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Finanzbildung jetzt: Next Steps!

18.10.2024Artikel
Christian Jung
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Es sind besondere Tage für die „Community“ der Institutionen und Akteure, die sich in Deutschland für eine bessere Finanzbildung einsetzen. Kürzlich erst der Vorschlag der OECD für eine nationale Finanzbildungsstrategie. Wenig später der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzbildung. Diese Woche dann das von BMF und BMBF organisierte Festival „Mit Geld und Verstand“, auf dem sich mehr als 800 Stakeholder zusammenfinden und über nahezu alle Facetten der Finanzbildung austauschen konnten. Es scheint, als nehme die im Frühjahr 2023 von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger gestartete „Initiative Finanzielle Bildung“ nun richtig Fahrt auf.

Veranstaltung

Kein Zufall, dass der Bankenverband, das Bündnis für ökonomische Bildung (BÖB) und der Bundesverband DIE JUNGEN UNTERNEHMER/DIE FAMILIENUNTERNEHMER nur einen Tag nach dem „Festival“ zu einer Standortbestimmung und Diskussion der nächsten Schritte in der Finanzbildung geladen hatten. Mit Prof. Dr. Carmela Aprea, Direktorin des Mannheim Institute for Financial Education (MIFE) und Wirtschaftspädagogin an der Universität Mannheim, Thomas Hoppe, Bundesvorsitzender „DIE JUNGEN UNTERNEHMER“/DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V., Verena von Hugo, Vorsitzende des Bündnis Ökonomische Bildung e.V., Ralf Neugschwender, Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer und Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz war das Panel mit erfahrenen Expertinnen und Experten besetzt. Die Moderation übernahm vor vollem Haus die Leiterin Finanzbildung des Bankenverbands, Andrea Grabner. 

Ein Anfang ist gemacht

Die Einordnung und Stimmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum aktuellen Finanzbildungsgeschehen spiegelte eine Mentimeter-Umfrage zu Beginn anschaulich wider: Aufbruch, Anfang, auf dem Weg, ausbaufähig – das waren die zentralen Zuschreibungen mit Blick auf den Stand der Initiative. BÖB-Vorsitzende Verena von Hugo griff das in einer positiven Zwischenbilanz auf und würdigte die Initiative zur Umsetzung einer nationalen Finanzbildungsstrategie als einen wichtigen Schritt, dem nun weitere folgen müssten. Sie mahnte insbesondere die stärkere Integration der Schulen, und damit der Länder, an. Eine nachhaltige finanzielle und ökonomische Grundbildung in der Fläche auszurollen, sei nur möglich, wenn die Schulen unmittelbar einbezogen werden. 

Veranstaltung

Dass in den anderthalb Jahren seit Start der Finanzbildungsinitiative schon einiges erreicht wurde, hob auch Professorin Dr. Carmela Aprea hervor. Neben den Fortschritten bei der Entwicklung der Finanzbildungsstrategie sei die Forschungsförderung angestoßen und die Community der Finanzbildungsanbieter bundesweit zusammengeführt worden. „Das sind Assets, auf die aufgebaut werden kann“, meinte sie. Nun gehe es darum, die Finanzbildungsinhalte entlang unterschiedlicher Lebensphasen näher zu definieren und sich um Qualitätssicherung zu bemühen. Hochwertige Finanzbildungsangebote sollten danach nicht nur sachlich richtig, pädagogisch-didaktisch geeignet und ideologiefrei sein, sondern auch einen Wirksamkeitsnachweis führen können. 

Von seinen Erfahrungen als Unternehmer berichtete Thomas Hoppe. In Gesprächen mit jungen Menschen, die sich für einen Ausbildungsplatz interessieren, fielen ihm oft große Wissenslücken auf. „Bei vielen hapert es da schon an der Prozentrechnung“, meinte er und führte das zum einen – mit Verweis auf eine vom Verband der Familienunternehmen durchgeführte Schulbuchstudie – auf einen Mangel an guten Lehrbüchern zurück. Zum anderen seien aber auch die Lehrkräfte oft nur unzureichend zu Finanz- und Wirtschaftsthemen ausgebildet. 

Schulen tragen zur Finanzbildung (zu) wenig bei

Eine mangelhafte Vermittlung von Finanzbildung an den Schulen bestätigen indes auch Ergebnisse der aktuellen Jugendstudie des Bankenverbands, die Moderatorin Andrea Grabner als Impuls in die Runde einbrachte. Danach geben 80 Prozent der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 24 Jahren an, in der Schule „wenig“ (40%) oder „so gut wie nichts“ (40%) zu lernen bzw. gelernt zu haben. Gleichzeitig, so Grabner, sprechen sich neun von zehn Befragten (92%) dafür aus, in der Schule mehr zu Wirtschaft und Finanzen zu erfahren. 

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Diesem Anliegen schloss sich Fabian Schön, selbst noch Schüler, vehement an. Die Schule sei schon aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit der richtige Ort für die Vermittlung. Dort würden auch Jugendliche aus sozio-ökonomisch schwächeren Familien erreicht, denen von zu Hause oft die entsprechenden Grundlagenkenntnisse nicht mitgegeben werden können. Er wünsche sich, so Schön, von Politik und Verwaltung mehr Unterstützung für die Schulen. Bisher basierten die dort vermittelten Inhalte noch zu sehr auf einzelnen Initiative engagierter Lehrkräfte, Schüler/innen und Schulleitungen.

Mehr Engagement der Länder gewünscht

Von Seiten des Realschullehrer-Verbands unterstütze Ralf Neugschwender diese Forderung nachdrücklich. Er sprach sich für die Verankerung von Wirtschafts- und Finanzbildung in den Lehrplänen aller Bundesländer aus. Ein eigenes Fach, in dem Wirtschaft und Finanzen unterrichtet werden, würde auch die richtigen Impulse für die qualifizierte Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte aussenden.

Einen hoffnungsvollen Ausblick auf das während der Veranstaltung allseits gewünschte stärkere Engagement der Bundesländer konnte als „special guest“ der Leiter der Finanzmarktabteilung im hessischen Finanzministerium, Andreas Rolker, geben. Hessen, das als einziges Bundesland am Vortag am Finanzbildungsfestival des Bundes mitwirkte und inzwischen eine Reihe eigener Maßnahmen zur Stärkung von Finanzbildung auf den Weg gebracht hat, werde die Initiative des Bundes weiter unterstützen.

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Dies sollten auch andere Länder tun, so der Appell Rolkers. Würde er in den Finanz- und Kultusministerien der deutschen Landeshauptstädte tatsächlich erhört werden, da dürften sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung einig gewesen sein, wäre das für die Finanzbildung in Deutschland ein gewaltiger Fortschritt.

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Fotos von der Veranstaltung: © Jens Schicke

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Christian JungDirector
Bundesverband deutscher Banken