- Deutsche Wirtschaft kämpft mit struktureller Schwäche
- Etwas Rückenwind durch sinkende Inflation und zuversichtlichere Konsumprognosen
- Wirtschaftspolitik braucht überzeugendes Reformkonzept
Die Chefvolkswirte der privaten Banken sehen die deutsche Wirtschaft bis auf weiteres in einer ausgeprägten Schwächephase. „Gerade die Industrieproduktion ist nach wie vor unter Druck. Auch 2024 hat die Wirtschaft nur einen schwachen Start hingelegt“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, mit Blick auf die aktuelle Konjunkturprognose der privaten Banken. Insgesamt rechnen die privaten Banken für 2024 mit einer Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Leistung.
„Es gibt aber erste Lichtblicke: Die Inflation wird weiter nachlassen und – zusammen mit den ordentlichen Lohnabschlüssen – die reale Kaufkraft der Konsumenten in diesem Jahr wieder stützen“, so Herkenhoff. Zudem gehen die Chefvolkswirte davon aus, dass die Europäische Zentralbank ab Juni die Leitzinsen senken wird. Die erwarteten Impulse von der Zinsseite sollten allerdings nicht überschätzt werden. So rechnet der Bankenverband mit vorsichtigen Zinssenkungen in kleinen, vierteljährlichen Schritten.
„Der größte Hemmschuh ist allerdings, dass in Deutschland inzwischen vor allem strukturelle Probleme die Wachstumsaussichten trüben. Umso wichtiger ist jetzt eine Wirtschaftspolitik, die nicht auf kurzfristige Konjunkturimpulse, sondern auf die richtigen Prioritäten setzt. Damit die Unternehmen auf einen verlässlichen Wachstumspfad zurückkehren, spielen Investitionen eine Schlüsselrolle. Doch in Deutschland wird seit Jahren zu wenig investiert“, sagt der Chef des Bankenverbandes. Um die Investitionen endlich wieder anzukurbeln, müsse die Politik für Planbarkeit und Berechenbarkeit sorgen, die Steuerlast der Unternehmen senken und den Arbeitskräftemangel weiter angehen.
„Die Entbürokratisierung ist dabei die zentrale Reform. Leider sehen wir hier bislang so gut wie keine echten Fortschritte“, so Herkenhoff. „Auch wenn wir im Jahresverlauf eine leichte Erholung beim Wachstum erwarten und für 2025 etwas mehr Zuversicht haben: Deutschland braucht einen großen Aufschlag bei der Wirtschaftspolitik, kein widersprüchliches Klein-Klein. Ohne ein überzeugendes Reformkonzept für unseren Wirtschaftsstandort wird es nicht gehen.“
Die Konjunkturprognose des Bankenverbandes wird halbjährlich durchgeführt und beruht auf einer Umfrage unter den 15 Chefvolkswirten privater Banken, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik sind.
Heute um 12 Uhr stellen der Ausschussvorsitzende Holger Schmieding und Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, im Livestream „Konjunkturausblick der privaten Banken: Schwächephase hält an – was tun?“ die Frühjahrsprognose vor. Den Livestream können Sie hier verfolgen.
Mitglieder des Ausschusses sind:
Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt, Berenberg, und Ausschussvorsitzender
Dr. Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt, IKB Deutsche Industriebank
Daniel Bleiberg, Chefvolkswirt, Deutsche Pfandbriefbank
Dr. Jan Bottermann, Chefvolkswirt, National-Bank
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt, ING-DiBa
Dr. Felix Hüfner, Chefvolkswirt Deutschland, UBS Europe
Carsten Klude, Chefvolkswirt, M.M. Warburg
Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt, Commerzbank
Dr. Alexander Krüger, Chefvolkswirt, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank
Carsten Mumm, Chefvolkswirt, Donner & Reuschel
Dr. Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland, Unicredit Bank
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt, Hamburg Commercial Bank
Stefan Schilbe, Chefvolkswirt Deutschland, Leiter Economic Resarch Deutschland, HSBC Deutschland
Dr. Dirk Schumacher, Senior European Economist and Managing Director, Natixis Zweigniederlassung Deutschland
Dr. Robin Winkler, Chefvolkswirt Deutschland, Deutsche Bank
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer, Bankenverband
Dr. Hilmar Zettler, Managing Director, Geschäftsbereichsleiter Bankenaufsicht und Einlagensicherung, Bankenverband
Volker Hofmann, Leiter Volkswirtschaft, Bankenverband
Prognoseübersicht
Deutschland
Prognose | 2023 | 2024 | 2025 |
---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt | -0,3 | 0 | +1,2 |
Konsumausgaben privater Haushalte | -0,7 | +0,7 | +1,2 |
Konsumausgaben des Staates | -1,5 | +0,8 | +1,1 |
Ausrüstungsinvestitionen | +3,0 | +0,4 | +1,8 |
Bauinvestitionen | -2,7 | -2,0 | +0,5 |
Exporte | -2,2 | +0,2 | +2,0 |
Importe | -3,4 | +0,8 | +2,2 |
Entwicklung der Verbraucherpreise | +5,9 | +2,5 | +2,2 |
Zahl der Arbeitslosen (Millionen) | 2,61 | 2,70 | 2,63 |
Sparquote der priv. Haushalte | 11,3 | 11,2 | 10,8 |
Euroraum
Prognose | 2023 | 2024 | 2025 |
---|---|---|---|
Bruttoinlandsprodukt | +0,5 | +0,5 | +1,4 |
Entwicklung der Verbraucherpreise | +5,4 | +2,4 | +2,2 |
Kerninflation | +4,9 | +2,5 | +2,2 |
Arbeitslosenquote | 6,5 | 6,6 | 6,5 |