber von zentraler Bedeutung, dass der Digitale Euro zur Stärkung der europäischen Souveränität, auch im Finanzsektor beiträgt. Der Digitale Euro soll dabei einer fortschreitenden Dominanz außereuropäischer Akteure beim laufenden Wettbewerb um Bezahllösungen der Bürgerinnen und Bürger auf ihren Smartphones entgegenwirken. Europäische Banken tun dies seit geraumer Zeit, indem Sie Angebote in Form nationaler Card Schemes schaffen und paneuropäische Initiativen vorantreiben (z. B. EPI/wero).

Der Digitalen Euro darf die europäische Souveränität im Finanzsektor nicht konterkarieren. Doch die aktuelle Ausgestaltung sorgt für eine unverhältnismäßig hohe Kostenbelastung auf Seiten der europäischen Sparkassen und Banken und bindet Ressourcen, die beim weiteren Ausbau europäischer Angebote fehlen werden. Das wiederum führt dazu, dass im wachsenden Markt von Wallet-Anbietern bereits bestehende Marktteilnehmer ihre Wettbewerbsvorteile und Marktanteile weiter ausbauen könnten, wenn sie den Digitalen Euro und die hierfür von Banken bereitgestellte Verbindung zu den Girokonten kostenfrei nutzen können.

4. “Same business, same risk, same rules“

4. “Same business, same risk, same rules“ – angedachter Rechtsrahmen muss Wettbewerbsverzerrungen vermeiden

Nach den derzeitigen Überlegungen der EZB und der Kommission soll sich das Bezahlen mit dem Digitalen Euro nach den Vorgaben des Zahlungsdiensterechts (PSD2, zukünftig PSR) richten. In diesem Rahmen ist sicherzustellen, dass auch tatsächlich alle Regelungen des Zahlungsdiensterechts (Haftung, Wertstellung, Informationspflichten), die auch für das Bezahlen mit Giralgeld gelten, auf den Digitalen Euro zur Anwendung kommen. Eine Bevorzugung des Digitalen Euros würde einen unverhältnismäßigen Markteingriff darstellen und zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Ausgenommen hiervon ist die angedachte, gesetzlich normierte Annahmeverpflichtung für einen Digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel, die einen wichtigen Bestandteil für den Erfolg des Digitalen Euros darstellt.

5. Der Digitale Euro muss Mehrwerte bieten

5. Der Digitale Euro muss Mehrwerte bieten

Der Digitale Euro sollte nicht nur eine zusätzliche digitale Möglichkeit zur Zahlung mit Zentralbankgeld in Ergänzung zum Bargeld darstellen, sondern muss für alle (Verbraucher, Händler, Staat, Banken und Sparkassen sowie Zahlungsdienstleister) attraktiv sein und Mehrwerte bieten. In seiner Ausgestaltung muss er höchsten Sicherheits- sowie Datenschutzstandards genügen und über benutzerfreundliche Funktionen verfügen, die sich nahtlos in den Alltag der Menschen einfügen und dazu beitragen, den Zugang zu Finanzdienstleistungen noch weiter zu verbessern. Ansonsten wird er nicht die nötige Akzeptanz am Markt erreichen.

6. Angemessene Vergütungsmechanismen für alle Beteiligten ermöglichen

6. Angemessene Vergütungsmechanismen für alle Beteiligten ermöglichen

Banken und Sparkassen werden den höchsten Anteil der Kosten bei der Implementierung und dem Betrieb des Digitalen Euros stemmen müssen, wie zum Beispiel die Bereitstellung der Aufladungs- und Auszahlungs-Funktionalitäten auch gegenüber anderen Zahlungsdienstleistern, die nur eine Wallet anbieten, so dass eine angemessene Kompensation dieser Kosten sichergestellt sein muss.

Darüber hinaus werden Banken und Sparkassen unverhältnismäßig in ihrer grundrechtlich geschützten, unternehmerischen Freiheit eingeschränkt: Kreditinstitute werden gesetzlich verpflichtet, den Digitalen Euro anzubieten und zu vertreiben. Gleichzeitig müssen sie Verbraucherinnen und Verbrauchern umfangreiche Dienstleistungen entgeltlos bzw. zu gedeckelten Entgelten anbieten. Dieser Deckel orientiert sich an bereits etablierten Zahlungssystemen. Allerdings bedarf der Digitale Euro neuer Infrastruktur für Zahlungsverkehr und Kontenführung in der Kreditwirtschaft. Diese Kosten werden aufgrund der vorgeschlagenen gesetzlichen Entgeltregelungen nicht angemessen kompensiert. Hier gilt es, im Interesse der Marktstabilität und der Gewährleistung eines verlässlichen und robusten Systems für den Digitalen Euro, angemessene, marktorientierte Vergütungsmodelle für alle Beteiligten zu finden.

7. Angemessene Halte- und Transaktionslimite zur Wahrung der Finanzmarktstabilität

7. Angemessene Halte- und Transaktionslimite zur Wahrung der Finanzmarktstabilität und zum Verbraucherschutz

Zur Sicherung der Finanzmarktstabilität ist ein angemessenes und rechtlich abgesichertes Haltelimit für den Digitalen Euro unerlässlich. Dieses Limit soll verhindern, dass Bankeinlagen in großem Umfang in den Digitalen Euro fließen, was die Liquidität der Banken und Sparkassen beeinträchtigen und deren Fähigkeit zur Kreditvergabe schwächen könnte. Dies ist vor allem in Krisensituationen wichtig, um einen beschleunigten Einlagenabfluss aus dem Banksystem zu vermeiden.

Wie grundsätzlich im Zahlungsverkehr sind Transaktionslimite vor allem zum Schutz des Verbrauchers und zur Bekämpfung von Betrug elementar. Ähnlich wie bei bestehenden Girokonten sollte dieses Limit flexibel bank- und kundenindividuell gestaltet werden können, um auf die Bedürfnisse und Risikoprofile der jeweiligen Kunden einzugehen.

8. Der Digitale Euro muss rechtsstaatlichen Anforderungen genügen

8. Der Digitale Euro muss rechtsstaatlichen Anforderungen genügen

Ein Digitaler Euro ist nur dann erfolgreich, wenn er von den Bürgern und der Wirtschaft Europas akzeptiert wird. Dies setzt voraus, dass der Rechtsrahmen zur Einführung des Digitalen Euros rechtsstaatlichen Anforderungen genügt, so dass Rechts- und Planungssicherheit geschaffen wird. Die Ausgestaltung des Digitalen Euros muss sich innerhalb des Mandats des EU-Gesetzgebers bewegen und zugleich die grundrechtlich zugesicherte unternehmerische Freiheit von Marktakteuren beachten. Es ist entscheidend, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen klar festgelegt werden, insbesondere in Bezug auf die Anwendung nationaler Vorschriften (u. a. zum Sachenrecht) bei der Übertragung des Digitalen Euros bzw. der Anwendung des EU-Zahlungsdiensterechts.

Exkurs: Zeitnahe Einführung einer Wholesale-Settlement-Lösung

Exkurs: Zeitnahe Einführung einer Wholesale-Settlement-Lösung zur Stärkung des europäischen Finanzmarkts

Die internationale Entwicklung, wie bspw. die Aktivitäten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS), zeigt eine Verlagerung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten hin zu Wholesale-CBDC, dem digitalen Zentralbankgeld für den Interbanken- und Finanzmarkt. Finanzdienstleister und Unternehmen im Eurosystem zeigen sich interessiert an der Einführung von Möglichkeiten, durch auf Distributed Ledger Technologie (DLT) initiierte Transaktionen in Zentralbankgeld zu setteln. Diese sind die Grundlage für Innovationen in der automatisierten Abwicklung von Wertpapiergeschäften, Zahlungsverkehr und Sicherheiten.

Die Nutzung neuer Technologien wie Tokenisierung und Smart Contracts auf DLT schafft in diesen Bereichen Potenzial für Effizienzgewinne, beispielsweise durch eine Verringerung von Abwicklungskosten, -zeiten und Ausfallrisiken. Die durch das Eurosystem im Jahr 2024 getesteten Wholesale-Settlement-Lösungen würden bei finaler Implementierung Innovationen fördern und die Wettbewerbsfähigkeit des Eurosystems stärken. Nun ist es an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen und eine zeitnahe Einführung in Kooperation mit dem Privatsektor zügig voranzutreiben. Wir schließen uns der Sichtweise von Piero Cipollone (Mitglied des Direktoriums der EZB, Vorsitzender der High-Level Taskforce des Eurosystems zum digitalen Euro) an, dass DLT eine Möglichkeit bereitstellt, die europäische Kapitalmarktunion durch zukunftsweisende Technologien voranzutreiben.

Mit einer Lösung des Eurosystems gilt es die internationale Rolle des Euros, sowie die Vorreiter-Rolle der europäischen DLT-basierten Kapitalmärkte weiter auszubauen. Insbesondere im asiatischen Raum sind Zentralbanken aktiv in der Entwicklung von Wholesale-Settlement-Lösungen involviert. Eine Wholesale-Settlement-Lösung würde Europas globale Bedeutung und die des Euros stärken.

Kernforderungen der Deutschen Kreditwirtschaft zum Digitalen Euro

PDF

Kontakt

Tobias Tenner

Tobias Tenner

Leiter Digital Finance

Kontakt

Kathleen Altmann

Kathleen Altmann

Pressesprecherin