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Sustainable FinanceNachhaltigkeitTaxonomie

Vorschlag für die Gestaltung eines EU-Rahmens zu Transition Finance

25.08.2023Positionspapier
Frederik Lange
Torsten Jäger
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Inhalt

Zusammenfassung der Kernbotschaften

1. Transition Finance ist für den Kampf gegen den Klimawandel unabdingbar

2. Die EU-Taxonomie ist als Leitbild für Transition Finance noch nicht ausreichend 

3. Der Weg zu einem prinzipienbasierten EU-Rahmen für Transition Finance


Zusammenfassung der Kernbotschaften

Der alleinige Fokus auf "grüne" Finanzierung reicht nicht aus, um die Ziele des europäischen „Grünen Deals“ zu erreichen. Die Finanzierung von Übergangsaktivitäten sollte viel stärker im Mittelpunkt stehen. Die EU-Taxonomie hat zwar das Potenzial, die Märkte für grüne Finanzierungen zu stimulieren, doch aufgrund ihres binären Charakters (grün vs. nicht grün), der unvollständigen Erfassung von Wirtschaftsaktivitäten und der restriktiven Definition von Übergangsaktivitäten ist dieser Nachhaltigkeitsstandard unzureichend, um die Finanzierung der Transition zu gewährleisten. 

Daher ist die Schaffung eines eigenständigen, prinzipiengeleiteten Rahmenwerks für Übergangsfinanzierung eine Maßnahme, die im Kampf gegen den Klimawandel dringend erforderlich ist. Die Empfehlung der Europäischen Kommission bezüglich “der Vereinfachung der Finanzierung für die Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft” ist ein erster, wichtiger Schritt. Sie besteht vorrangig aus allgemeinen Leitlinien. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sie von den Marktteilnehmern aufgenommen wird und ob sie in der Praxis ausreichend ist. 

Wir wollen einen Beitrag zu dieser, sich weiterentwickelnden, Debatte leisten. Daher stellt dieses Positionspapier die allgemeinen Überlegungen der privaten deutschen Banken zur Schaffung eines robusten, praxisbasierten Rahmens für Transition Finance vor. Obwohl die Empfehlung der EU-Kommission mehrere Beispiele für Arten der Übergangfinanzierung hervorhebt[1], stehen bei diesem Papier Investitionen in Vorhaben und Aktivitäten mit glaubwürdigen Übergangsplänen, die mit dem Pariser Abkommen im Einklang sind, im Mittelpunkt.
 

Die wesentlichen Empfehlungen sind:
 

  • Der EU-Rahmen für Transition Finance sollte auf freiwilligen, wissenschaftsbasierten, nutzerfreundlichen und ganzheitlichen Grundsätzen beruhen. Angesichts des Fortschritts der Debatte in diesem Bereich, sollte der Rahmen zunächst für die Klimaziele etabliert werden.
  • Da Unternehmen je nach Branche, Größe und Standort verschiedene Ansätze für die Erreichung des Netto-Null-Ziels implementieren werden, sollte der Rahmen die Nutzung von maßgeschneiderten Maßnahmen ermöglichen. Eine Pauschallösung wäre somit nicht zielführend.
  • Wir schlagen ein Rahmenwerk außerhalb des Anwendungsbereichs der EU-Taxonomie vor. Um verschiedene Arten der Finanzierung zu ermöglichen, sollte ein solches Rahmenwerk Übergangsbemühungen von Unternehmen sowohl auf Unternehmens- als auch auf Aktivitätenebene betrachten.
  • Das Benchmarking sollte z. B. an wissenschaftsbasierten sektoralen Übergangspfaden, idealerweise auf globaler Ebene, erfolgen. Wir fordern die Politik auf, solche Übergangspfade schnellstmöglich bereitzustellen, mitsamt entsprechenden Meilensteinen/Roadmaps, beginnend mit höchstemittierenden Branchen. Solche Übergangspfade sollten gemeinsam mit der Industrie und Branchenexperten entwickelt werden.
  • Die Umstellungsbemühungen der Unternehmen sollten dann in Übergangsplänen (Transition Plans) dokumentiert werden. Solche Pläne sollten idealerweise ein hohes Maß an Gemeinsamkeit und Standardisierung aufweisen. Dies wird die Umsetzung erleichtern und die Glaubwürdigkeit steigern. Auch sollten Zwischenschritte und Aktionspläne inbegriffen sein.
  • Eine Finanzierung für Unternehmen mit solchen Übergangplänen sollte als Transition Finance gelten, wenn:
    • (1) das Unternehmen in einem Übergangplan nachweist, dass seine Aktivitäten bereits mit relevanten sektoralen Übergangspfaden abgestimmt sind oder
    • (2) es darlegt, dass es zeitnah, z. B. innerhalb eines noch nicht festgelegten Zeitraumes, geeignete Schritte für die Ausrichtung auf entsprechende Branchen-Übergangspfade unternimmt.
  • Unternehmen sollten jährlich extern über solche Pläne berichten, um Transparenz zu schaffen. Im Fall eines Verstoßes sollte die im Zusammenhang stehende Finanzierung so lange als Transition Finance gelten, bis das Unternehmen über den Verstoß berichtet.
  • Solange die entsprechenden Standards noch nicht definiert sind, sollte die Übergangsfinanzierung Bestandschutz genießen, besonders dann, wenn die Übergangspläne durch einen Dritten bestätigt worden sind.
  • Schließlich sollte Transition Finance nicht Teil der Berichtspflichten für Banken sein, da dies den Meldeaufwand erhöhen würde. Best-Practice-Guidance für freiwillige Berichterstattung wäre aber willkommen.

1. Transition Finance ist für den Kampf gegen den Klimawandel unabdingbar

Den Klimawandel noch im Sinne des Pariser Klimaabkommens zu bremsen, erfordert unverzügliches Handeln und vor allem enorme Investitionen. Allein auf EU-Ebene schätzt die EU-Kommission den Bedarf an zusätzlichen Investitionen, für die Wende der europäischen Wirtschaft hin zu weniger Kohlenstoffemissionen, auf 390 Milliarden Euro pro Jahr. [2]

Dabei wird es jedoch nicht ausreichen, nur die Branchen zu fördern, die heute schon kohlenstoffarm sind. Genauso wichtig ist es kohlenstoffintensive Unternehmen und die sogenannten „hard-to-abate“-Sektoren zu unterstützen, langfristige Veränderungen zu implementieren und somit wesentlich weniger Schaden zu verursachen. In der Tat muss jeder Wirtschaftssektor den Übergang zu einem grünen Geschäftsmodel schaffen. 

Genau deswegen ist Transition Finance so wichtig. Anstatt selektiv die Unternehmen und Aktivitäten zu bewerten, die bereits heute nachhaltig sind, geht es bei Transition Finance darum, eine Dynamik hin zu mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln. Statt einer punktuellen Bewertung umfasst Transition Finance den dynamischen Charakter des Übergangsprozesses und ermöglicht dadurch eine ganzheitliche Betrachtung der Wirtschaft. In diesem Sinne ist die Übergangsfinanzierung ein wesentliches Instrument innerhalb eines umfassenderen Werkzeugkastens für nachhaltige Finanzen. Dieses Instrument kann und soll eingesetzt werden, um unsere Wirtschaftsaktivitäten mit dem Temperaturziel des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen. 

Staatliche Finanzierungsmaßnahmen sind unerlässlich, können aber nicht allein die Investitionslücke hin zu Netto-Null-Emissionen schließen. Umfangreiche private Finanzierung wird für das Gelingen der Transformation unserer Wirtschaft benötigt. In diesem Kontext definieren wir Transition Finance als: „Finanzierungen, welche die Transition von Unternehmen oder bestimmten Aktivitäten unterstützen und dabei zu einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen gemäß einer langfristigen Netto-Null-Strategie, die mit den Pariser Klimaziele übereinstimmt, beitragen.“

2. Die EU-Taxonomie ist als Leitbild für Transition Finance noch nicht ausreichend 

Obwohl die EU-Taxonomie das Potential für die Schaffung von entsprechenden Impulsen zur Förderung von grüner Energie und nachhaltigen Kapitalflüssen bietet, stellt ihr enger Anwendungsbereich leider kein ausreichendes Leitbild für Transition Finance dar. Das liegt an den folgenden Gründen:

  • Die Taxonomie ist hauptsächlich binär ausgestaltet. Sie bildet nur Wirtschaftsaktivitäten, die in den Delegierten Rechtsakten zur Taxonomie erfasst sind und die dazu noch die hohen Klima- und Umweltstandards erfüllen, sowie Wirtschaftsaktivitäten, die diese ambitionierten Standards nicht erfüllen, ab. Hierdurch bietet die Taxonomie vorwiegend Leitlinien für die Finanzierung von Investitionen in schon jetzt als „dunkelgrün“ klassifizierte Wirtschaftsaktivitäten. Dabei ist sie aber viel weniger für die Bewertung von Transformationsbedürfnissen und dem Potenzial der übrigen Aktivitäten geeignet.
  • Die EU-Kommission schätzt, dass derzeit nur etwa 40 Prozent der EU-basierten Wirtschaftstätigkeiten von der Taxonomie erfasst werden, d. h. die Taxonomie bildet bislang nur einen Teil der Gesamtwirtschaft ab.
  • Übergangsaktivitäten (transitional activities) sind zum Teil schon in der bestehenden EU-Taxonomie abgebildet, allerdings verursacht das konkrete Alignment mit den sogenannten technischen Bewertungskriterien eine starke Belastung und ist daher wenig wirksam. Gewisse Aktivitäten werden zudem ausgeschlossen, weil die Schwellenwerte schlicht zu hoch sind. Übergangsaktivitäten gelten z. B. laut EU-Taxonomie nur als solche, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten und ihre Treibhausgasemissionen erheblich unter dem Sektor- oder dem Branchendurchschnitt liegen. Die übrigen Aktivitäten werden daher nicht mit einbezogen, obwohl ihr Transformationsbedarf viel dringender ist.

Vor diesem Hintergrund haben wir bereits betont, dass unserer Meinung nach die im März 2022 vom EU Platform on Sustainable Finance veröffentlichte Empfehlung, ein Ampelsystem zur Lenkung der Transformation zu etablieren, zu komplex für eine praktikable Umsetzung ist. Insbesondere die angestrebte dynamische Weiterentwicklung der vorgeschlagenen Kriterien würde große Unsicherheiten hervorrufen, hinsichtlich welche Investitionen nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten noch tragfähig sind.

Die EU-Taxonomie-Kriterien sind sehr granular und reglementiert. In Kombination mit dem Vorschlag der EU-Platform besteht das Risiko, dass Unternehmen, die diese Ziele nicht erreichen können, ausgeschlossen werden. Derartige Ausschlüsse dürften Unternehmen und Branchen stigmatisieren, sodass Investitionen in ihre Transformation schwieriger werden, obwohl sie möglicherweise deutlich Potenzial für das Vorantreiben ihrer Klimaschutzbemühungen aufweisen. Solch eine Stigmatisierung sollte vermieden werden. Unternehmen müssen ihren Zugang zu Finanzierungen aus dem regulierten Bankensektor behalten.

In dieser Hinsicht begrüßen wir die Tatsache, dass die im Juni 2023 veröffentlichte Empfehlung der EU-Kommission einen eher praxisbasierten Ansatz anwendet, indem sie die grundsätzlichen Prinzipien von Transition Finance und der Instrumente, die eine höhere Inanspruchnahme von privater Übergangsfinanzierung fördern, darlegt. Es bleibt abzuwarten, wie die Empfehlung von den Marktteilnehmern aufgenommen wird und ob sie in der Praxis ausreichend ist. Unserer Ansicht nach sind die allgemeinen Leitlinien der EU-Kommission ein nützlicher erster Schritt, der jedoch wahrscheinlich durch zusätzliche Leitlinien für sektorale Übergangspfade ergänzt werden muss. Im Folgenden thematisieren wir die wesentlichen Prinzipien, auf welchen ein solcher EU-Rahmen für Transition Finance aufgebaut werden soll.

3. Der Weg zu einem prinzipienbasierten EU-Rahmen für Transition Finance

a) Leitlinien
 

In Anbetracht der oben erwähnten Herausforderungen, regen wir die Einrichtung eines eigenständigen, prinzipiengeleiteten Rahmenwerks für Transition Finance an, welcher für eine freiwillige Anwendung außerhalb des Umfangs der EU-Taxonomie benutzt werden kann. Insbesondere schlagen wir ein nachhaltiges Finanzierungsrahmenwerk basierend auf den folgenden Leitlinien vor.

  • Wissenschaftsbasiert: Das Rahmenwerk sollte auf den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich der Festlegung von Übergangspfaden basieren und nach Möglichkeit Guidance für die Vermeidung sogenannten Lock-in-Effekte bereitstellen.
  • Nutzerfreundlich: Dieses nachhaltige Finanzierungsrahmenwerk muss unbedingt für die Praxis geeignet sein, mit einer verhältnismäßigen und KMU-freundlichen Gestaltung. Der Implementierungsaufwand der Unternehmen und Finanzmarkt-Teilnehmer muss überschaubar bleiben und der Aufwand für die Berichterstattung darf nicht durch das Rahmenwerk steigen.
  • Gezielte Flexibilität: Da sich die Mittel, Ziele und zeitlichen Abläufe möglicherweise mit resultierendem Anpassungsbedarf ändern werden, sollte gezielte Flexibilität in das Rahmenwerk eingebaut werden. Es kann z. B. sein, dass die Umstellungsbemühungen der Unternehmen im Fall von neuen technologischen Erkenntnissen angepasst werden müssen. Ein präskriptiver Ansatz für alle soll daher vermieden werden.
  • Ganzheitlich: Der Rahmen sollte die Transformation von allen Wirtschaftssektoren hin zur mehr Nachhaltigkeit ermöglichen. Es sollte einheitliche Wettbewerbsbedingungen zwischen Marktteilnehmer schaffen und Vergleichbarkeit fördern.
  • Global ausgerichtet: Das Rahmenwerk sollte mit internationalen Best-Practice- Maßnahmen abgestimmt sein. Im Großbritannien arbeitet z. B. schon die „Transition Plan Taskforce“ (TPT) an der Erarbeitung eines Standards für Übergangspläne im Bereich Klima. Ein weiteres nützliches Beispiel könnten die vom japanischen Ministerium für Wirtschaft und Industrie (METI) entwickelten, freiwilligen „Climate Transition Finance Guidelines“ sein.
  • Klima zuerst: Es gibt ohne Zweifel viele Umweltherausforderungen, die sehr dringend in Angriff genommen werden müssen, unter anderem der rapide Biodiversitätsverlust. Trotzdem schlagen wir, angesichts der weiten Entwicklung der Klimaziele und der entsprechenden Instrumente, zunächst die Etablierung eines reinen Klima-bezogenen Rahmens für Transition Finance vor.

Der Rahmen für Transition Finance sollte auch berücksichtigen, dass Unternehmen bei ihren Umstellungsbemühungen verschiedene Phasen durchlaufen, um die Klimaneutralität zu erreichen, von Umstellungsbereitschaft mitsamt einer fertigen Strategie, zu Umstellungsausführung und letztendlich Umstellungsvollzug. Da Unternehmen je nach Branche, Größe und Standort verschiedene Pfade und Ansätze für die Erreichung des Netto-Null-Ziels implementieren werden, sollte das Rahmenwerk die Nutzung maßgeschnittener Prozesse ermöglichen.

b) Konkrete Vorschläge
 

Die Einführung sektoraler Übergangspfade auf der europäischen Ebene

Wir fordern die Politik auf, klare sektorale Übergangspfade mitsamt entsprechenden Meilensteinen/Roadmaps bereitzustellen. Diese sollten idealerweise global ausgerichtet und mit den europäischen Klimazielen abgestimmt sein. In Anbetracht der Dringlichkeit der Klimakrise sollte die Priorität auf Pfade und Pläne für „hard-to-abate“-Branchen liegen. Es gilt zu überlegen wie, bis solche Referenzwerte etabliert sind, schon existierende globale Standards wie z. B. die „Science Based Targets initiative“ (SBRi), am besten genutzt werden könnte. Ein klares Commitment der Politik wird in dieser Hinsicht wesentlich sein.

Umstellungsbemühungen der Unternehmen könnten dann mit diesen wissenschaftsbasierten sektoralen Übergangspfaden abgeglichen werden, auch auf nationaler Ebene, falls dies durch die geografischen Begebenheiten erforderlich ist und solange die Abweichungen zwischen Ländern in den EU-Rechtsrahmen berücksichtigt werden.
 

Guidance für Übergangspläne entwickeln

Die Umstellungsbemühungen von Unternehmen sollten in Übergangsplänen dokumentiert werden. Insbesondere sollten solche Übergangspläne auf den oben erwähnten einschlägigen sektoralen Übergangspfaden basiert sein und entsprechende Zwischenziele und KPIs (Roadmaps) bestimmen.

Zurzeit gibt es mehrere Initiativen für die Entwicklung von Übergangsplänen (z. B. CSRD, CSDDD). Die Vielzahl der Initiativen könnte Verwirrung stiften und zu fragmentierten Ansätzen führen. Zudem sind die regulatorischen Initiativen hauptsächlich an größere Unternehmen gerichtet, um den Compliance-Aufwand von KMUs zu mildern. Dieser Ansatz ergibt Sinn, heißt aber auch, dass kleinere Unternehmen womöglich weniger Förderung für die Finanzierung ihre Transition bekommen.

Angesichts der vielen verschiedenen Initiativen wäre ein zentraler Leitfaden, welcher die Mindestmerkmale für die Glaubwürdigkeit von Übergangspläne definiert, hilfreich. Insbesondere sollte die EU-Kommission solch eine Guidance für Schlüsselelemente von standardisierten Unternehmensübergangsplänen entwerfen, um die Bewertung von Übergangsplänen zu erleichtern. Ein hohes Maß an Gemeinsamkeit und Standardisierung würde Vertrauen im Markt schaffen und Komplexität und Subjektivität reduzieren. Dies wäre insbesondere für die Umstellungsbemühungen kleinerer Unternehmen hilfreich. Die Verfügbarkeit standardisierter Übergangspläne würde zudem Banken die Bewertung der Pläne erleichtern und das Alignment ihrer Portfolios mit ihren eigenen Klimaambitionen gewährleisten.

Um Fragmentierung zu vermeiden, sollte solch eine Guidance mit globalen Initiativen abgestimmt sein. Für den Bankensektor gibt es z. B. von GFANZ praxisorientierte Leitfäden in puncto Operationalisierung von Übergangsplänen für Unternehmen und auch für Finanzinstitute. Auf EU Ebene enthält der EFRAG-Vorschlag Offenlegungsvorschriften für Übergangspläne in Form von acht wesentlichen Bestandteilen (S.6-8), die womöglich als Guidance dienen könnten.

Im Fall von Unternehmen, die in verschiedenen Branchen arbeiten, sollte der Umstellungsplan alle relevanten sektoralen Übergangspfade umfassen. Der Plan könnte pro Sektor aufgegliedert sein. Falls die entsprechende Dokumentation nur auf Konzernebene vorhanden ist, die Finanzierung hingegen auf Unternehmensebene erfolgt, sollte der Übergangsplan auf Konzernebene als Basis der Bewertung dienen. Die dahinterliegende Logik ist, dass wenn der Konzern als Ganzes einen Übergangsplan vorweisen kann, die Gesamtheit seiner Geschäftseinheiten damit in Einklang stehen sollte.
 

Die Verknüpfung von Übergangsplänen mit Transition Finance

Eine Finanzierung für Unternehmen mit Übergangsplänen, die die oben genannten Kriterien erfüllen, sollte als Transition Finance gelten, wenn: (1) das Unternehmen in dem Übergangsplan nachweist, dass seine Aktivitäten bereits mit relevanten sektoralen Übergangspfaden abgestimmt sind und dies auch so bleiben wird, oder (2) darlegt, dass es zeitnah, also innerhalb eines bestimmten, noch zu definierenden Zeitraums, geeignete Schritte hierzu unternimmt.

Hinsichtlich der Finanzierung selbst, sollte man zwischen folgenden Aspekten unterscheiden:

  • Allgemeine Finanzierung für eine Entität mit einem glaubwürdigen, wissenschafts-basierten Übergangsplan wie oben dargestellt.
  • KPI-verknüpfte Finanzierung für eine Entität, die einen Übergangspfad hin zu Netto-Null verfolgt, wobei die Margen der Instrumente so ausgelegt sind, dass sie auf die Erreichung der Zwischenziele des Netto-Null-Plans der Entität abzielen.

Beide Arten der Finanzierung sollten als Transition Finance anerkannt werden. Dadurch würde auch die Dekarbonisierung einzelner Aktivitäten entsprechend finanziert werden, da dies die Entität auf ihrem Übergangspfad unterstützt.
 

Kommunikation/Reporting der Ergebnisse

Unternehmen sollten jährlich extern über solche Pläne berichten, um Transparenz bezüglich des Fortschritts gegenüber den in den Übergangsplänen beschriebenen KPIs und Maßnahmen zu schaffen. Falls notwendig, sollten Überarbeitungen der Pläne auch bekannt gegeben werden. Sonst besteht das Risiko, dass Finanzinstitutionen unzureichende Daten für ihre eigenen, internen Bewertungen und Berichterstattung haben.

Falls die Übergangsfinanzierung aufgrund eines robusten Übergangsplanes eines Unternehmens gewährt wurde, die Entität aber ihre erklärten Ziele verfehlt, sollte die entsprechende Finanzierung noch bis zum Zeitpunkt der Meldung des Verstoßes seitens der Unternehmenseinheit als Transition Finance gelten. Um Fehlanreize zu vermeiden, sollte es Guidance für Covenants mit Kündigungsrechten oder Zinskompensationen geben. Damit hätten Banken Hebel, um Unternehmen Anreize für das Einhalten der Übergangsziele zu bieten.

Solange die entsprechenden Standards noch nicht definiert wurden, sollte Transition Finance Bestandschutz genießen, besonders dann, wenn der Übergangsplan des Unternehmens durch einen Dritten bestätigt worden ist. Dies ist für die weitere Entwicklung des Finanzmarkts wichtig, ohne dabei erst auf Entscheidungen der Politik warten zu müssen.

Schließlich sollte Transition Finance nicht Teil der Reportingpflichten für Banken sein, um zusätzlichen Meldeaufwand zu vermeiden, da dies Bestrebungen zur Transition behindern würde. Dennoch wäre Best-Practice-Guidance für freiwilliges Reporting hilfreich.

Fußnoten:
 

[1] Die Empfehlung der EU-Kommission weist auf andere Arten von Investitionen hin, die ebenfalls als Transition Finance gelten könnten, z. B.: Investitionen, die Methoden nutzen, die mit den EU-Referenzwerten für den Klimaschutz abgestimmt sind, Investitionen in Übergangsaktivitäten wie sie in der EU-Taxonomie definiert sind oder Investitionen in Taxonomie-konforme Investitionsausgaben.

[2] Für die Erreichung der Klima- und Umweltziele des EU Green Deals und REpowerEU bedarf laut des „Strategic Foresight Report 2023“ der EU-Kommission Investitionen in Höhe von 620 Milliarden Euro.

Frederik Lange
Frederik LangeAssociate Director
Torsten Jäger
Torsten JägerThemengruppenleiter, Director
Dr. Kerstin Altendorf
Dr. Kerstin AltendorfPressesprecherin für Nachhaltigkeit im Finanzsystem, Volkswirtschaft und Kapitalmärkte