Bulgarien wird das 21. Euroland
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Bulgarien wird am 1. Januar 2026 den Euro einführen und damit das 21. Mitgliedsland der Eurozone werden. Nachdem Anfang Juni die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank dem Land attestiert hatten, die für den Beitritt notwendigen ökonomischen Konvergenzkriterien zu erfüllen, haben sowohl die europäischen Staats- und Regierungschefs als auch das Europäische Parlament sowie die europäischen Finanzminister und -ministerinnen im Juni grünes Licht gegeben.
Derzeit zahlen 350 Millionen Menschen in 20 Staaten Europas mit der Gemeinschaftswährung. Als bislang letztes Land war zum 1. Januar 2023 Kroatien in den Kreis der Länder der Eurostaaten aufgenommen worden. Nach den EU-Verträgen sind alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks verpflichtet, dem Euro-Währungsgebiet beizutreten, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen. Außer in Bulgarien steht die Einführung der Gemeinschaftswährung daher noch in Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn aus. Keines dieser Länder macht gegenwärtig aber Anstalten, den Euro in absehbarer Zeit einzuführen.
Bevölkerung ist gespalten
Die verschiedenen bulgarischen Regierungen hatten hingegen schon seit dem EU-Beitritt 2007 darauf hingearbeitet, den Euro einzuführen. Doch im Land selbst ist diese Entscheidung alles andere als unumstritten: Zwar hat das Vorhaben im Parlament eine klare Mehrheit, die Bevölkerung aber ist gespalten. Laut der Politikwissenschaftlerin Genoveva Petrova, die das Umfrage-Institut Alpha Research in Sofia leitet, herrscht zwischen Befürwortern und Gegnern Parität. Die Sorgen vor einer höheren Inflation und der allgemeine Mangel an Aufklärung seien ursächlich für die in weiten Kreisen der Bevölkerung anzutreffenden Ablehnung. Gezielte Desinformationskampagnen tun ihr Übriges.
Die Quellen der Desinformation liegen laut Experten vor allem in Russland. Hunderte Websites verbreiten demnach gezielt prorussische Narrative. Um dem entgegenzuwirken, hat die bulgarische Regierung eine Informationskampagne gestartet, in der sie verspricht, für Verbraucherschutz, Preiskontrollen und die faire Anpassung von Gehältern und Renten zu sorgen. Premierminister Rossen Zheljaskow appelliert zudem an die Wirtschaft, jetzt die Preise nicht zu erhöhen.
Inflation gesunken, Konvergenzkriterien erfüllt
Ursprünglich wollte Bulgarien bereits Anfang 2024 den Euro einführen. Wegen der damals hohen Inflationsrate von 9,5 Prozent wurde der Beitritt zur Eurozone jedoch verschoben. Hintergrund: Für den Euro-Beitritt müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden. Dazu gehören neben der Preisstabilität solide öffentliche Finanzen und stabile Wechselkurse. Die Fortschritte der Euro-Beitrittskandidaten bei diesen sogenannten Konvergenzkriterien werden regelmäßig von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission überprüft. Inzwischen erfüllt Bulgarien alle wirtschaftlichen Voraussetzungen, darunter auch die Preisstabilität. In ihrer jüngsten Konjunkturprognose ging die EU-Kommission für Bulgarien von einer Inflationsrate von 3,6 Prozent im laufenden Jahr und 1,8 Prozent 2026 aus.
Eines der ärmsten EU-Länder
Der Euroraum-Beitritt soll Vorteile für Verbraucher und Unternehmen bringen – unter anderem entfallen Wechselkursrisiken für Unternehmen und Umtauschgebühren für Touristinnen und Touristen. Wechselkursschwankungen hat es allerdings auch in der Vergangenheit schon nicht gegeben, denn die bulgarische Nationalwährung Lew (Löwe) ist schon seit 1999 an den Euro gekoppelt – im Verhältnis 1,95583 für einen Euro. Damit wird auch die weit verbreitete Befürchtung, das Land verliere mit der Euro-Einführung geldpolitische Souveränität, hinfällig – im Grunde hat es diese in den vergangenen Jahrzehnten nie gegeben.
Ob und wie sehr Bulgarien von der Einführung des Euro profitieren kann, wird die Zukunft zeigen. Bulgarien gehört seit seinem Beitritt zu den ärmsten EU-Ländern und ist beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf der Bevölkerung auch 2024 EU-Schlusslicht – trotz höherer Wachstumsraten als in vielen anderen Staaten. Die EU-Kommission ging zuletzt von einem Wirtschaftswachstum von 2,0 Prozent in diesem Jahr und von 2,1 Prozent 2026 aus. Die Arbeitslosenquote dürfte in Bulgarien dieses Jahr weiter auf 4,0 Prozent sinken und im nächsten Jahr auf 3,8 Prozent. In den vergangenen Jahren hat Bulgarien erheblich unter dem Wegzug qualifizierter Arbeitskräfte gelitten, die in anderen EU-Mitgliedsländern einen Job angenommen haben.