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NachhaltigkeitWirtschaftspolitikSustainable Finance

Positionspapier Nachhaltigkeit fördern, Wachstum sichern

03.12.2024Positionspapier
Friederika Boehme
Torsten Jäger
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Leitbild des Bankenverbandes

Executive Summary

  • Bei den Nachhaltigkeitsambitionen darf unsere Gesellschaft nicht nachlassen. Weitere Fortschritte bei der Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch sind dringend notwendig.
    • Private Banken stehen hinter den Klima- und Umweltzielen der EU und der Bundesregierung. Diese werden nur zu erreichen sein, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen.
    • Wir sind uns dabei möglicher Zielkonflikte und sozialer Fragen bewusst.
    • Es ist wichtig, den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Blick zu halten; eine erfolgreiche Nachhaltigkeitspolitik braucht die Unterstützung von breiten gesellschaftlichen Mehrheiten.
  • Der Versuch, unsere Nachhaltigkeitsziele durch wirtschaftliches Schrumpfen (auf Engl.: „Degrowth“) zu erreichen, wäre der falsche Weg und nicht erfolgsversprechend. Stattdessen erfordern Klima- und Umweltschutz sowie die Bewältigung weiterer gesellschaftlicher Herausforderungen ein robustes Wirtschaftswachstum.
    • Wirtschaftswachstum geht nicht zwangsläufig mit einem höheren Ressourcenverbrauch einher: Durch technischen Fortschritt und Produktivitätssteigerungen kann eine höhere Wirtschafts­leistung bei gleichem oder sogar geringerem Ressourcenverbrauch erzielt werden („Entkoppelung“).
    • Wirtschaftswachstum fördert Innovationen und somit auch Produktverbesserungen im Sinne der Nachhaltigkeit.
    • Ambitionierte Klima- und Umweltpolitik ist einfacher, wenn die Wirtschaft wächst; der gesellschaftliche Konsens gelingt reibungsloser. 
  • Die Transformation ist vor allem durch marktwirtschaftliche Instrumente zu bewältigen, da diese Innovationen ermöglichen und fördern. Bei der Internalisierung der externen Kosten im Bereich Klima und Umwelt gibt es ein Marktversagen, das idealerweise über eine kluge staatliche Ordnungspolitik, die die Funktionsweise der Märkte verbessert, aufgelöst werden soll.
    • Eine besonders wichtige Rolle der Politik ist es, attraktive Rahmenbedingungen für nachhaltige Investitionen zu schaffen und, sofern nötig, Marktverzerrungen zu beseitigen.
    • Um die Nachhaltigkeitsziele zeitnah zu erreichen, sind pragmatische Lösungen und eine Regulierung erforderlich, die in der Auswirkung die Transformation unterstützen (insb. CO2-Bepreisung).
    • Wirtschaftspolitische Maßnahmen für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort sollten Priorität haben, um Unternehmen Spielräume für Investitionen in nachhaltige Projekte zu gewährleisten.
    • Der Kreislaufwirtschaft kommt bei der Transformation eine wichtige Rolle zu.
  • Der Finanzsektor ist Teil der Lösung, wird aber die Transformation nicht allein stemmen können. 
    • Der Finanzierungsbedarf für die Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele ist enorm.
    • Banken stellen Kapital zur Verfügung, sind Sparringpartner und Risikomanager – damit kommt ihnen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Transformation zu. 
    • Finanzmarktregulierung darf die Finanzierung der Transformation daher nicht unnötig ausbremsen.Unsere Kernanliegen sind hierbei:
      • den allgemeinen Rahmen für nachhaltige Finanzierung zu überprüfen,
      • ein prinzipienorientiertes EU-Rahmenwerk für Transition Finance zu schaffen,
      • die Datenverfügbarkeit im Bereich ESG zu verbessern,
      • den Verbriefungsmarkt zu beleben,
      • den europäischen Kapitalmarkt zu stärken,
      • die Ausrichtung von Förderbanken und Garantieinstrumente anzupassen.
  • Ein besonderer Handlungsdruck besteht in der produzierenden Wirtschaft. Unternehmen brauchen einen regulatorischen Rahmen, der Planbarkeit und Verlässlichkeit gewährleistet und Anreize setzt

Präambel

Der Kampf gegen die Erderwärmung und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zählen zu den fundamentalen Herausforderungen unserer Zeit. Für die Wirtschaft ist dieser Kampf gleichbedeutend mit einem Paradigmenwechsel, muss doch innerhalb weniger Jahrzehnte eine auf fossiler Brennstoffbasis errichtete Produktionsinfrastruktur grundlegend umgebaut werden. 

Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll die Dekarbonisierung so weit vorangeschritten sein, dass der CO2-Ausstoß bei Netto-Null angelangt ist. Auf dieses Ziel hat sich die internationale Staatengemeinschaft 2015 in Paris geeinigt. Die europäische und die deutsche Politik haben daraufhin in den vergangenen Jahren eigene Klimaziele beschlossen und eine Reihe von zum Teil ehrgeizigen Maßnahmen auf den Weg gebracht. Die privaten Banken bekennen sich ausdrücklich zu den Zielen dieser Klimapolitik und sehen sich in der Verantwortung, zum Erreichen der Klimaschutzziele beizutragen. 

Dies gilt in ähnlicher Weise für den Schutz der Ökosysteme. Auch hier hat sich die Staatengemeinschaft auf verbindliche Ziele festgelegt, auch hier ist eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch dringend notwendig, um den Erhalt der Biodiversität voranzutreiben und die Umweltverschmutzung zu verringern. Der Kreislaufwirtschaft kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu, da sie darauf abzielt, Ressourcen im Wirtschaftssystem zu halten und Abfälle zu minimieren. 

Um die notwendige Entkopplung zwischen Wirtschaftswachstum und CO2-Ausstoß bzw. Ressourcenverbrauch schnell voranzutreiben und um eine möglichst umfassende Unterstützung der Gesellschaft für die Transformation zu erhalten, sind ein dynamisches, marktwirtschaftliches Umfeld sowie die richtigen politischen Rahmenbedingungen unabdingbar. Denn nur so können Innovationen freigesetzt und die Internalisierung von externen Kosten sichergestellt werden. 

Der Versuch, unsere Nachhaltigkeitsziele durch ein Null-Wachstumsmodell (oder „Degrowth“) zu erreichen – wie von einigen gesellschaftlichen Akteuren gefordert –, wäre dabei eindeutig der falsche Weg und nicht zielführend. Erstens erfordern Klima- und Umweltschutz technologische Innovationen und setzen Investitionen voraus, die in einer wachsenden Volkswirtschaft sehr viel leichter angeregt und finanziert werden können als in einer stagnierenden. Zweitens muss Wirtschaftswachstum hierbei nicht zwangsläufig mit einem höheren Ressourcenverbrauch einhergehen. Durch technischen Fortschritt und Produktivitätssteigerungen kann eine höhere Wirtschaftsleistung bei gleichem oder sogar geringerem Ressourcenverbrauch erzielt werden. Drittens ist es in einer wachsenden Wirtschaft sehr viel leichter, Menschen für Nachhaltigkeit zu gewinnen. 

Erfolgreicher Klima- und Umweltschutz ist am Ende eine Gemeinschaftsaufgabe, an der alle Akteure beteiligt sein müssen: Politik, Unternehmen und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger. Denn jeder Transformationsprozess ist mit Brüchen verbunden, kennt Gewinner und Verlierer, muss ordnungspolitisch flankiert und sozialpolitisch abgefedert werden. Auch Klima- und Umweltpolitik muss politische Mehrheiten finden und demokratisch legitimiert sein, selbst wenn die Ziele nicht zur Disposition stehen.

Ein nachhaltig erzielter Wohlstand braucht deshalb beides: verantwortungsbewusste Akteure, die Klimaschutz und Ressourcenschonung zum Leitmotiv ihres Handelns machen. Und die Kräfte des Marktes, die in grüner Technologie neue Wachstumschancen erkennen. Dem Staat kommt die Aufgabe zu, hierfür die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Wenn dies gelingt, können alle Beteiligten gemeinsam die Transformation unserer Wirtschaft stemmen und unsere Nachhaltigkeitsziele erreichen.

Torsten Jäger
Torsten JägerThemengruppenleiter, Director
Dr. Kerstin Altendorf
Dr. Kerstin AltendorfPressesprecherin für Nachhaltigkeit im Finanzsystem, Volkswirtschaft und Kapitalmärkte
Friederika Boehme
Friederika BoehmeAssociate