Konjunkturprognose: Wenn der Konsum stabil läuft, dann haben wir schon mal die halbe Miete
Interview in der Börsen-Zeitung mit Felix Hüfner, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bankenverbandes, zur Konjunkturprognose
UBS-Chefvolkswirt: Fiskalpaket hilft zwei bis drei Jahre lang, das Wachstum hochzuhalten - Unternehmen werden sich auf Zölle einstellen
Felix Hüfner ist auf Sicht der nächsten ein bis zwei Jahre positiv für die deutsche Wirtschaft gestimmt. Warum das so ist und wie die Prognose des Bankenverbands aussieht, erklärt der Chefvolkswirt der UBS und Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik des BdB im Interview der Börsen-Zeitung.
Börsen-Zeitung: Herr Hüfner, in der BdB-Prognose für 2026 sticht Deutschland mit einer Wachstumsbeschleunigung dank der Fiskalpakete der Bundesregierung heraus. Entfacht das Geld aus den Sondervermögen nur ein konjunkturelles Strohfeuer oder sind es tatsächlich die erhofften Investitionen in die Zukunft?
Das Fiskalpaket ist eine zyklische Unterstützung, das uns zwei bis drei Jahre lang hilft, das Wachstum hochzuhalten. Es hat zwei Komponenten: Die Verteidigungsausgaben, die auch in anderen EU-Staaten hochgefahren werden. Und das Infra-Strukturpaket. Wir glauben, dass das Fiskalpaket das deutsche Wachstum im nächsten Jahr um ungefähr 60 Basispunkte anheben wird, ähnlich dann auch nochmal 2027. Das Fiskalpaket ist somit eine gute Basis für die wirtschaftliche Ent-Wicklung ab nächstem Jahr. Wenn es allerdings nicht von grundlegenden wirtschaftspolitischen Reformen begleitet wird, werden anschließend strukturelle Faktoren wieder die Oberhand gewinnen, Diese haben auch dafür gesorgt, dass unser Trendwachstum schwächer ist als zehn Jahre zuvor.
Börsen-Zeitung: In den 2010er Jahren hatten wir ein Trendwachstum von ungefähr 1,5%. Jetzt sind wir bei etwa einem halben Prozent. Woran liegt das?
Im Prinzip an drei Faktoren: Erstens an der Demografie. Deutschland altert in dieser Dekade so stark wie kein anderes G7-Land. Es war vorhersehbar, dass unsere Erwerbsbevölkerung schrumpft, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Dieser Faktor wird uns noch bis mindestens Ende der Dekade beschäftigen. Der zweite Faktor ist die Konkurrenz aus China auf den Drittmärkten, insbesondere - aber nicht nur - für die Autoindustrie. Das ist ein Faktor, der in den letzten zehn Jahren besonders gravierend geworden ist und dem man nur schwer entgegenwirken kann. Der dritte Faktor sind die gestiegenen Energiepreise. Der Fiskalstimulus dürfte das langfristige Wachstum um etwa 20 Basispunkte erhöhen, dann sind wir bei einem Potenzialwachstum von 0,7%, vielleicht 0,8%. Das ist nur halb so viel wie in den 2010er Jahren. Allerdings ist es spürbar mehr, als in den vergangenen fünf, sechs Jahren, in denen wir kumuliert überhaupt nicht gewachsen sind.
Börsen-Zeitung: Was müsste Berlin jetzt konkret machen, um den Standort Deutschland mehr zu fördern und das Wachstum langfristig zu beleben?
Da der Hauptgegenwind derzeit von der Demografie kommt, sollte es zunächst Reformen geben, die dazu führen, dass mehr Menschen in Arbeit kommen und dass die Arbeitszeit verlängert wird. Das ist im Übrigen auch wichtig für die Umsetzung des Fiskalprogramms. Zudem brauchen wir Reformen, die die privaten Investitionen unterstützen. Hier steht vor allem der Bürokratieabbau im Vordergrund, aber auch international wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern. Außerdem Reformen, die den Strukturwandel ermöglichen. Das ist ein wesentlicher Punkt, da wir gerade bei den Unternehmensinvestitionen die letzten Jahre sehr stark hinterherhinken.

Kontakt
Dr. Kerstin Altendorf
Pressesprecherin